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Oettinger: „Ich will nicht von den Mitgliedstaaten aus dem Fenster geworfen werden“

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger auf schwieriger Mission. Am Mittwochnachmittag stand der für die Ausarbeitung des Finanzrahmens 2020 bis 2027 in der Juncker-Kommission zuständige Mann den EU-Abgeordneten des Landwirtschaftsausschusses über die sich abzeichnenden Kürzungen im EU-Agrarhaushalt Rede und Antwort.

Lesezeit: 6 Minuten

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger auf schwieriger Mission. Am Mittwochnachmittag stand der für die Ausarbeitung des Mittelfristigen Finanzrahmens (MFR) 2020 bis 2027 in der Juncker-Kommission zuständige Mann den EU-Abgeordneten des Landwirtschaftsausschusses über die sich abzeichnenden Kürzungen im EU-Agrarhaushalt Rede und Antwort.


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Die ab 2020 zu erwarteten jährlichen Mindereinnahmen von zwölf Milliarden Euro durch den Brexit, können Kürzungen für die europäischen Landwirte von bis zu 15 Prozent nach sich ziehen. Die neuen politischen Herausforderungen Europas wie Migration, Sicherheit und Verteidigung fordern Opfer auch bei der Ausstattung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2020.

 

Oettinger bekannte sich ohne Wenn und Aber zur Beibehaltung der Europäischen Agrarpolitik als Gemeinschaftsaufgabe und stellte jegliche Renationalisierung in Abrede. Die vor ihm liegende Aufgabe, die unterschiedlichen Positionen des Europäischen Parlamentes (EP), der Mitgliedstaaten und nationalen Parlamente auf den Weg der erforderlichen Einstimmigkeit unter den 27 EU-Staats- und Regierungschefs auf einen Nenner zu bringen, bezeichnete Oettinger als „Quadratur des Kreises“


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„Der Brexit ist für mich keine Ausrede, sondern eine sehr wahrscheinliche Wirklichkeit“, hielt Oettinger EU-Abgeordneten entgegen, die ihm den Austritt Großbritanniens aus der EU als Ausrede für einen Gezeitenwechsel in der künftigen EU-Haushaltsarchitektur vorhielten. „Die Stimmung in den Mitgliedstaaten ist relativ schwierig“, sagte Oettinger aus der jüngsten Erfahrung nach seinen Gesprächen in Amsterdam, Berlin, Paris und Wien.

 

„Ich gehe mit dem Kopf nicht durch die Wand, wenn ich keine Aussicht auf Erfolg sehe und will nicht von den Mitgliedstaaten aus dem Fenster geworfen werden“. Weder in Den Haag noch in Wien sei bei den derzeitigen Regierungen eine Bereitschaft zu erkennen, mehr Geld für den EU-Haushalt nach Brüssel zu überweisen. Stattdessen werde an ihn als Haushaltskommissar die Forderung herangetragen, keine Mittel im Agrarhaushalt zu kürzen, keine Kürzungen bei den Kohäsionsfonds vorzunehmen „Die Bereitschaft mehr als ein Prozent des Bruttsozialproduktes (BSP) künftig nach Brüssel zu überweisen ist hingegen bei Null“, verdeutlichte Oettinger das Dilemma.

 

Oettinger hält 5- bis 10prozentige Kürzungen im Agrarhaushalt für maßvoll


„Wenn die Mitgliedstaaten neue Aufgabenerfüllung von Brüssel bestellen dann müssen sie auch dafür bezahlen“. Daher schlägt der EU-Haushaltskommissar vor, dass für neue Aufgaben 80 Prozent frisches Geld aufgebracht werden müsse und 20 Prozent durch Haushaltsumschichtungen bewerkstelligt werden sollten. Als Ausgleich für die Brexit-Lücke von bis zu zwölf Milliarden Euro jährlich ab Ende des Jahrzehnts schlägt Oettinger die Formel 50 zu 50 vor. Die Hälfte müssten durch Mehrleistungen wie die Aufstockung der Eigenmittel von derzeit 1,0 Prozent auf 1,1 oder 1,19 Prozent des BSP von dem EU-Staaten aufgebracht werden, die andere Hälfte durch Umschichtungen, Einsparungen und Kürzungen in der EU-Budgetarchitektur.

 

Die von der EU-Kommission den EU-Staats-und Regierungschefs für diesen Freitag vorgeschlagenen Szenarien für den MFR 2020-2027 bildeten die unterschiedlichen Positionen in den Gesellschaften ab. Eine 15- beziehungsweise 30prozentige Kürzung der GAP-Finanzierung ab 2020 stelle nicht die Position der Europäischen Kommission dar, unterstrich Oettinger. „Wir machen uns die 15 Prozent oder 30 Prozent Modellrechnung nicht zu eigen, aber ich halte fünf- bis zehnprozentige Kürzungen im Agrarbereich für maßvoll und vertretbar“, sagte Oettinger.

