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Fipronil-Skandal entfacht Debatte um heutige Landwirtschaft

Im Skandal um mit dem Kontaktgift Fipronil verseuchte Hühnereier ist nach SPIEGEL-Informationen ein Chemikalienhändler aus dem belgischen Weelde ins Zentrum der Ermittlungen gerückt. Der Mann soll in einer Fabrik in Rumänien große Mengen des Tiermedikaments Fiprocid geordert habe. Agrarkritiker blenden diesen Fakt aus.

Lesezeit: 6 Minuten

Im Skandal um mit dem Kontaktgift Fipronil verseuchte Hühnereier ist nach SPIEGEL-Informationen ein Chemikalienhändler aus dem belgischen Weelde ins Zentrum der Ermittlungen gerückt. Der Mann soll in einer Fabrik in Rumänien große Mengen des Tiermedikaments Fiprocid geordert habe, das den gefährlichen Wirkstoff Fipronil enthält. Das Kontaktgift war offenbar einer Flüssigkeit namens "Dega 16" beigemischt, die in 20-Liter-Kanistern vertrieben wurde und der Säuberung von Geflügelställen dienen sollte.


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Für den NABU offenbar eine unwichtige Randnotiz. Stattdessen nutzt der Verein die Gelegenheit, erneut die EU-Agrarpolitik und das Tierhaltungssystem als Ganzes anzuklagen und für den Skandal verantwortlich zu machen.

 

So fordert der Verein ein grundsätzliches Umdenken der EU in ihrer Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik. Das derzeitige System sei anfällig für illegales Handeln, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Die Lebensmittel-Industrie produziert einen Skandal nach dem anderen. Fipronil hätte bei Hühnern gar nicht eingesetzt werden dürfen. Dass uns ein neuer Skandal ereilt, kommt allerdings nicht überraschend – und er wird auch nicht der letzte sein. Nur wenn die EU ihre Agrar- und Ernährungspolitik grundlegend ändert, werden sich Skandale wie dieser künftig verhindern lassen.“

 

Mit ihrer derzeitigen Agrarförderung belohne die EU vor allem jene, die Masse statt Klasse produzieren. Auch aufgrund des Preisdrucks durch Handel und Verbraucher seien Landwirte gezwungen, möglichst viel und möglichst billig zu produzieren. „Daher ist die Versuchung grundsätzlich groß, zu kritischen und mitunter illegalen Mitteln zu greifen und so die Produktion bis zum Maximum auszureizen. Mit einer grundlegenden Reform der Agrarpolitik schützt die EU auch die Verbraucher vor kriminellen Handlungen wie diesen“, so Miller.

 

Darüber hinaus forderte der NABU strengere Kontrollen beim Einsatz von Pestiziden und damit auch neurotoxischer Insektizide wie Fipronil. Seit Jahren seien bei den zuständigen Bundesländern in den Pflanzenschutzdiensten massiv Stellen abgebaut worden. Eine wirksame Überwachung der Anwendung von Pestiziden sei derzeit nicht möglich. 

 

Aldi stoppt Eierverkauf

 

Aldi Nord und Aldi Süd haben unterdessen mitgeteilt, deutschlandweit zunächst keine Eier mehr zu verkaufen. Dies sei als Vorsichtsmaßnahme gedacht, teilten die Unternehmen mit.


Ab sofort dürften nur noch Eier an Aldi geliefert werden, für die ein Nachweis vorliege, dass sie negativ auf fipronilhaltiges Anti-Läusemittel getestet seien. Die Unternehmen teilten mit, das Vorgehen werde möglicherweise dazu führen, dass es zu Engpässen bei der Versorgung mit Eiern kommt. Die Unternehmensgruppen begründeten ihr Vorgehen den Angaben zufolge damit, dass sie "Klarheit und Transparenz" bei ihren Kunden herstellen wollten.


Andere Lebensmittelhändler sehen bislang keinen Grund für einen Verkaufsstopp von Eiern, berichtet die Tagesschau. Die Edeka-Zentrale in Hamburg teilte mit, dass die Eier der Eigenmarken ausschließlich aus Deutschland stammten. Auch Rewe will erst einmal abwarten. Derzeit sehe man "keine Veranlassung" für einen kompletten Verkaufsstopp, hieß es von einem Unternehmenssprecher: "Sollten wir im Sinne unserer Kunden zu der Erkenntnis kommen, dass weitergehende Schritte notwendig werden, so werden wir entsprechend reagieren."

