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Merkel, Männer und Moneten

Merkel` s Formel für den nächsten EU-Haushalt der Periode 2020-2027 ist einfach: Mehr Geld für Forschung und weniger Geld für Agrar ergibt europäischen Mehrwert.

Lesezeit: 7 Minuten

Merkel` s Formel für den nächsten EU-Haushalt der Periode 2020-2027 ist einfach: Mehr Geld für Forschung und weniger Geld für Agrar ergibt europäischen Mehrwert. Die Naturwissenschaftlerin und promovierte Physikerin hat in den letzten zwölf Jahren ihrer Kanzlerschaft in Brüssel bei Europäischen Räten nie einen Hehl daraus gemacht, dass Sie zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit Europas mehr Investitionen in Wissenschaftleraustausch, Nanotechnologien, Supercomputer und Fusionsforschung gelenkt sehen möchte.


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Beim informellen Treffen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs an diesem Freitag in Brüssel zur ersten Debatte über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) im Lichte des drohenden Brexits erfolgte eine erste Weichenstellung genau in diese Richtung: Ab 2020 soll den Bereichen Forschung und Innovation, transeuropäische Verkehrs- und Energieinfrastruktur, auswärtiges Handeln sowie Mobilität und Bildung in der EU Vorfahrt und Priorität eingeräumt werden. Das Ringen um die Agrar- und Kohäsionsfond-Töpfe wurde auf die für 2. Mai terminierte Vorlage des Haushaltsentwurfes von EU-Kommissar Oettinger erst einmal vertagt.


Das Drängen von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger an die Nettozahler-Staaten, künftig mehr Geld nach Brüssel zu überweisen, haben Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande bei Ankunft am Freitagmittag in Brüssel rundherum abgelehnt.

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Die EU-Kommission möchte durch eine Erhöhung des Beitrages der EU-Staaten gerechnet vom Bruttoinlandseinkommen von derzeit 1,0 Prozent auf 1,1 Prozent plus X, den EU-Finanzrahmen aufstocken, um den Ausfall von jährlich rund zwölf Milliarden Euro ab 2020 durch den EU-Austritt Großbritanniens wettmachen.


Kurz, Ruette, Löfven und Rasmussen zeigen Merkel die kalte Schulter


Europas Jung-Männerriege unter den Ministerpräsidenten folgen der amtierenden Kanzlerin im Schwebezustand beim ihrem Kurs „mehr Geld für Europa“ nicht. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte machte schon bei Ankunft im neuen Europagebäude kurz vor Mittag in Brüssel vor laufenden Kameras aus seiner Ablehnung keinen Hehl: „Die Niederlande können und werden einer Erhöhung ihres Bruttobeitrages zum EU-Haushalt nicht zustimmen“. Die EU müsse sich als Ergebnis des Brexits mit dem Gedanken vertraut machen, dass eine kleinere EU einen kleineren EU-Haushalt bedeute. Für Rutte haben Investitionen in Innovation, Kampf gegen Cyberkrimialität und Bewältigung der Migration Vorrang. Einsparungen will er bei dem derzeit größten Ausgabenposten des laufenden EU-Budgets, den Agrarausgaben (39 Prozent) und bei der Strukturpolitik (34 %) festgemacht sehen.


Österreichs EU-Ratspräsidentschaft fällt im 2. Halbjahr Schlüsselrolle zu


Auch der erst im Dezember neu ins Amt gekommene 32jährige österreichische Ministerpräsident Sebastian Kurz zeigte der Kanzlerin bei seinem ersten Auftritt bei einem Europäischen Rat in der EU-Hauptstadt, die kalte Schulter. Der 32jährige gab beim sogenannten doorstep zu Protokoll:


„Wir haben eine sehr klare Position. Wir wollen eine starke Europäische Union aber wir vollen auch ein Europa, das sparsam mit den Steuergeldern ihrer Bürger umgeht und die versucht schlanker zu werden, um mehr Budget zur Verfügung zu haben für die großen Fragen wie Sicherheitspolitik, wo wir an einem Strang ziehen müssen. Was wir nicht wollen ist eine zunehmende Belastung der Nettozahler, denn die Nettozahler wie Österreich leisten jetzt schon einen sehr, sehr großen Beitrag. Dazu sind wir auch weiter bereit unter den Nettozahlern. Aber wenn die EU durch den Brexit um Großbritannien kleiner wird, dann ist es ganz natürlich sich zu fragen, wo kann man sparsamer werden. Es ist falsch zu glauben, dass man von den Nettozahlern immer mehr verlangen kann. So wird das nicht funktionieren. Wir sind erst ganz am Anfang des Verhandlungsprozesses. Es gibt noch nicht einmal einen konkreten Vorschlag für den kommenden EU-Haushalt. Die Verhandlungen werden lange dauern und am Ende wird ein Kompromiss stehen. Mit dieser Position befinden wir uns in einer Gruppe von fünf Staaten, die sich gut positioniert haben“, so Kurz bei seinem Debüt auf dem Brüsseler Parkett.


Auch der der dänische Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen sagte bei Ankunft, dass er angesichts eines stabilen Wachstums in der EU und Einnahmenverbesserungen in den nationalen Haushalten, an einer Begrenzung des nationalen Bruttobeitrages von einem Prozent festhalten wolle als Obergrenze. Als Prioritäten der neuen Haushaltperiode ab 2020 nannte er die Bewältigung der Migration, ein stärkeres Engagement in Afrika und mehr Investitionen in Forschung.


