Am Schlachthof können anhand von konkreten Befunden zu einem einzelnen Tier Rückschlüsse auf dessen Wohlbefinden oder Gesundheit in der Haltung gezogen werden, wenn zum Beispiel Anzeichen einer länger bestehenden Erkrankung vorliegen. Umgekehrt sind das Wohlbefinden oder die Gesundheit eines Tieres in der Haltung aber nicht bereits dadurch erwiesen, dass am Schlachthof keine gegenteiligen Befunde festgestellt wurden. Das hat die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen erklärt.
Soll von den Schlachthofbefunden einer Tiergruppe auf die Verhältnisse in deren Herkunftsbetrieb geschlossen werden, brauche man vielmehr wissenschaftlich entwickelte Tierschutzindikatoren. Für Masthühner gebe es beispielsweise schon solche Überwachungs- und Folgemaßnahmen. Wenn die mit dem Schlachttiertransport übermittelten Aufzeichnungen zu Mortalitätsraten im Masthuhnbestand oder die Ergebnisse der Fleischuntersuchung auf einen Verstoß gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen schließen lassen, teilt die zuständige Behörde dies dem Halter der Tiere sowie der für den Ort des Masthühnerbestandes für den Tierschutz zuständigen Behörde mit, damit die zur Beseitigung festgestellter tierschutzrechtlicher Verstöße notwendigen Anordnungen getroffen werden können, erklärt die Bundesregierung.
Grüne fordern mehr Statistik über Tierwohldaten
Die Grünen fordern unterdessen eine Erweiterung der nationalen Fleischhygienestatistikverordnung um tierwohlrelevante Daten, die die Amtsveterinäre erheben müssten. Das plant die Regierung jedoch nicht, da die geltende Rechtslage bereits heute die routinemäßige Erfassung und Verwendung tierschutzrelevanter Schlachthofbefunde durch die zuständigen Behörden der Länder ermöglicht.
„Amtliche Tierärzte führen an Schlachthöfen Inspektionen zum Wohlbefinden der Tiere durch. Diese Befunde müssen aufgezeichnet und bewertet werden. Eine Rückmeldung an die relevanten Stellen (Lebensmittelunternehmer, Herkunftsbetrieb, betreuender Tierarzt, zuständige Behörde) ist ausdrücklich vorgesehen“, heißt es weiter in der Antwort.
Ab 2020 trete zudem die neue EU-Kontrollverordnung in Kraft, mit der der EU die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte hinsichtlich der Anwendung von Tierschutzindikatoren übertragen wird. Tierschutzrelevante Aspekte, die auch für den Schutz der Verbraucher relevant sind, würden auch bereits von der Fleischuntersuchungsstatistik-Verordnung erfasst.
Befunddaten schon sehr detailliert, aber nicht voll aussagekräftig
Grundsätzlich fördere das Bundesagrarministerium aber weiter verschiedene Projekte zur Eignung von Schlachtbefunden als Tierschutzindikatoren, erklärt die Regierung weiter. Bislang seien schon die meisten der am Schlachthof amtlich erhobenen Befunde geeignet, Rückschlüsse auf die Tiergesundheit während der Haltung zu ziehen. So sollen sich zum Beispiel durch festgestellte Lungenveränderungen bei Schweinen oder Fußballenveränderungen bei Mastgeflügel Rückschlüsse auf tierschutzrelevante Erkrankungen ziehen lassen, weil sie zu Schmerzen und Leiden bei den Tieren geführt hätten.
Erkrankungen, die im Laufe der Haltung vorlagen, zum Zeitpunkt der Schlachtung aber ohne sichtbare Spuren, wie zum Beispiel Narben, verheilt sind, würden sich hingegen nicht mehr am Schlachtkörper nachweisen lassen.
Schlachtbefunde lassen laut der Regierung auch keine Aussagen über Beeinträchtigungen des Verhaltens während der Haltung zu, es sei denn, dass diese zu Technopathien geführt haben. So könnten Verletzungen und Schäden am Bewegungsapparat auf Beeinträchtigungen in der Fortbewegung und im Ruheverhalten aufgrund unzureichender Haltungsbedingungen hinweisen.
Keine Standards für Befunderhebungen vorhanden
Die größte Herausforderung für die Nutzung von Schlachtbefunden sei jedoch die Standardisierung ihrer Erhebung. Dazu schreibt das BMEL: „So unterscheiden sich beispielsweise die Häufigkeiten der Befunderhebungen nicht nur zwischen verschiedenen Schlachthöfen, sondern auch schichtbedingt innerhalb eines Schlachthofes. Selbst automatisiert erhobene Schlachtbefunde (zum Beispiel Fußballenentzündungen beim Mastgeflügel) werden nicht vergleichbar erhoben, da zum einen unterschiedliche Geräte bzw. Verfahren zum Einsatz kommen, zum anderen die Werte zur automatischen Grenzziehung zwischen den Befundnoten unterschiedlich eingestellt und nachjustiert werden können.“
Die Bundesregierung sicherte aber zu, im Rahmen eines ein Forschungsprojekts an einer Lösung des Problem zu arbeiten.