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Mehr Transparenz, mehr Rechte, mehr Geld

Die Bauern brauchen mehr Gewicht in der Wertschöpfungskette. Das haben Cees Veerman und seine Task Force „Agrarmärkte“ vor einem Jahr gefordert. Was daraus geworden ist, fragte top agrar-Chefredakteur Dr. Ludger Schulze Pals den Professor.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Bauern brauchen mehr Gewicht in der Wertschöpfungskette. Das haben Cees Veerman und seine Task Force „Agrarmärkte“ vor einem Jahr gefordert. Was daraus geworden ist, fragte top agrar-Chefredakteur Dr. Ludger Schulze Pals den Professor.


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Wie war die Resonanz auf Ihren Bericht?


Veerman: Ausgesprochen positiv. Die Bauern sind das schwächste Glied im Handel. Sie bekommen den geringsten Anteil des Mehrwerts, der bis zur Verkaufstheke geschaffen wird. Und sie stehen immer größer werdenden Verarbeitungsunternehmen und Handelsketten gegenüber. Kommissar Phil Hogan wollte von uns Vorschläge, wie wir das ändern können.


Und hat Hogan diese schon umgesetzt?


Veerman: So schnell geht das in Brüssel nicht. Hogan will noch wissen, was Bürger und Bauern von unseren Vorschlägen halten. Er wird aber einige Punkte in seinen Vorschlag für die EU-Agrarpolitk nach 2020 aufnehmen.


Die Preisberichte sollen aktueller und verbindlicher werden. Woran fehlt es?


Veerman: Wir haben gute Preisinformationen auf der Erzeugerstufe. Wir wissen aber relativ wenig über die Preise, Margen und Kosten auf den nachfolgenden Verarbeitungs- und Handelsstufen. Die Unternehmen geben die Daten nicht frei. In den USA ist das anders. Dort werden z.B. die Preisinformationen aus dem Schlacht- und Zerlegeprozess in den Schlachthöfen alle 15 Minuten online gestellt.


Sie wollen also Handel und Verarbeitung zu mehr Transparenz zwingen?


Veerman:Freiwillig werden sie es nicht tun.


Zwischen Landwirten und aufnehmender Hand soll es künftig schriftliche Verträge über Preise und Mengen geben. Gilt das auch für die Genossenschaften?


Veerman: Wir halten das für sinnvoll. Auch die Genossenschaftsmitglieder wissen nicht, ob ihre Genossenschaft die Kosten im Griff hat. Wenn sie nicht kosteneffizient arbeitet, werden einfach die Erzeugerpreise gesenkt. Wer einen Kontrakt hat, weiß vor dem Verkauf, welchen Preis er bekommt. Das sollte auch für Genossenschaften selbstverständlich sein.


Agrarrat, Kommission und EU-Parlament sehen das ähnlich und wollen die Ausnahmegenehmigung für Genossenschaften in der EU-Marktordnung streichen. Dann müssen diese auch Verträge über Preise und Mengen machen.


Veerman:Das freut mich.


Sie wollen das Wettbewerbsrecht lockern, um mehr Zusammenarbeit zwischen Landwirten zu ermöglichen. Warum?


Veerman: Es ist Unsinn, bei einem Zusammenschluss von drei Landwirten die gleichen strengen Maßstäbe anzulegen, wie bei einer Fusion zweier Konzerne. Wenn Bauern in einer Region eine gute Produktidee haben und sich zusammenschließen wollen, um dieses Produkt zum Beispiel gemeinsam mit einem Futtermittelhersteller und einem Schlachter zu vermarkten, dann müssen sie sich zumindest in der Startphase abschotten dürfen, ohne gleich mit dem Wettbewerbsrecht in Konflikt zu kommen. Sonst scheitern neue Produkt- und Vermarktungsideen schon zu Beginn.


Wie findet das die Kommission?


Veerman:Die Beamten von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sind sehr skeptisch.


Trotz niedriger Zinsen wollen Sie den Zugang der Landwirte zu Kapital verbessern. Warum?


