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„Schulen brauchen Kontakt zu den Landwirten“

Werner Schwarz kritisiert die fehlende landwirtschaftliche Praxis der Berufsschullehrer. Die Schulen sollten noch enger mit den Landwirten in der Region zusammenarbeiten, um aktuelle Themen aus der Praxis in den Unterricht zu bringen.

Lesezeit: 6 Minuten

Werner Schwarz kritisiert die fehlende landwirtschaftliche Praxis der Berufsschullehrer. Die Schulen sollten noch enger mit den Landwirten in der Region zusammenarbeiten, um aktuelle Themen aus der Praxis in den Unterricht zu bringen.


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In unserem Berufs- und Fachschulcheck kritisieren die Schüler oft den fehlenden Praxisbezug der Lehrer. Sollte für junge Lehrer beim Berufseinstieg eine gewisse Praxiszeit verpflichtend sein?


Schwarz: Die Schüler akzeptieren Lehrer mit praktischer Erfahrung in der Landwirtschaft deutlich besser als einen Schreibtischtäter. Wir Landwirte fordern seit jeher, dass angehende Berufs- und Fachschullehrer möglichst schon vor dem Studium in der Praxis gearbeitet haben müssen. Ideal wäre natürlich eine Ausbildung oder mindestens mehrmonatige Praktika.


Warum wird das nicht durchgesetzt?


Schwarz: Die Hochschulen legen selber fest, wie viel Praxis die Studenten mitbringen. Immerhin brauchen die angehenden Referendare an den Ministerien Praxisnachweise und auch einzelne Schulen verlangen von den angehenden Lehrern gewisse Praxiszeiten.


In Bayern machen die Bewerber für ein Referendariat vorher eine Aufnahmeprüfung. Hier wird auch praktisches Wissen abgefragt. Ist das auch für andere Bundesländer interessant?


Schwarz: Grundsätzlich ist eine solche Herangehensweise sicherlich überlegenswert. Es ist jedoch schwierig, bei angehenden Referendaren solches Wissen zuverlässig abzufragen und auch zu benoten. Dafür müssen die Ministerien kompetente und erfahrene Praktiker direkt mit einbinden.


In Rheinland-Pfalz arbeiten die Lehrer auch in der Beratung. Schafft das mehr Praxisbezug?


Schwarz: Die Kopplung von Beratung und Bildung haben die meisten Bundesländer abgeschafft, weil die Anforderungen an Berater und Lehrer immer anspruchsvoller werden. Auch die Landwirte selbst werden immer versierter und verlangen das auch von Beratern und Lehrern. „Eierlegende Wollmilchsäue“ entsprechen den steigenden Anforderungen nicht mehr voll.


Wären verpflichtende, praxisnahe Fortbildungen für den Lehrerberuf sinnvoll?


Schwarz: Aus berufsständischer Sicht würden wir das begrüßen. Diese Fortbildungen müssen aber weit gefasst sein. Denn in den verschiedenen Regionen ist die Landwirtschaft auch dementsprechend unterschiedlich. Wir Landwirte sind gerne bereit, uns mit Rat und Tat bei der Lehrerweiterbildung einzubringen. Darüber hinaus sollten wir auch bundesweit intensiver diskutieren, zum Beispiel in der Kultusministerkonferenz. Dort wünschen wir uns einen landwirtschaftlichen Ansprechpartner.


Viele Schulen stellen Quereinsteiger ein. Diese arbeiten ohne ein Referendariat nach dem Agrarstudium direkt als Lehrer. Welche persönlichen Fähigkeiten sollten sie für den Lehrerberuf mitbringen?


Schwarz: Wer nicht gerne mit jüngeren Menschen umgeht, wird im Schulunterricht nicht glücklich und schnell an Belastungsgrenzen stoßen. Gute Lehrer gehen auf Menschen zu, kommunizieren mit diesen und schlichten auch mal einen Streit. Immer öfter moderieren sie im Unterricht Gruppengespräche mit den Schülern. Es ist ihnen wichtig, die Erfahrungen und Meinungen der jungen Landwirte in den Unterricht mit einbeziehen. Aber: Neigung und Talent für diese kommunikativen und pädagogischen Anforderungen allein reichen dafür nicht. Die Schulen müssen sie dafür auch ausbilden – besonders die Quereinsteiger.


Wichtig ist es, den jungen Lehrern Zeit zu geben, sich in den Schulalltag zu integrieren. Wie gelingt das am besten?


Schwarz: Alle Schulen sollten sich eine eigene „Willkommenskultur“ schaffen. Dazu müssen sie die neuen Lehrer fachlich und persönlich gezielt aufnehmen. Das geht im Regelfall nur durch einen Ansprechpartner am jeweiligen Standort. Dieser begleitet die jungen Kollegen vor allem im Bereich der Lehrmethoden. „Einfach laufen lassen“ ist eine zweifelhafte Methode.


