Das Präsidium des Sächsischen Landesbauernverbandes hat einstimmig den Entwurf einer gemeinsamen Resolution vom Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband (SSZV) und dem SLB zum Thema „Wolf und Nutztiere in Sachsen“ verabschiedet.
Seit der ersten Sichtung eines Wolfes in Sachsen im Jahr 1996 auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz in der Muskauer Heide hat sich die Wolfspopulation stark vermehrt. Aktuelle Auswertungen im Rahmen des Wolfsmonitoring bestätigen 10 Wolfsrudel und einen sesshaften Einzelwolf in Sachsen. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass in den Wolfsrudeln ständig Reproduktionen stattfinden.
Nachweise und Erfahrungen lassen den Schluss zu, dass auch in diesem Jahr wieder etwa 40 Welpen geboren wurden. Demnach kann man eine derzeitige Gesamtpopulation von 60 – 70 freilaufenden Wölfen in Sachsen annehmen.
Im Jahr 2014 sind von einer ähnlich großen Wolfspopulation Übergriffe in 48 Fällen an Nutztieren nachgewiesen, bei denen der Wolf als Verursacher feststand bzw. nicht auszuschließen war. Dabei wurden 91 Nutztiere getötet, 1 Tier verletzt und 1 Tier vermisst.
Im Jahr 2015 sind bis zum 21. Oktober bereits 52 Wolfsübergriffe nachgewiesen. Dabei wurden insgesamt 130 Nutztiere getötet, 15 verletzt und 16 vermisst. Zwei Drittel der Schäden entstanden trotz der Einhaltung der Kriterien des Mindestschutzes durch die Tierhalter.
Unstrittig ist, dass die natürlichste Form für die Haltung von Raufutter verzehrenden Nutztieren die Weidehaltung ist, so der Bauernverband weiter. Gleichermaßen ist hervorzuheben, dass die heutige Kulturlandschaft im ländlichen Raum maßgeblich durch Beweidung geprägt und erhalten wird. Durch den Wolf ist diese Haltungsform nach Ansicht der Verbände aber in akuter Gefahr. So führe die gesellschaftlich und politisch gewollte Wiederansiedlung des Wolfes zu unkalkulierbaren rechtlichen Risiken für Betriebe mit Weidetierhaltung.
Um eine Weidetierhaltung wirtschaftlich und rechtlich auch weiterhin auf breiter Basis durchführen zu können, erheben der Sächsische Landesbauernverband e.V. (SLB) und der Sächsische Schaf- und Ziegenzuchtverband e.V. nachfolgende Forderungen:
- Alle anfallenden Betriebskosten, die dem Herdenschutz vor Übergriffen des Wolfes dienen, sind vom Staat vollständig zu finanzieren.
- Im Interesse einer flächendeckenden Nutztierhaltung in Sachsen ist der staatliche Fördersatz auf 100 Prozent der Anschaffungskosten für Investitionen in präventive Herdenschutzmaßnahmen zu erhöhen, da ausschließlich ein gesellschaftliches Interesse zur Wiederansiedlung des Wolfes zugrunde liegt.
- Haltern von Rindern, Lama und Alpaka ist der Zugang zur Förderrichtlinie „Natürliches Erbe“ analog zu Schaf- und Ziegenhaltern sowie Betreibern von Wildgattern zu gewähren. Entgegen den Letztgenannten ist ein zusätzlicher Herdenschutz für diese Tierarten jedoch weiterhin fakultativ zu ermöglichen.
- Im Rahmen eines Forschungsprojektes ist zu ermitteln, welche nicht direkt sichtbaren bzw. erst zu einem späteren Zeitpunkt zuordenbaren Schäden dem Nutztierhalter durch Übergriffe des Wolfes entstehen.
- Wir fordern eine rechtliche Regelung, nach der Schäden und Folgeschäden auf Grund von Herdenausbrüchen in Wolfsgebieten von einem staatlichen Fond getragen werden.
- Die europäische De-minimis-Regelung ist für die Vorsorge und die Entschädigung für alle zusätzlichen Aufwendungen der Weidetierhalter unverzüglich außer Kraft zu setzen.
- Das artgerechte Verhalten von Wölfen in freier Wildbahn ist unmissverständlich zu definieren. Wölfe, die ein artfremdes Verhalten aufweisen, sind unter geregelten Verantwortlichkeiten der Population zu entnehmen.
- Wir fordern eine sachlich korrekte Erfassung des Aufwandes im Zusammenhang mit dem Wolf und eine daraus resultierende öffentliche Berichterstattung.
- Wir fordern den Aufbau eines Herdenschutzzentrums, in dem alle Belange der Nutztierhalter die ihrem Interesse und dem Erhalt ihrer Nutztiere dienen, behandelt werden können.
Die Arbeitsgruppe „Wolf und Nutztiere“ beim Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft kann dafür ein geeignetes Gremium sein. Sie muss aber aus ihrer bisher einseitigen Alibirolle als Kummerkasten für Nutztierhalter zur Sicherung der Wolfspopulation endlich heraustreten, heißt es beim Bauernverband. Dies werde nur gelingen, wenn Probleme nicht nur gehört, sondern einer ausgewogenen Lösung zugeführt werden. Anderenfalls sieht sich der Berufsstand gezwungen seine künftige Anwesenheit zu hinterfragen.
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