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Marktnische Leasing-Schweine

Familie Gövert verleast Schweine. Wie das Konzept genau funktioniert und was ein „Leasing-Schwein“ kostet, hatten sie top agrar-Redakteur Marcus Arden letztes Jahr für die Juli-Ausgabe verraten. Viele Verbraucher legen großen Wert auf gesundes Essen.

Lesezeit: 7 Minuten

Familie Gövert verleast Schweine. Wie das Konzept genau funktioniert und was ein „Leasing-Schwein“ kostet, hatten sie top agrar-Redakteur Marcus Arden letztes Jahr für die Juli-Ausgabe verraten.


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Viele Verbraucher legen großen Wert auf gesundes Essen. Das ist bei Andreas (37 Jahre) und Elisa (31) Gövert aus dem westfälischen Havixbeck bei Münster nicht anders, sie kaufen gerne regional und frisch ein. „Wir wollen wissen, woher unser Essen kommt“, erklärt Elisa Gövert den Standpunkt der Familie.


Weil der elterliche Hof von Tischlermeister Andreas, auf dem bis vor 20 Jahren 500 Mastschweine auf Stroh gemästet wurden, genügend Platz bietet, entschied sich das junge Ehepaar Anfang letzten Jahres dazu, selbst ein Schwein zu halten. Der Plan war, ein Ferkel der Rasse „Bunte Bentheimer“ zu kaufen, dieses selbst zu mästen und dann für den Eigenverbrauch zu schlachten. „Als Freunde und Bekannte jedoch von unserer Idee erfuhren, baten sie uns, für sie auch Schweine großzuziehen. Platz hätten wir ja genug, meinten sie“, erinnert sich Elisa Gövert, die Master of Science Agrarwissenschaften studiert hat, noch genau.


Baumberger Leasing-Schweine


Zuerst zögerte das junge Paar, dann aber entstand in den Köpfen der beiden nach und nach ein Plan für den Aufbau einer Direktvermarktung. Das Ergebnis: Familie Gövert kauft Bunte Bentheimer-Ferkel von Sauenhaltern zu und verleast diese bis zur Schlachtung an interessierte Kunden.Nachdem im letzten Jahr zunächst zehn Leasing-Schweine in einem umgebauten Überseecontainer gemästet und im Freundeskreis vermarktet wurden, stehen in diesem Jahr 40 Bunte Bent-heimer im neuen Offenfrontstall, den Andreas Gövert am Fuße der Münsterländer Baumberge selbst errichtet hat.


Das Leasingkonzept, das Familie Gövert vorab mit ihrem Steuerberater und einem Rechtsanwalt besprochen hat, ist relativ einfach gestrickt. Andreas und Elisa Gövert kaufen die Ferkel mit etwa 15 bis 20 kg zu. Pro Tier zahlen sie 90 €, die Ferkel stammen überwiegend aus der niedersächsischen Grafschaft Bent-heim. Der Leasingvertrag hat eine Laufzeit von sieben Monaten, in dieser Zeit überweist der Leasingnehmer monatlich 35 € pro halbem Schwein.


Von der Leasingrate müssen die Betriebsinhaber die Ferkel, den Stall, das Futter, die Arbeit, die Behandlung gegen Endo- und Ektoparasiten sowie die Kosten für die Tierseuchenkasse und die Haftpflichtversicherung bezahlen. Etwaige Tierarztkosten werden dem Kunden bis zu einer Höhe von maximal 30 € pro halbes Schwein in Rechnung gestellt. Was darüber hinausgeht, zahlt Familie Gövert.


Elisa und Andreas Gövert verpflichten sich laut Vertrag dazu, den Tieren tagsüber Auslauf auf der ca. 1 ha großen Wiese zu gewähren, die Tiere nachts im Strohstall zu halten und ausschließlich GVO-freies Futter einzusetzen. Die Schweine erhalten Grassilage und eine getreidebetonte Schrotmischung, zudem können sie täglich frisches Gras auf der Weide fressen. Vertraglich fixiert ist auch, dass der Leasingnehmer jederzeit ein Besuchsrecht hat.


Nach Ablauf der Leasingzeit, wenn das Schwein rund 110 kg wiegt und schlachtreif ist, geht das Tier in den Besitz des Kunden über. „Dank der regelmäßigen monatlichen Leasing-raten sind wir wirtschaftlich abgesichert. Kein Kunde springt ab, wenn er bereits mehrere Anzahlungen getätigt hat“, nennt Andreas Gövert einen wichtigen Baustein des Direktvermarktungs-Konzeptes.


Das Konzept der beiden Jungunternehmer stößt bereits im zweiten Jahr auf viel Resonanz, bis dato haben sie bereits 33 Leasingverträge abgeschlossen. Die Kunden kommen dabei nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus Bonn, vom Niederrhein, aus Hannover usw. „Unser entferntester Kunde wohnt in Berlin, fast 500 km entfernt“, freut sich Elisa Gövert über den überregionalen Erfolg. Die meisten Kontakte entstehen durch Mund-zu-Mund-Propaganda, aber auch über das Internet. Unter www.dein-bauernhof.com kann man sich informieren.


