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Liegeboxen einstreuen mit recyceltem Sand

Frank Cordes aus Reeßum bei Bremen streut die Liegeboxen seines Kuhstalls mit Sand ein. Mit einem speziellen Sandwäscher gewinnt er 90 % der Einstreu aus der Gülle zurück.

Lesezeit: 8 Minuten

Frank Cordes aus Reeßum bei Bremen streut die Liegeboxen seines Kuhstalls mit Sand ein. Mit einem speziellen Sandwäscher gewinnt er 90 % der Einstreu aus der Gülle zurück.


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Wohlig streckt sich die Kuh in dem von der Sonne angewärmten Sand aus. Nein, das Tier ist nicht im Sommerurlaub am Strand. Die Kuh scheint sich aber in der 15 cm dicken Sandschicht in der Liegebox trotzdem sehr wohlzufühlen.


„Als wir den Stall im Jahr 2012 gebaut haben, stieg der Strohpreis auf 180 € pro Tonne an. Wir hätten ohne Häckseln nur für das Stroh als Einstreu im Jahr 70 000 € bezahlt“, berichtet Frank Cordes, der den Betrieb mit seinem Partner Hans Hermann Tietjen sowie 17 Mitarbeitern führt. Die hohen Strohkosten waren einer der wichtigsten Gründe, warum sich die beiden für Sand als Boxeneinstreu entschieden haben.


Dazu kam der erwartete hohe Kuhkomfort: Wie Cordes von anderen Betrieben gehört hatte, soll Sand nicht nur als Liegematerial gut sein, sodass die Kühe länger in den Liegeboxen verbleiben und am Ende mehr Milch geben. Auch soll das anorganische Material die Zahl der Euterentzündungen senken. Allerdings hat Sand auch einen entscheidenden Nachteil: Es ist schwerer als Gülle und lagert sich in Kanälen und vor allem im Güllelager ab. Die Kosten für das Absaugen und Ausbringen auf dem Acker können im ungünstigen Fall die niedrigeren Einstreukosten schnell wieder auffressen.


Sand wird recycelt


Daher haben sich Tietjen und Cordes für ein Recycling-System entschieden, mit der sie einen Großteil des Sandes zurückgewinnen. Damit sparen sie bei Zukauf von neuem Material erheblich Geld ein und haben auch keine Ausgaben für die gesonderte Sandausbringung.


Das gesamte Stallkonzept einschließlich der angeschlossenen Biogasanlage zur Vergärung der Gülle ist auf diese Rückgewinnung des Sandes ausgelegt. Den Stall für 600 Kühe haben die Landwirte im Jahr 2013 fertiggestellt und bezogen. Er ist 176,5 m lang und in der Mitte aus Brandschutzgründen noch einmal geteilt. Rechts und links von dem Futtergang sind je zwei Liegeboxenreihen eingerichtet, zwischen denen jeweils ein planbefestigter, 4,50 m breiter Laufgang liegt.


Die Gülle wird zusammen mit dem aus den Boxen herausgetretenen Sand per Faltschieber einmal pro Stunde in den Querkanal zwischen den beiden Stallhälften transportiert. Ein Sensor erfasst den herankommenden Gülleschieber, worauf sich die Güllepumpe im Querkanal einschaltet. Sie pumpt die Gülle durch ein Kunststoffrohr mit 60 cm Durchmesser in eine zweigeteilte Vorgrube mit knapp 100 m3 Vo­lumen. Auch das Spülwasser aus dem Melkstand kommt hierein. Denn im Melkstand findet sich ebenfalls Sand wieder, den die Kühe an den Klauen oder am Euter hereintragen.


