Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

News

Spiegel: Heutige Landwirtschaft ist „falsch, krank und hoch­gra­dig per­ver­tiert“

Heftige Anklage und schwere Vorwürfe gegen die Landwirtschaft sowie Landwirtschaftsminister Christian Schmidt richtet das Magazin „Der Spiegel“ in der aktuellen Ausgabe von dieser Woche. Der Minister ducke sich vor Lösungen weg und marschiere als Lobbyist weiter in Richtung Agrarindustrie.

Lesezeit: 6 Minuten

Heftige Anklage und schwere Vorwürfe gegen die Landwirtschaft sowie Landwirtschaftsminister Christian Schmidt richtet das  Magazin „Der Spiegel“ in der aktuellen Ausgabe von dieser Woche.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Der Minister ducke sich vor Lösungen weg und marschiere als Lobbyist weiter in Richtung Agrarindustrie. Aus Sicht des „Spiegel“ ist es ein un­be­streit­ba­rer Fakt, dass die Art, wie wir Land­wirt­schaf­t betreiben, die Ge­sund­heit, die Um­welt und das Kli­ma be­ein­flusse.


Beratend zur Seite standen dem Magazin vor allem Martin Hofstetter von Greenpeace sowie Tho­mas Schrö­der vom Deutschen Tierschutzbund. Dementsprechend negativ fällt die Bewertung der Arbeit des Ministers aus. Seine Pläne zur Stärkung bäuerlicher Betriebe und mehr Tierwohl seien nicht glaubwürdig. Zudem habe Schmidt in seiner Amtszeit fast nichts von den angekündigten Vorhaben umgesetzt. Auch an das staatliche Tierschutzlabel, das Schmidt auf der Grünen Woche vorstellen will, glaube demnach niemand mehr.


Landwirte führen sich auf, als gehöre ihnen der Acker


Der Minister sei wiederholt als „Lob­by­ist der Fleisch­in­dus­trie“ in Erscheinung getreten, kritisiert der „Spiegel“. Weiter heißt es: „Es ist ku­ri­os: Aus­ge­rech­net die hoch­sub­ven­tio­nier­te Land­wirt­schaft, die kaum zu Wert­schöp­fung und Be­schäf­ti­gung bei­trägt und um die sich so­gar ein ei­ge­nes Mi­nis­te­ri­um küm­mert, ent­wi­ckelt sich zum Teil des Pro­blems statt zum Teil der Lö­sung.“


Die Autorin des Beitrags, Michaela Schießl, rechnet vor, dass die Landwirtschaft jeden Bürger 106 Euro im Jahr koste. Daher wollten immer mehr von ih­nen „die Tier­hal­tungs­be­din­gun­gen, den Raub­bau an der Na­tur, die Zer­stö­rung von Grund und Bo­den nicht län­ger mit­fi­nan­zie­ren“.


Ob­wohl das Ge­halt der Bauern zu rund 40 Pro­zent aus den Di­rekt­zah­lun­gen und Zu­schüs­sen der EU und des deut­schen Staats be­stehe, füh­len sie sich laut Michaela Schießl wie „Her­ren über das Land“. „Sie ge­hen mit dem Grund und Bo­den um, als wäre er ihr pri­va­tes Aus­beu­tungs­ge­biet – und nicht die Nah­rungs­grund­la­ge für alle Men­schen so­wie die kom­men­der Ge­ne­ra­tio­nen“, schreibt sie weiter. Und wenn etwas schief gehe, wie etwa ein Unwetter oder eine Preiskrise, würden sie die Hand aufhalten. „Ihre An­sprü­che be­grün­den sie mit ih­rem Son­der­sta­tus als Volks­er­näh­rer. Jede Ein­mi­schung des Vol­kes aber wird em­pört ab­ge­lehnt – ob­wohl die Bür­ger nicht nur Kun­den, son­dern durch die Sub­ven­tio­nen auch Geld­ge­ber sind.“


