Durch die hohe Volatilität der Erzeugerpreise, die Zunahme von Extremwetterereignissen und den steigenden Investitionsbedarf durch zunehmende Anforderungen an die Produktion kommt der Liquiditäts- und Finanzplanung eine immer größere Bedeutung zu. Darüber hinaus gehört die Branche, die sich durch eine hohe Innovationsbereitschaft auszeichnet, zu den kapitalintensivsten überhaupt. Das sagte Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd (BWV), kürzlich bei der Agrarfinanztagung des Verbandes in Wartenberg-Rohrbach.
Seiner Meinung nach ist die Umsetzung von großen Investitionen in kleinen Strukturen allerdings schwierig. Vor diesem Hintergrund müssten die staatlichen Förderprogramme ausgeweitet werden. Hartelt warb zudem für Kooperationsmodelle, damit alle Betriebe einerseits vom technischen Fortschritt profitieren und anderseits neue gesetzliche Auflagen erfüllen können.
Aus Sicht von Dr. Klaus Hollenberg, Abteilungsleiter Agribusiness der Landwirtschaftlichen Rentenbank, sind die Agrarbetriebe und ihre Unternehmer gut aufgestellt. Er registriere aber große Unsicherheiten, welche die Planungen der Betriebe erschweren würden. Preisschwankungen müssten stärker bei Investitionen berücksichtigt werden. Hollenberg bleibt aber überzeugt, dass die Marktliberalisierung der vergangenen Jahre weiterhin große Chancen biete. Agrarprodukte aus Deutschland seien auch zukünftig nicht nur in der Heimat, sondern weltweit auf Grund ihrer hohen Qualität gefragt. Landwirte und Winzer blieben damit, trotz aller Herausforderungen, eine attraktive Kundengruppe für die Banken.
Andrea Adams, Hauptgeschäftsführerin des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V., stellte den Tagungsteilnehmern die Grundzüge der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU vor. Die nächste Reform des Regelwerks stehe bevor und werde derzeit intensiv diskutiert. Nach Veröffentlichung des Mehrjährigen Finanzrahmens der EU Anfang Mai sei sicher, dass dem Agrarsektor weniger Geld zur Verfügung stehen werde.
Allerdings seien die finalen Auswirkungen für die Betriebe in Rheinland-Pfalz noch nicht zu beziffern, da noch viele Dinge ungeklärt seien. Dies gelte auch für die Vorschläge zur Umgestaltung der Förderungsvoraussetzungen in der 1. und 2. Säule der GAP. Für eine Bewertung müssten die konkreten Verordnungsvorschläge der EU-Kommission Ende Mai abgewartet werden.
Zu befürchten sei aber, dass es trotz wiederholter Ankündigung nicht zu einem Bürokratieabbau komme. Im Gegenteil, die Programme würden seit Jahren immer komplexer und führten zu einem hohen Sanktionsrisiko für die Betriebe.
Zum Abschluss der Tagung referierte Christoph Bai von der BWV Agrarservice und Management GmbH über die Besonderheiten bei der Bewertung von Investitionsvorhaben landwirtschaftlicher Unternehmen. Dabei sollte nicht nur das Rating der Banken entscheidend sein, dass sich derzeit zunehmend auf die Kapitaldienstfähigkeit der Betriebe fokussiere. Vielmehr müssten darüber hinaus die individuellen Perspektiven und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens berücksichtigt werden. Aber auch die Analyse der Investitionsgründe und des persönlichen Umfeldes sei ein wichtiger Baustein der Entscheidungsfindung.
Referenten und Bankenvertreter waren sich einig, dass der Investitionsbedarf in der Landwirtschaft weiterhin hoch bleiben werde. Darüber hinaus entwickle sich die Liquiditätsplanung aufgrund von volatilen Märkten und andere Unsicherheiten immer mehr zu einem Erfolgsfaktor für die Betriebe. Vor diesem Hintergrund sei ein guter Kontakt zwischen Banken und Berufsstand erforderlich und eine weitere Auflage der Tagung absolut wünschenswert.