Dünngülle zum Spülen


Von der Vorgrube aus geht es in den Sandwäscher. Dieser ist frostfrei in einem Gebäude untergebracht. Die Gülleleitungen werden regelmäßig mit dünner Gülle durchgespült. Auch strömt dünne Gülle in die Vorgrube, wo sie per Rührwerk unter die dicke, sandhaltige Gülle aus dem Stall gemischt wird. Die Dünnphase zum Spülen stammt aus dem Trommelsieb, das nach der Sandwäsche installiert ist und die gereinigte Gülle separiert. „Wir haben es zunächst ohne Trommelsieb probiert. Aber der Sandwäscher hat mit Gülle über 8 % TS Probleme, weil der Sand darin nicht absinken kann“, erklärt Cordes.


Wenn in dem offenen Stall bei bestimmten Wetterlagen der Wind fegt, trocknet die Gülle ab und lässt den TS-Gehalt auf über 8 % ansteigen. Auch ist Sand in den Kanälen und der Vorgrube zurückgeblieben. Die gereinigte, aufgedickte Gülle, die das Trommelsieb verlässt, gelangt zunächst in eine darunter liegende Grube. Von dort wird sie in Richtung Biogasanlage abgesaugt.


Biogasanlage vergärt Gülle


Die Biogasanlage mit einer Leistung von 550 Kilowatt (kW), die nur mit Gülle und Futterresten versorgt wird, besteht aus drei jeweils 18 m hohen Fermentern, die je ein Volumen von 200 m3 haben. Die Gülle wird von oben eingefüllt und in zwölf Tagen bei ca. 55 °C vergoren. Das dabei erzeugte Biogas sammelt sich oben im Behälter und wird abgesaugt. Dadurch, dass die Gülle sehr frisch eingefüllt wird, ist die Gasausbeute deutlich höher als laut Literaturwerten zu erwarten wäre, hat Landwirt Cordes festgestellt.


Das untere Ende jedes Fermenters ist trichterförmig. Der Auslass für die vergorene Gülle befindet sich knapp da­rüber. In dem Trichter lagert sich der Sand ab, den der Sandwäscher nicht herausgereinigt hat. Dreimal am Tag wird der Trichter geleert, in dem sich automatisch gesteuert ein Pneumatikschieber öffnet. Er drückt die Sandreste aus dem Trichter über den natürlichen Druck in ein 1 m3 großes Druckgefäß. Dieses ist aus Sicherheitsgründen zwischen den Fermentern und der Vorgrube des Sandwäschers geschaltet, damit der Behälter bei defektem Schieber nicht leerlaufen kann. Der Druck der 18 m hohen Flüssigkeitssäule reißt Sand usw. mit. Aus dem Druckbehälter fließt die Gülle mit dem restlichen Sand zurück in die Vorgrube vor dem Sandwäscher und wird dort wieder mit der Gülle aus dem Stall vermischt.


Inzwischen hat sich das System eingespielt. Cordes kann rund 90 % des Sandes wiederverwerten: 80 bis 85 % holt der Sandwäscher aus der Gülle, 5 bis 10 % die Biogasanlage. „Nur der ganz feine Sand, der sich weder im Sandwäscher noch in der Biogasanlage ablagert, bleibt in der Schwebe und wird am Ende mit dem Gärrest ausgebracht“, berichtet Cordes. Ansonsten gibt es mit dem System an keiner Stelle die Möglichkeit, dass sich Sand ablagert.


Den gereinigten Sand lässt er rund vier Wochen lagern, damit sich der Rest an dem organischen Material zersetzt hat. Dann wird er wieder eingestreut. Für die Menge Sand, die ausgespült wird und die er daher neu dazu kaufen muss, bezahlt er jetzt 11 € pro Tonne. „Wir nehmen hochwertigen Sand, der ansonsten in die Betonindustrie geht“, betont der Landwirt. Dieser ist gesiebt und gewaschen. Wichtig ist, dass er nicht zu fein ist, weil er sich sonst nicht aus der Gülle herausreinigen lässt. Aber er darf auch keine Steine enthalten, die z. B. im Sandwäscher oder in den Pumpen für Störungen sorgen würden.