„Bauern ist Blick für das Tier verloren gegangen“


Je­der Au­ßen­ste­hen­de, der es auf ei­nem Bau­ern­ver­bands­tag wagt, Din­ge wie die Tier­hal­tung zu pro­ble­ma­ti­sie­ren, werde gna­den­los nie­der­ge­macht. „Vie­len Tier­hal­tern scheint in der durchöko­no­mi­sier­ten Fleisch­pro­duk­ti­on die Em­pa­thie für die Krea­tur ver­lo­ren ge­gan­gen zu sein. Dass die meis­ten Tie­re in nicht art­ge­rech­te Hal­tungs­sys­te­me ge­steckt wer­den, dass sie statt Erde nur Be­ton un­ter den Hu­fen spü­ren und nie Son­nen­licht se­hen, dass sie sich kaum be­we­gen kön­nen und nichts von dem aus­le­ben, was ih­nen an­ge­bo­ren ist, und dass sie ihr kur­zes Le­ben lang krank sind, er­scheint in der Lo­gik der Züch­ter und Mäs­ter ganz und gar schlüs­sig“, so Schießl weiter.


Im Folgenden wirft sie den Bauern vor, mit dem Enthornen, Kastrieren und Schwänzekürzen gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen. Das würden also Tierhalter unter Tierschutz verstehen. Die heimlich gedrehten Videos aus Ställen von Bauernfunktionären würden dagegen die Wahrheit ans Licht fördern, glaubt sie. Aus diesem Grund habe bereits der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung festgestellt, dass die heutige Tierhaltung nicht mehr zu­kunfts­fä­hig sei, schreibt sie im Spiegel weiter.


Bei anderen Themen wie Gülledüngung, Antibiotikabehandlung, Vernichtung der Artenvielfalt (Stichwort Feldhamster, Singvögel), Hochleistungssorten und –tieren, Pestizideinsatz, Monokulturen, Kli­ma­er­wär­mung, Humusverlust etc. sieht es nach Ansicht des „Spiegel“ nicht besser aus.


Die Spiegel-Autorin kommt daher angesichts der „ver­hee­ren­den Fol­gen, die die in­dus­tri­el­le Land­wirt­schaft nach sich zieht“, zu dem Schluss, dass das ge­sam­te Sys­tem „falsch, krank und hoch­gra­dig per­ver­tiert“ sei. „Die Krö­nung des Wahn­sinns aber ist, dass vie­le Bau­ern trotz der Öko­no­mi­sie­rung ih­res Be­rufs kaum noch von ih­rer Ar­beit le­ben kön­nen.“


Als Lösung empfiehlt sie die Green­peace-Studie für das Land­wirt­schafts­mo­dell 2050 sowie die Neu­aus­rich­tung der ge­mein­sa­men eu­ro­päi­schen Agrar­po­li­tik nach den Vorgaben von Rein­hild Ben­ning und To­bi­as Rei­chert von Ger­man­watch, der am kom­men­den Don­ners­tag in Ber­lin vor­ge­stellt wird. Ebenfalls wegweisend seien die Anklagen des Bund für Um­welt und Na­tur­schutz (BUND), der Hein­rich-Böll-Stif­tung und Ox­fam in ihrem „Konzernatlas“.  Darin schreibe BUND-Vorstand Hubert Weiger, dass die Bi­lanz der deut­schen Agrar­po­li­tik der zu­rück­lie­gen­den Jah­re ver­hee­rend sei. Auch er ist sicher: Der Land­wirt­schafts­mi­nis­ter habe es nicht ge­schafft, sich ge­gen die Lob­by der Agrar­che­mie- und Fut­ter­mit­tel­in­dus­trie durch­zu­set­zen.


Bauernverband SH: „Bauern sind also Ausbeuter ohne Empathie?“


Entsetzt reagiert der Bauernverband Schleswig-Holstein auf den Artikel. Ihm fällt direkt auf, dass der Tierschutzbund, Greenpeace, Germanwatch, BUND, Heinrich-Böll-Stiftung und Oxfam als „Kronzeugen“ auftreten. Abgesehen von diesen einseitigen Quellen sei es zudem bedauerlich, dass der Spiegel in keinster Weise die Kosteneffekte berücksichtigt habe. Auch bleibe die Frage offen, wie die vorgeschlagenen Alternativen funktionieren sollen.


„Ohne zu zögern, wahllos und großzügig schlägt der Spiegel auf uns Bauern ein. In der durchökonomisierten Medienwelt scheint das noch immer ein Kassenschlager zu sein“, so Sönke Hauschild in einem Facebookeintrag.


Michaela Schießl war auch Autorin dieses umstrittenen Artikels im Spiegel:

 

 

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.