 

DBV: Reaktion von Aldi ist überzogen

 

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hält die Entscheidung von Aldi Süd und Nord zum jetzigen Zeitpunkt für eine überzogene Reaktion. Angesichts der bisherigen Untersuchungen der Behörden von Eiern aus deutscher Produktion und der wissenschaftlichen Beurteilung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und der EU erscheine das nicht angemessen, erklärte der DBV.

 

Die EU-Kommission hatte gestern den niederländischen Eierskandal als „unter Kontrolle“ bezeichnet, das BfR einen Verzehr deutscher Eier als unbedenklich eingestuft. Nur in wenigen deutschen Betrieben war das niederländische Desinfektionsmittel angewendet worden, die Ende Juli aber sofort gesperrt und überprüft wurden. „Wir sehen jetzt vor allem die amtlichen Behörden in den Niederlanden und von Bund und Ländern in der Pflicht vollständig für Aufklärung zu sorgen“, betonte Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des DBV.


SPD: Kleinteilige Überwachungsstrukturen rächen sich jetzt


Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Karin Thissen kritisiert, dass Bundesagrarminister Christian Schmidt die Verantwortung auf die Bundesländer abschiebt. Sie fordert von ihm eine lückenlose Lebensmittelüberwachung und mehr Personal in den Kontrollbehörden.


"Jetzt rächt sich, dass unsere staatlichen Überwachungsstrukturen immer noch kleinteilig organisiert sind und einer internationalen Agrarwirtschaft gegenüberstehen. Deren Kontrolle kann so nicht mehr akkurat gewährleistet werden. Daher werden wir langfristig nicht darum herumkommen neue Bundes- und Landesstrukturen zu etablieren und deren Zusammenspiel in der Lebensmittelüberwachung zu optimieren", so Thissen. Schmidt habe in den zurückliegenden Jahren im Verbraucherschutz versagt.


Auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ute Vogt warf Schmidt Untätigkeit vor. "Bundesminister Schmidt muss endlich seiner Pflicht als Minister für den gesundheitlichen Verbraucherschutz nachkommen und darf die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht allein den Ländern, den Verbraucherschutzorganisationen und den nachgeordneten Behörden seines Ministeriums überlassen", sagte sie dem SPIEGEL.


Und Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte, es könne nicht sein, dass der Minister "tagelang in der Versenkung verschwindet, während die Verbraucher verunsichert sind“. Zudem sei es "unerträglich, wie das dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterstehende Bundesamt für Risikobewertung abwiegelt", sagte die Politikerin.


Belastete Eier auch nach Mecklenburg-Vorpommern geliefert

 

Aufgrund eines Kundenhinweises hat das Agrarministerium in Mecklenburg-Vorpommern nun ebenfalls belastete Eier aus den Niederlanden im Handel entdeckt. Sie tragen den Kennzeichnungs-Code 1-NL-4331901. Der aufmerksame Bürger kaufte die Eier am 31.7. in einer Rostocker Kauflandfiliale.


Die offizielle Schnellwarnmeldung bezüglich der betroffenen Eier erhielten die zuständigen Behörden in MV am 3.8.2017, Kaufland selber holte die Eier bereits am 2.8.2017 aus den Regalen.

Die Lebensmittelüberwachungsämter sind über die Sachlage informiert, der Rückruf in den Kaufland-Filialen wird von den Lebensmittelüberwachungsämtern überwacht.


BUND verlangt Verbot von Fipronil

 

„Das Insektizid Fipronil wirkt ganz ähnlich wie die bienengefährlichen Neonikotinoide", meint Katrin Wenz, Agrarexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Fipronil habe in der Nutztierhaltung nichts zu suchen, es werde nicht gebraucht, wenn die Tiere artgemäß gehalten werden. "Weil Fipronil schon in sehr geringen Mengen schädlich für Bienen und andere Insekten ist, muss es in der Landwirtschaft und als Schädlingsbekämpfungsmittel verboten werden. In der landwirtschaftlichen Nutzung ist Fipronil auf EU-Ebene zurzeit eingeschränkt zugelassen, dagegen klagt der Hersteller BASF aber vor dem Europäischen Gerichtshof. Wenn Fipronil endlich verboten wird, kann es auch in der menschlichen Nahrungskette und als Bienengift keinen Schaden mehr anrichten“, so Wenz.



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