Die Gülleleitungen werden immer wieder gespült, um Sandablagerungen herauszuschwemmen


Höherer Verschleiß


Am Tag streut Cordes rund 3 t Sand ein, also 6 kg pro Liegebox. Da er davon nur 10 % neu dazu kauft, zahlt er für den Einstreu-Sand für 488 Liegeboxen 3,30 € pro Tag. Allerdings ist der recycelte Sand auch nicht kostenlos. Sandwäscher und Trommelsieb, einschließlich Gruben, Pumpen und Leitungen, kosteten rund 110 000 €. Dazukommen Strom- und Wasserkosten. Auch ist der Verschleiß an den Bauteilen höher, die mit der sandhaltigen Gülle in Berührung kommen, wie z.B. die Faltschieber im Stall.


„Für mich zählt aber das Gesamtergebnis, wie z. B. der höhere Kuhkomfort bei den Kühen“, macht Cordes deutlich. Dazu gehört: Im Monat hat er nur noch ein bis zwei Euterentzündungen, die Zellzahl liegt bei unter 130 000 im Tank.Die Milchleistung liegt laut Milchkontrolle trotz vieler Färsen bei knapp 10 000 Liter. Seiner Beobachtung nach liegen die Kühe deutlich länger in den Boxen als im alten Stall mit Stroheinstreu. Keine Kuh hat dicke Gelenke oder andere Auffälligkeiten. Die Rutschfestigkeit in den Laufgängen ist deutlich besser, der Sand wirkt hier wie bei Glatteis abstumpfend.


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So funktioniert der Sandwäscher


In dem Behälter dreht sich ein Rührwerk, das das Absinken des Sandes beschleunigen soll. Der Sand wird per Schnecke ausgetragen.


Der Sandwäscher (Fabrikat SR1600 von Opicon/Dänemark) saugt ca. 8 m3 Gülle pro Stunde aus der Vorgrube an. Die Fördermenge ist durch die Steuerung vorgegeben und vom TS-Gehalt der Rohgülle abhängig.


Die Gülle mit dem Sand gelangt zunächst in den Hydrozyklon oben am Sandwäscher. Hier findet bereits eine erste Trennung von Gülle und Sand statt, in dem der Sand nach unten sinkt, während sandfreie Gülle oben abfließt. Der Zyklon sorgt für eine kreisförmige Bewegung der Gülle. Der Sand gelangt durch den Konus zusammen mit einem Teil der Gülle in den darunter liegenden Behälter. In diesem arbeitet ein senkrecht stehendes Rührwerk, das mit langen, leicht gebogenen Rührarmen ausgerüstet ist und mit ca. 1 bis 2 Umdrehungen pro Minute langsam rotiert. Dessen Aufgabe ist es, das organische Material und den Sand durch sanftes Umrühren voneinander zu trennen, sodass der Sand zum Behälterboden und dem Rohrstück absinkt. Hier wird er mit Leitungswasser aus einem Brunnen gespült.


Die sandfreie Gülle wird einschließlich der Organik aus der Gülle von da zu einem dahinter installierten Trommelsieb geleitet. Im Trommelsieb wird die Gülle separiert. Die dicke Phase wird zur Biogasanlage bzw. zum Güllelager weitergeleitet, während die dünne Gülle als Prozesswasser zur Verdünnung der Rohgülle in der Vorgrube und dem Spülen des Sandes im Sandwäscher sowie der Trommel im Trommelsieb wieder verwendet wird. Die Spülwassermenge ist regulierbar, je nach TS-Gehalt und Menge der einströmenden Gülle. Am Tag benötigt Cordes zurzeit rund 12 m3 Wasser. Statt dem Wasser lässt sich auch die dünne Gülle nach dem Trommelsieb verwenden, sodass die Sandwäscheranlage keine zusätzlichen Flüssigkeitsmengen benötigt.


Dieser Artikel von Hinrich Neumann stammt aus der top agrar 7/2015





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