Schlachter zerlegt die Schweine


Die Schweinehaltung betreiben Göverts im Rein-Raus-Verfahren. Die Ferkel werden immer Anfang Mai aufgestallt, wenn es draußen wärmer wird. Mitte Januar gehen die letzten Tiere dann zur Schlachtung. Zwischen Januar und Mai steht der Stall leer, dann wird er gründlich gereinigt und für die nächste Partie Leasing-Schweine vorbereitet. Während der Leerstehphase wird auch die Wiese auf Vordermann gebracht, denn die Schweine wühlen diese sehr stark um. „Wir ziehen keine Nasenkrampen ein, weil wir und die Kunden das ablehnen. Die Tiere sollen sich artgerecht verhalten können“, erklärt Elisa Gövert dazu.Die Zuteilung der Schweine vor der Schlachtung erfolgt grundsätzlich im Losverfahren. „Wir garantieren unseren Kunden, dass sie ein Schwein aus unserer Herde bekommen, wir legen uns aber nicht fest, welches Tier genau. So wollen wir Neid untereinander vermeiden“, weist Andreas Gövert auf ein wichtiges Vertragsdetail hin.


Die Schlachtung und Zerlegung der Tiere erledigt ein Dorfmetzger, der sein Geschäft ca. 20 km entfernt betreibt. Die Kosten trägt der Leasingnehmer, pro halbes Schwein sind das 60 €. Den Transport der Schweine zum Metzger kann der Kunde selbst organisieren, gegen Kostenerstattung fährt Andreas Gövert die Tiere aber auch. „Beim Metzger werden die Tiere nach Kundenwunsch zerlegt und wenn gewünscht verwurstet. Zudem kann der Kunde dem Schlachter während der Zerlegung über die Schulter schauen und sich die Fleischstücke ganz individuell zurechtschneiden lassen“, erklärt Andreas Gövert das Prozedere.


Kundenbetreuung kostet Zeit


Besonders angetan sind die Kunden immer wieder von der Fleischqualität. Das Fleisch der Bunten Bentheimer ist stark marmoriert, hat einen hohen Speckanteil und weist einen deutlich höheren intramuskulären Fettanteil auf. „Das macht es viel schmackhafter als die Standardware aus dem Supermarkt, und es lässt sich in der Pfanne viel besser anbraten“, beschreibt Elisa Gövert die Vorzüge der alten Schweinerasse, die immer noch vom Aussterben bedroht ist.Unterschätzt hat das Ehepaar Gövert nach eigener Aussage den Arbeitsaufwand, den sie für ihre Direktvermarktung betreiben müssen.Vor allem die Kundenbetreuung ist zeitintensiv. Bis ein Leasingvertrag unter Dach und Fach ist, telefonieren sie vier- bis fünfmal mit dem Kunden, weil immer wieder neue Fragen auftauchen. Am häufigsten fragen die Kunden, wie die Zusammenarbeit mit dem Metzger genau funktioniert und welche Fleischprodukte sie aus ihrem Schwein bekommen können. Häufig fragen sie auch nach versteckten Kosten.


Arbeit macht auch das Aufsetzen und Verschicken der Verträge. Zudem müssen sich Göverts darum kümmern, dass die potenziellen Kunden diese unterschrieben zurücksenden. Pro Tier kostet die Direktvermarktung 1,5 Stunden Arbeit. „Im Hofladen kommt der Kunde einmal rein, kauft die Ware und geht wieder. Wir hingegen haben sieben Monate Kontakt zu unseren Kunden. Zudem müssen sie immer damit rechnen, dass die Kunden gerade an Feiertagen ihr Besuchsrecht wahrnehmen“, lautet die Erfahrung von Andreas Gövert.


Ein zweites Problem, mit dem niemand gerechnet hat, ist der Bezug der Ferkel. Familie Gövert hatte im Frühjahr große Schwierigkeiten, eine 40er-Partie Bunte Bentheimer-Ferkel zu bekommen, da die Population sehr klein ist. Sollte das Geschäft in Zukunft noch weiter ausgebaut werden, muss sich die Familie überlegen, die Ferkel in mehreren Gruppen zu kaufen.


Weiter im Nebenerwerb


Unklar ist bislang, ob das Leasinggeschäft in Zukunft noch weiter wachsen wird. Zunächst einmal wollen sie weitere Erfahrungen mit der Direktvermarktung von Bunten Bentheimern sammeln, sind sich Elisa und Andreas Gövert einig.In jedem Fall soll die Tierhaltung weiter im Nebenerwerb laufen. „Selbst wenn wir unsere Einnahmen aus dem Leasinggeschäft von derzeit 20000 € in Zukunft verdoppeln, reicht das nach Abzug aller Kosten nicht aus, um davon eine vierköpfige Familie ernähren zu können. Unsere Tierhaltung ist und bleibt nur eines von drei Standbeinen des Familieneinkommens, an dem wir Spaß haben und durch das wir die Flächen rund um den Hof sinnvoll nutzen können“, stellen die beiden klar.

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