Ebenso sprach sich der jüngst ins Amt gekommene schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven für eine Modernisierung des EU-Haushaltes und der Beibehaltung des Sockels von einem Prozent aus. Kanzlerin Angela Merkel hat bereits im Koalitionsvertrag ihre Bereitschaft erklärt hat, mehr Geld für Europa bereitstellen zu wollen und dies auch am Vortag in ihrer Regierungserklärung im Bundestag in Berlin bekräftigt.


EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte in seinem Einladungsschreiben den Staats- und Regierungschefs drei Fragen zur gemeinsamen Diskussion vorgelegt, die es zu beantworten gelte. Erstens: Was sind die politischen Prioritäten? Zweitens: Wie hoch sollten die Ausgaben sein? Und Drittens: Wie soll der Zeitplan aussehen? Zu Frage eins kam es bereits zu einer ernstzunehmenden Positionierung. Auf Frage zwei gab es keine schlüssigen Antworten nach dem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs. Einigkeit besteht darüber, dass man vor den Wahlen zum EU-Parlament 2019 die Budgetfrage unter Dach und Fach haben möchte. Aber sicher ist auch das nicht wirklich. Einig ist man sich allerdings, dass die noch zu verhandelnde Finanzperiode ab 2021 die letzte siebenjährige Periode sein wird. Ab 2027 sollen jeweils am Mandat von EU-Kommission und EU-Parlament orientiert künftig nur noch Fünfjahreshaushaltspläne aufgestellt werden.


Oettinger wünscht dreieinhalb Milliarden mehr aus Berlin Jahr für Jahr und will Agrarausgaben kürzen


EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger will den Ausfall der britischen Beiträge sowie den Mehrbedarf für neue Aufgaben obwohl durch Einsparungen als auch höhere Mitgliedsbeiträge kompensieren. In den Bereichen Landwirtschaft und Strukturförderung geht er von Kürzungen von bis zu 15 Prozent aus.


Einen detaillierten Vorschlag für den nächsten Finanzrahmen will die EU-Kommission am 2. Mai vorlegen. Dann fällt die eigentliche Kärnerarbeit und das Tauziehen um Beiträge, Umschichtungen, Kürzungen und Prioritätensetzungen in die zweite Jahreshälfte, wenn Österreich am 1. Juli für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt.


Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger hatte im Vorfeld bereits insistiert, dass  Sie zu Kürzungen im Landwirtschafts- und Kohäsionsfondsetat nicht bereit sei. Damit ist Sie mit ihrem eigenen Kanzler Sebastian Kurz nicht auf einem Nenner. Hinzu kommt, dass die Kohäsionsländer und größten Empfänger von Agrar- und Strukturmitteln aus der Brüssel Kasse - nämlich zuvorderst Polen mit jährlich rund zehn Milliarden Euro - sich beim Feilschen um die EU-Milliarden noch gar nicht warm gelaufenen haben und ihr Pulver noch trocken halten.


Konflikt zwischen Polen und Deutschland bei Koppelung von Zahlungen an Flüchtlingsverteilung entbrannt


Deutschland und Polen sind seit Anfang der Woche dabei eher auf Konflikt- als auf Konsenskurs. Merkel hatte die künftige Verteilung von EU-Geldern an das Engagement vieler Regionen und Kommunen bei der Aufnahme und Integration von Migranten verknüpft. Die Verteilung von EU-Mitteln an die Verteilung von Flüchtlingen zu koppeln, hält der polnische Europaminister Syzmanski für ein „politisches Manöver Berlins“, das geeignet sei, „eine politische Krise“ heraufzubeschwören. Die Zeichen stehen in Brüssel auf Sturm, bevor der eigentliche Haushaltsentwurf der EU-Kommission überhaupt erst auf dem Tisch liegt.


Seit an Seit trafen dagegen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin in Brüssel am Tagungsort ein. Eine finanzielle Zusage machte Merkel gleich zu Beginn: 1,7 Milliarden wolle Deutschland bis 2020 für die Sahel-Zone in den afrikanischen Staaten zur Verfügung stellen. Dies war das Ergebnis des am Vormittag ebenfalls in Brüssel auf der anderen Straßenseite am Schumanplatz im Gebäude der EU-Kommission stattgefundenen EU-Afrika Sahel-Zonen-Konferenz.


Um mehr geht es beim derzeitigen EU-Budget. Hier sind von 2014 bis 2020 sind 963.5 Milliarden Euro in der EU28 eingestellt.  Der nächste Finanzrahmen erstreckt sich von 2021 bis 2027. EU-Haushaltskommissar Oettinger erwartet von Deutschland, dass künftig von Berlin „mindestens 3 bis 3,5 Milliarden Euro jährlich“ mehr eingezahlt werden. Ohne Aufschlag der anderen bisherigen Nettozahler würde dies zu einer Milchmädchenrechnung führen.


Der Agrar- und Regionalfonds könnte dann zum Steinbruch eines konsolidierten abgespeckten EU-Haushalts ohne das Brexit-Land Großbritannien werden. Das Tauziehen in Brüssel zwischen Merkel und den jungen neu ins Amt gekommenen Männern - wie dem Österreicher Kurz  - um die Moneten Europas für morgen hat erst begonnen.

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