 

Über das jetzt in Brüssel auf dem Tisch liegende erste Haushaltsgerüst werden die 27 EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag in einer ersten Diskussionsrunde ihre Positionen darlegen. Neben den neuen politischen Aufgabenstellungen für die EU werden vor allem erhebliche Aufwüchse und Zuwächse für die Programme Erasmus Plus beim internationalen Jugendaustausch (Verfünffachung der Mittel) sowie dem Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ (Verdopplung des EU-Budgets) von der EU-Kommission vorgeschlagen.

 

„Ich unterstütze diese Erhöhungen für den Jugendaustausch und die Forschung ausdrücklich. Wenn Europa gegenüber dem Silicon Valley und China 2025 noch bestehen will, dann müssen wir in Europa mehr in Forschung und Entwicklungschancen der Jugend investieren“, betonte Oettinger. Denn es seien auch die Kinder von Landwirten die am Erasmus Plus Programm teilnehmen könnten und auch die Landwirtschaft werde angesichts neuer Technologien von Forschungsanstrengungen profitieren.

 

Oettinger appellierte an die Europaabgeordneten des Agrarausschusses der EU-Kommission mit ihrem Sachverstand zu helfen und offene Fragen beantworten zu helfen. Kürzen wir bei beiden Säulen oder nur eine Säule der GAP?  „Je mehr Regierungen Sie als Europaabgeordnete in ihren Heimatländern davon überzeugen, die Brexit-Lücke durch fresh money aus den Mitgliedstaaten zu decken, umso besser.“ Die Gemeinsame Agrarpolitik bilde einen europäischen Mehrwert an dem nicht gerüttelt werden solle. „Wir sollten für die GAP gemeinsam kämpfen“, ermunterte der EU-Haushaltskommissar die Landwirtschafts-Europaabgeordneten mit der EU-Kommission an einem Strang zu ziehen.

 

Mehr Flexibilität dürfe nicht zu Lasten der Landwirtschaft ausgelegt werden


Aus den Reihen der AGRI-Ausschussmitglieder erhielt Oettinger ein vielfältiges und geteiltes Echo. „Wir unterstützen Dich bei der Aufgabe, die über 40 Millionen Arbeitsplätze in der europäischen Landwirtschaft und vor allem die bäuerlichen Betriebe auch in Zukunft durch eine starke GAP zu unterstützen“, sagte der agrarpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Albert Dess, an seinen CDU-Parteifreund Oettinger gerichtet.

 

Die von der Agrofood-Branche geforderte neue Flexibilität dürfe „nicht zu Lasten der Landwirtschaft in Europa erfolgen“, mahnte der EP-Agrarausschussvorsitzende Czeslaw Adam Siekierski. Gleichzeitig sicherte der polnische Europaabgeordnete Oettinger seine volle Unterstützung bei der Argumentationshilfe gegenüber den Regierungen in den Mitgliedstaaten zu. „Wir werden tun, worum Sie uns gebeten haben und bei unseren Regierungen Überzeugungsarbeit leisten für mehr Geld zugunsten der anstehenden Aufgaben und einer starken GAP“.

 

Die Europäische Union benötige mehr Eigenmittel plädierte der agrarpolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, für mehr Realismus in den Mitgliedstaaten aber auch im Europäischen Parlament. “Auch uns ist klar, es wird weniger werden für den EU-Agrarhaushalt, aber mich ärgert, dass immer nur über die erste Säule geredet wird.“ Es müsse mit der GAP-Reform in Zukunft sichergestellt werden, dass das Geld aus Brüssel bei den Bauern ankomme und nicht in erster Linie von Agrarunternehmen abgegriffen werde, die von der Industrie aufgekauft oder betrieben würden.

 

Der CDU-Europaabgeordnete Peter Jahr plädierte für eine Arbeitsteilung und mehr Flexibilität zugunsten der Mitgliedstaaten. Kürzungen in Höhe von insgesamt 3,4 Milliarden seien der Landwirtschaft durchaus zu vermitteln. An Oettinger gewandt sagte er: „Sie liefern uns das Geld als eine Art Hardware und wir füllen die gesteckten Ziele aus und kümmern uns in Eigenregie um die Software“.

 

Nach eineinhalbstündiger kontroverser Diskussion appellierte EU-Haushaltskommissar Oettinger an Kompromissbereitschaft vor allem auch der Agrarausschussmitglieder, um im Europäischen Parlament zügig zu einer einheitlichen Position zu gelangen. „Wenn es und nicht gelingt, für den nächsten Mittelfristigen Finanzrahmen Einigkeit zu erreichen, dann werden die Bauern in Europa die Verlierer und Erdogan, Putin sowie Trump die Gewinner sein“.

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