Ein Gastkommentar von Reiner Mihr, Chefredakteur der Lebensmittel Praxis
Die Heimat erlebt einen Boom: Regionale Produkte sind vom Verbraucher gewünscht. Das beschert Landwirten und lokalen sowie regionalen Erzeugern gute Absatzchancen und dem Lebensmittel-Einzelhandel Identifikation der Menschen mit „ihrem“ Laden. Dabei ist klar, dass regionale Produkte im Sortiment eine kleinere Rolle spielen und ihr Beitrag zum Umsatz meistens unter 10 Prozent liegen dürfte.
Geht auch nicht anders: Von den 18 kg Äpfeln, die der Bundesbürger im Jahr verzehrt, kann nur ein Drittel an deutschen Bäumen geerntet werden. Die Selbstversorgerquote bei Obst und Gemüse liegt bei 20 Prozent. Händler aber überbieten sich: Der eine ist Deutschlands „regionalster Discounter“ (was für ein Deutsch!), und der andere ackert regionaler (dito).
Regional wird großzügig ausgelegt: Herkunft ist Deutschland, Äpfel (im nördlichen Rheinland-Pfalz!) kommen vom Bodensee, das Wasser aus Duisburg, die Milch von irgendwo in NRW. Es geht noch toller: In den „Genuss-Regionen“ eines dritten Discounters findet der Kunde Chips des Marktführers, Bitburger Pils, Limo von Granini. Regional?
Auch der Vollsortimenter spielt mit: Salat vom Niederrhein, Gurken aus dem Münsterland und Heidelbeeren aus – immerhin – Deutschland oder – Obacht – den Niederlanden.
Alles nicht so schlimm. Regional ist nun mal nicht verbindlich definiert. Schlucken das die Verbraucher? So wird ein Trend zu Tode geritten. Vorschlag: Statt regional besser „saisonal“ in den Vordergrund stellen.
Hinweis: Gastkommentare geben nicht in allen Bereichen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie dann, wenn wir sie für einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft halten.