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Tierwohl: Branche weiter als die Politik

Die Agrarwirtschaft fordert von der Politik mehr Mut beim Vorantreiben von Tierwohlinitiativen. Sie vermisst vor allem die nötige Rechtssicherheit für den Bau von Tierwohlställen. Die Landwirtschaft dürfe nicht auf dem Risiko sitzen bleiben.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Agrarwirtschaft fordert von der Politik mehr Mut beim Vorantreiben von Tierwohlinitiativen. Sie vermisst vor allem die nötige Rechtssicherheit für den Bau von Tierwohlställen. Die Landwirtschaft dürfe nicht auf dem Risiko sitzen bleiben.


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Der Vorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland (AEF), Uwe Barthels, hat Union und SPD zu mehr Mut in der Nutztierhaltungspolitik aufgefordert. „Die Unternehmen sind in Sachen Tierwohl vielfach weiter als die Politik“, sagte Barthels vor Journalisten in Berlin. Die Moderne Agrarwirtschaft brauche die Akzeptanz der Bevölkerung. Es bestehe allerdings die Gefahr, dass die „Lizenz zum Produzieren“ weniger werde, gab Barthels zu bedenken. Er warb für mehr Offenheit. Wollten Politik und Gesellschaft die Veränderungen in der Tierhaltung beschleunigen und keinen Strukturwandel provozieren, werde aber wesentlich mehr Geld benötigt. Die bisher genannten Summen sind aus Sicht von Barthels viel zu niedrig. „Wir brauchen zwei bis vier Milliarden Euro des Staates, um das flächendeckend hin zu bekommen“, sagte er.


Groko will 1,5 Mrd. € in die Hand nehmen


Bei den Sondierungen für eine neue Groko in Berlin haben Union und SPD eine nationale Nutztierstrategie und den mehrstufigen Ausbau eines staatlichen Tierwohllabels versprochen. Für die Landwirtschaft und für den Ländlichen Raum soll es zusätzlich zum bisherigen Agrarhaushalt 1,5 Mrd. € geben, schrieben sie in ihr Sondierungspapier. Allerdings gilt die Summe für die gesamten vier Jahre bis 2021. Sie soll zum Teil in die Förderung des Umbaus der Tierhaltung fließen, allerdings konkurrieren auch die Ackerbaustrategie und die Förderung der Daseinsvorsorge im Ländlichen Raum um das Geld.


Größtes Hindernis sind Bau- und Immissionsrecht


Als größtes Hindernis für einen Umbau der Tierhaltung macht Barthels derzeit die Rechtsunsicherheit für die Landwirte beim Stallbau aus. Vor allem die Hindernisse im Baurecht, beim Immissionsschutz und bei der TA-Luft hielten viele Landwirte vor Investitionen ab. Diese müssten dringend an die Erfordernisse für Tierwohlställe angepasst werden. „Wir brauchen eine klare Aussage der Politik, wie der Stall der Zukunft aussieht“, sagte Barthels. Er regte zur Lösung der Zielkonflikte zwischen Tierwohl und Immissionsschutz eine interministerielle Zusammenarbeit auf Bundesebene an.


Agrarökonom fordert vom BMEL mehr Tempo


Enttäuscht, dass sich seit dem Vorlegen des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik zur Nutztierhaltung im Jahr 2015 so wenig getan hat, zeigte sich der Berliner Agrarökonom und Vorsitzender des Beirates, Professor Harald Grethe. Damals hatte der Beirat eine Summe von drei bis fünf Mrd. € pro Jahr ausgerechnet, die nötig seien, um den Umbau der Tierhaltung voran zu treiben. „Heute machen wir, was das anbelangt, beinahe nichts“, resümierte Grethe. Er würde sich vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) wünschen, dass es proaktiver das Thema Tierwohl vorantreiben würde, so Grethe. „Es reicht nicht nur Nischen zu entwickeln, damit kommt der Sektor nicht aus der Defensive heraus", sagte er. In der Nutztierhaltung gehe es jetzt darum, den Mindeststandard anzuheben. „Wir müssen Zahlungsströme schaffen, um das hohe Niveau der Tierhaltung zu honorieren“, sagte er. Aus seiner Sicht seien ein staatliches Tierwohllabel und eine Förderung für Stallumbauten, die Initiative Tierwohl (ITW) sowie ein schärferes Ordnungsrecht gleichzeitig nötig.


Tierwohl Finanzierung über die GAP oder über eine Fleischsteuer


Grethe ließ keinen Zweifel daran, dass er das Geld für den Umbau der Tierhaltung aus der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) nehmen will. „Eine Politik, die sich nicht an öffentlichen Leistungen orientiert, ist eine Politik von gestern“, sagte er. Sollte der große Wurf auf EU-Ebene nicht gelingen, forderte Grethe zumindest auf nationaler Ebene die Direktzahlungen zu kürzen und das freiwerdende Geld für Tierwohlmaßnahmen zu verwenden. Die Finanzierung von mehr Tierwohl sieht Barthels vom AEF hingegen anders. „Ich sehe keine Chance, dass aus der GAP mehr Geld zu holen ist“, sagte er. Deshalb brauche es eine neue Einnahmequelle. Er sei daher mittlerweile dafür, eine Fleischsteuer auf jedes verkaufte kg Fleisch zu erheben und von dem Erlös den Umbau zu finanzieren. Die Maßnahme hätte den Vorteil, dass die Abgabe auch auf importiertes Fleisch erhoben würde und es so keine Marktverzerrungen gäbe. „Ich sehe keinen anderen Weg, die Politik muss den Mut haben, zu sagen, was sie will“, so Barthels. Dem stimmt auch Grethe zu. Er hält die Fleischsteuer auch klimapolitisch für „wünschenswert“. „Wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen wollen, müssen wir mit den Mengen an Fleisch herunter“, sagte Grethe.


Haltungskennzeichnung noch rechtlich schwierig


Nach Einschätzung von Grethe könnte der Rechtsrahmen für die Einführung des staatlichen Tierwohllabels innerhalb von einem halben Jahr auf den Weg gebracht sein. Bis es dann entsprechende Ware auf dem Markt gebe, würde es etwa ein Jahr dauern. Eine Weiterentwicklung des Tierwohllabels zu einer verpflichtenden Haltungskennzeichnung bezeichnete Grethe als wünschenswert, warnte aber davor, die verpflichtende Haltungskennzeichnung mit zu viel Eile und einem Schnellschuss zu „verbrennen“. Er schätzte die EU-rechtlichen Hürden und vor allem die Hürden, die die WTO für eine solche Kennzeichnung einziehen, für sehr schwierig und komplex zu lösen ein.

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