Olivia von Bülow ist Fotografin in Hamburg – umgeben von Kunst, Kultur und Szene. Ihre Motive aber findet sie fernab der großen Stadt: in Wald, Feld und Abendlicht. top agrar-Redakteurin Reingard Bröcker hat sie besucht.

Zwei Jahre Agrar-Studium. Viel Interesse, Lebensfreude, doch auch quälende Unruhe fühlt Olivia

von Bülow im Spätsommer 2007. „Sorry, Leute. Ich hab mich umentschieden, morgen geh ich nach Berlin“, sagt sie schließlich zu Freunden und Familie.

Zu diesem Zeitpunkt hat von Bülow gerade ihr Praktikum abgeschlossen: zwei Monate Getreide abfahren, Stroh pressen und grubbern auf einem Betrieb in Ostholstein. Alle erwarten, dass sie ihre Sachen packt und wieder nach Göttingen geht. Wenig später aber steuert Olivias Bauern-Golf eigenwillig gen Hauptstadt. „Ich hatte keinem was erzählt, mich einfach bei der Schule angemeldet. Ich wollte raus, etwas machen, kreativ sein“, sagt die Landwirtstochter, Jüngste von drei Geschwistern.

Auf zur Fotoschule in Berlin!

Für drei Jahre heißt es dann: Mit 15 anderen die Schulbank drücken. Am Laufsteg, in Ausstellungen und Architektur-Projekten knipsen, ausleuchten, Fototechniken verstehen.

Heute, knapp 10 Jahre später, ist von Bülow selbstständig. Sie lebt in Hamburg, startete dort im Sommer 2012 ihr eigenes Business. Auf der Homepage liest man „Naturfotografie“. Ein Studio gibt es nicht. Die Geschäftsadresse: Sternstraße 106, Schanzenviertel. Aktuell machte sich hier die Gewalt zum G20-Gipfel breit. Eigentlich ist es der Ort der Kreativen.

Der Schreibtisch ist übersichtlich: Großer Bildschirm, zwei Aktenordner, kleine Handtasche, dicker Schlüsselbund mit verspieltem Anhänger in Pink. Die Großraum-Atmosphäre wirkt locker und klar. „Wir sind eine ganz gemischte Truppe. Ein Architekt, ein Journalist, ein anderer Fotograf, zwei Leute, die filmen …“. Große Fenster zeigen die Umgebung: Wasserturm, Altbauten, Graffiti, daneben die Zerlegehallen von „Fleisch Global“. „Das ist Hamburg!“, sagt von Bülow. Doch was bedeutet es für sie, Naturfotografin zu sein? „Hochsitz, Drückjagd, Landmaschinen im Abendlicht“, sagt die 30-Jährige. „Der Start in die Selbstständigkeit war gar nicht so leicht. Doch jetzt läuft es gut.“

Draußen zuhause

Sie fotografiert für Unternehmen im Agrarbereich, für Direktvermarkter, ein Steuerbüro – und sie erstellt Fotodokumentationen für Jäger. Das Ergebnis: Landschaftsaufnahmen, Hof- und Technikbilder, Jagdszenen. Damwild im Morgennebel, Hundemeuten, Jagdhornbläser im Profil.

Ihr feines Gespür für den richtigen Moment zeigte sich in der Ausbildung schnell. „Wir bekamen das Thema ‚Tradition & Brauchtum‘. Ich fotografierte einen Jagdtag zuhause. Mein Lehrer sah die Motive und war begeistert. Da traute ich mich, ihm auch all die anderen Fotos vom Hof, vor allem vom Feld, zu zeigen.“

Doch von Bülow – über 500 Ecken mit Loriot verwandt, sagt sie – ist nicht pausenlos mit der Kamera unterwegs. Sie liebt die Abwechslung: Dienstags leitet sie die Kaffeebar eines kleinen Programmkinos in Altona. Sie nimmt Gesangsunterricht, arbeitet ehrenamtlich für die Jugendhilfe-Organisation Genety.

Ohne Natur und die familiären Wurzeln geht es aber nicht: Den elterlichen Betrieb bei Kiel, d. h. Eltern und Bruder Friedrich samt Familie, besucht sie oft und „unheimlich gern“. „Ich mag diese Mischung aus Stadt- und Landleben. Dort auf dem Hof, da tanke ich auf.“ Wochenends fährt von Bülow mit ihrem Partner ins Ferienhaus nach Mecklenburg. „Er geht auf den Ansitz, ich fotografiere. Oder wir wühlen im Gemüsegarten!“