Was können die Schulen außerdem tun, um motivierte und fachlich gute Lehrer an sich zu binden?


Schwarz: Der Lehrerberuf muss auch finanziell attraktiv sein. Die Bundesländer sollten in den kommenden Jahren ihre tariflichen Rahmenbedingungen überdenken.


Aus Sicht vieler Schüler gibt es im Unterricht zu wenig aktuelle Themen. Müssen die Lehrpläne angepasst werden?


Schwarz: Die Lehrpläne für den Schulunterricht sind relativ offen und lassen den Lehrern viele Spielräume. Hier ist der einzelne Lehrer gefragt. Die angehenden Landwirte wollen aktuelle Probleme aus ihrem Umfeld diskutieren und lösen. Das Fachwissen dafür ziehen sie sich aus dem Internet. In der Schule sollten sie lernen, dieses Fachwissen gezielt zu suchen, zu bewerten und damit Herausforderungen selbstständig zu lösen.


Vor allem die Berufsschullehrer bemängeln, dass die Lehrpläne zu wenige Freiräume für Exkursionen lassen. Woran liegt das?


Schwarz: Der Besuch eines Betriebes vor Ort veranschaulicht den Unterricht und macht Themen greifbar. Aber Exkursionen kosten Geld und Zeit. Da sollten wir als Berufsstand in der Region auf die Schulen zugehen. Wir kennen die geeigneten Betriebe, auf denen die Schüler etwas lernen.


Muss der Berufsstand sich dafür noch stärker mit den Schulen vernetzen?


Schwarz: Im Bildungsbereich arbeiten verschiedene Gruppen zusammen, zu denen auch wir Landwirte gehören. Vor allem in den Bundesländern entstehen immer mehr Bildungsnetzwerke. Bei uns in Schleswig-Holstein haben viele Organisationen, z.B. die Landwirtschaftskammer oder der Landesbauernverband, ihren Sitz auf dem „Bildungscampus“. Das schafft kurze Wege und erleichtert die Kooperation.


Was halten Sie von Praktikerbeiräten an den Berufs- und Fachschulen? Verbessern diese die Qualität des Unterrichts?


Schwarz: Aus Sicht des Berufsstandes ist das eine sehr gute Idee. Bislang gibt es solche Diskussionsgremien nur in wenigen Bundesländern. Daran sollten die Schulen zukünftig stärker arbeiten. Viele Berufskollegen würden sich daran sicher gerne beteiligen.


Wie können sich die Betriebsleiter sonst noch in der Berufs- und Fachschulausbildung einbringen?


Schwarz: Die Landwirte können helfen, Exkursionen und Betriebsbesuche zu organisieren oder Projektthemen und Prüfungsaufgaben für Fortbildungsprüfungen bereitstellen. Auch bei der Lehrerbildung gibt es in einigen Bundesländern noch Lücken. Hier sollte sich der Berufsstand noch stärker einbringen.


Wie wichtig ist auch künftig die überbetriebliche Ausbildung im Agrarbereich (z.B. DEULA-Lehrgänge)?


Schwarz: Solche Lehrgänge bieten alle Bundesländer für die landwirtschaftlichen Auszubildenden an. Besonders in digitalen Zeiten und der fortschreitenden betrieblichen Spezialisierung wird die überbetriebliche Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich weiterhin eine hohe Bedeutung behalten.


Wer bezahlt diese Lehrgänge für die Auszubildenden?


Schwarz: Die überbetrieblichen Bildungsstätten des Agrarbereichs sind im Regelfall technisch und personell gut ausgestattet. Die Bundesländer unterscheiden sich aber darin, wer wie viel für die Kurse bezahlt. Einige Bundesländer fördern die Kurse komplett, in anderen müssen die Ausbilder alle Gebühren bezahlen. Das hängt von dem Budget der einzelnen Länder ab.


Ist der Berufsstand bereit, sich stärker finanziell für diese Einrichtungen zu engagieren, falls diese unter das Spardiktat der Finanzminister geraten sollten?


Schwarz: Wenn die Qualität der Lehrgänge stimmt und wenn die Auszubildenden viel aus diesen mitnehmen und das auch auf dem Betrieb anwenden, sind die Betriebsleiter auch bereit, die Kosten der Lehrgänge zu bezahlen.


Was ist prioritär, um die Qualität der schulischen Ausbildung zu verbessern?


Schwarz: Wir benötigen in vielen Regionen Lehrernachwuchs, denn es steht ein deutlicher Generationswechsel bevor. Wir müssen deshalb alles daransetzen, den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Das müssen wir in die Politik und die Verwaltung tragen. Wichtig ist es darüber hinaus, dass die Landwirte engen Kontakt zu den Lehrern der Berufs- und Fachschulen halten, um gemeinsam die Herausforderungen zu erkennen und an Lösungen zu arbeiten. An einer bestmöglichen Ausbildung unseres Nachwuchses sollten wir alle Interesse haben.


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