Veerman: Das ist nicht unbedingt in Deutschland ein Problem. In anderen Mitgliedstaaten aber schon. Viele Banken sind sehr mit sich selbst beschäftigt, weil sie mehr Eigenkapital vorhalten müssen, um die strengeren Risikovorgaben zu erfüllen, die nach der Finanzkrise geschaffen wurden. Hinzu kommt, dass die Agrarmärkte im Zuge der Globalisierung sehr volatil geworden sind. Das macht die landwirtschaftliche Produktion risikoreicher und die Banken vorsichtiger. Andererseits verfügt die Europäische Investitionsbank (EIB) über viel Kapital, das die Landwirte aber gar nicht erreicht, jedenfalls nicht zu attraktiven Konditionen. Die EIB finanziert gerne eine neue Molkerei und einen neuen Schlachthof für 100 Mio. €, aber keinen neuen Schweine- oder Kuhstall für weniger als 1 Mio. €. Es würde schon reichen, wenn die EIB künftig Bürgschaften übernimmt. Dann werden die Geschäftsbanken vor Ort, die Landwirte mit Krediten versorgen.


Sie wollen die Landwirte stärker für die Terminmärkte sensibilisieren. Fehlt es nicht v. a. an passenden Kontrakten 


Veerman: Die Landwirte wissen nicht oder nicht hinreichend, wie die Terminmärkte funktionieren. Vielen ist nicht klar, welche Möglichkeiten die Börsen bieten, Preisschwankungen auszugleichen. Und natürlich könnte das Kontraktangebot der Agrarbörsen besser auf die Bedürfnisse der Bauern zugeschnitten sein (z.B. bei Milch). Bei den ersten beiden Punkten sind die EU und die Mitgliedstaaten gefordert. Hier muss es mehr Fortbildung geben.


Gegen das Wetter- oder Tierseuchenrisiko helfen die Terminmärkte nicht?


Veerman: Das sind Risiken, gegen die sich der Einzelne nicht allein schützen kann. Aber man kann sich dagegen versichern, wenn die Versicherungsprämien für die Landwirte nicht zu teuer sind. Um das zu verhindern, kann der Staat die Prämien bezuschussen oder er kann die Anfangsfinanzierung für neue Versicherungen leisten. Hier könnten EU und Mitgliedstaaten in Zukunft mehr tun als heute.


Sie wollen aber nicht nur Risiken eindämmen, sondern auch Anreize für mehr Natur- und Umweltleistungen schaffen. Bisher gibt es dafür nur einen Kostenausgleich. Sollen Landwirte damit künftig Geld verdienen können?


Veerman: Warum nicht? Wenn die Bauern eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft erhalten oder die Artenvielfalt gezielt fördern, sind das Leistungen, für die es keinen Markt gibt. Dann muss m. E. der Staat den Preis bestimmen und bezahlen. Dieser darf selbstverständlich auch so hoch sein, dass die Bauern damit Geld verdienen.


Welche Konsequenzen hat das für die EU-Agrarpolitik?


Veerman: Sie muss sich weiterentwickeln. Bisher gibt die EU jährlich fast 50 Mrd. € für die Unterstützung der Landwirtschaft aus. Davon gehen fast 70% in die Direktzahlungen. Das ist nicht mehr zeitgemäß, auch weil die Begründung für die Zahlungen mehr als 20 Jahre zurückliegt. Und: Die großen Betriebe haben viel mehr davon als die kleinen, weil die Förderung ausschließlich an der Flächenausstattung hängt. Das hilft auch den Landeigentümern.


Was muss geschehen?


Veerman: Wir müssen schrittweise einen Teil der Direktzahlungen in die 2. Säule umschichten. Das kann helfen, auch nach 2020 ein möglichst großes EU-Agrarbudget zu sichern.


Werden in drei Jahren große Teile Ihres Maßnahmenpaketes umgesetzt sein?


Veerman: Die Maßnahmen, die kaum Geld kosten, will Phil Hogan schnell anpacken. Und für die Neugestaltung der 1. und 2. Säule der EU-Agrarpolitik liegen schon Vorschläge auf dem Tisch, von denen viele in unsere Richtung gehen. Auch die Kommission denkt so, das weiß ich.


Dieses Interview stammt aus der aktuellen top agrar 12/2017. Mehr zum Abo hier...

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