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Wasser ohne Ende: Die Hochwasser-Zusammenfassung

Überflutete Felder und Höfe, zerstörte Wirtschaftsgebäude und vernichtete Ernten – viele Landwirte, vor allem im Süden, Osten und der Mitte Deutschlands, kämpfen noch mit den Folgen des Hochwassers. Nach ersten Schätzungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums standen Anfang Juni rund 335.000 ha LN unter Wasser.

Lesezeit: 6 Minuten

Überflutete Felder und Höfe, zerstörte Wirtschaftsgebäude und vernichtete Ernten – viele Landwirte, vor allem im Süden, Osten und der Mitte Deutschlands, kämpfen noch mit den Folgen des Hochwassers.


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Nach Schätzungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums standen Anfang Juni rund 335 000 ha LN unter Wasser. Der Schaden soll bei mindestens 321 Mio. Euro liegen. Das erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner Anfang Juni. Inklusive der Gebäudeschäden und Verluste in der Tierhaltung könne der Gesamtschaden sogar 400 Mio. Euro übersteigen, so der Deutsche Bauernverband.


Nasser Mai


Besonders betroffen sind Bayern, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Niedersachsen. Teilweise regnete es dort im Mai bis zu dreimal so viel wie im 30-jährigen Mittel. Hinzu kamen die gewaltigen Wassermassen, die Donau und Elbe samt ihrer Nebenflüsse aus Tschechien und Österreich zu uns brachten.


Insgesamt 18 000 Betriebe sind nach Schätzungen des Bauernverbandes vom Hochwasser und seinen Folgen betroffen. Am stärksten die, bei denen das Wasser bis in die Ställe, Güllekeller und Futtersilos gelaufen ist. Mindestens 800 Betriebe haben im wahrsten Sinne des Wortes „Land unter“ gemeldet. In Einzelfällen waren sogar dramatische Rettungsaktionen notwendig. Wie bei Johannes Hertema aus Wettin bei Halle. Sein Betrieb wurde von der Saale völlig eingeschlossen. 600 Kühe, Bullen und Kälber standen buchstäblich im Wasser. Erst nach drei Tagen konnten die Tiere wieder gefüttert werden.


Gemolken wurden die Kühe im Freien mit einer mit Notstrom betriebenen Kannenmelkanlage und per Hand. Feuerwehrleute hielten die Kühe beim Melken fest.


„Wie die Tiere das alles verkraftet haben, kann ich nicht sagen. Die Euter hingen viel zu lange im Wasser, das erheblich mit Bakterien belastet ist“, sagte der Landwirt dem „heute journal“. Im Extremfall muss er einen Teil der Tiere schlachten lassen. Aber auch die Betriebe, die es rechtzeitig geschafft haben, ihre Tiere zu evakuieren, standen vor der Frage: Wohin mit den Tieren? Schließlich hat kein Nachbar freie Flächen und leere Ställe. Ohne Improvisation und Solidarität hätte es in vielen Fällen nicht funktioniert. Aber damit sind diese Betriebe noch lange nicht über den Berg. Die Ställe müssen wieder instand gesetzt und ggf. auch die Futtervorräte ersetzt werden.


Die starken Regenfälle und Überflutungen haben bislang vor allem Mais, Getreide, Rüben, Spargel und Erdbeeren geschädigt. Totalausfälle gibt es aber auch auf Grünland, da in den allermeisten Fällen der erste Schnitt noch nicht im Silo lag. Erfahrungen mit dem sogenannten Jahrhunderthochwasser im Jahr 2002 zeigen, dass es bei überschwemmten Wiesen bis zu fünf Jahre dauern kann, bis sie sich wieder vollständig erholen.


Dort, wo das Wasser abfließt, setzt sich eine Schicht aus Treibsand mit Steinen, Schutt und Schwemmgut fest. An eine Ernte ist auf den meisten betroffenen Flächen nicht mehr zu denken. Viele Pflanzen sind erstickt, nachdem sie tagelang unter Wasser gestanden haben. Zudem setzt vor allem bei Kulturen mit unterirdischen Ertragsorganen, wie Rüben und Kartoffeln, schnell Fäulnis ein.


Schadstoffe im Wasser


Fast noch schlimmer ist die Kontamination mit Schadstoffen. Besonders in der Nähe von Siedlungen kann das Hochwasser mit Heizöl aus überfluteten Tanks, Giftstoffen von Industriebetrieben und vollgelaufenen Kläranlagen vermischt sein. Selbst wenn die Bestände das Hochwasser überlebt haben, könnte das die Vermarktung der späteren Ernte erschweren oder gar unmöglich machen.


Nach Abzug des Wassers werden die Böden Wochen benötigen, bis sie einigermaßen abgetrocknet und wieder befahrbar sind. Dann müssen die Reste der vernichteten Bestände eingearbeitet oder abgefahren werden. Auf vielen Flächen wuchert zudem das Unkraut.


Wie betroffene Flächen am besten wieder neu bestellt werden, ist derzeit schwer abzuschätzen. Das hängt vor allem davon ab, wann das Wasser wieder vollständig abgezogen ist, wie viel Schlamm und „Dreck“ sich darauf abgesetzt hat, wie die Folgewitterung ist und wie schwer die Böden sind. Zunächst müssen also erst die Befahrbarkeit und die Bestellbedingungen wieder gegeben sein. Das kann zunächst auch nur auf einem Teil der Flächen der Fall sein.


Angesichts der vorangeschrittenen Jahreszeit kann es z. B. sinnvoll sein, vor der Aussaat der nächsten regulären Winterung die Zeit für einen Zwischenfruchtanbau zu nutzen, empfiehlt Pflanzenbau-Expertin Dr. Ute Kropf, FH Kiel. Die Zwischenfrucht hilft, Wasser aus dem Boden zu holen. Wegen ihrer starken Biomassebildung zieht sie pro 10 cm Pflanzenaufwuchs 10 mm Wasser aus dem Boden. Die Wahl einer geeigneten Zwischenfrucht sollte sich nach der Fruchtfolge, dem Boden und den gewünschten Effekten richten. Auf jeden Fall wirkt sich der Anbau positiv auf die Bodenstruktur aus, da die Wurzeln den zugeschwemmten Boden auflockern. Eventuell muss die Zwischenfrucht auch über Winter stehen bleiben und eine Sommerung angebaut werden.


Auf schweren Böden kann es sogar vernünftiger sein, erst einmal gar nichts zu machen und die Flächen mit einer Winterung oder im ungünstigen Fall erst im Frühjahr wieder zu bestellen.


Wer Maisbestände verloren hat, kann im günstigen Fall noch Sommergetreide für die Nutzung als GPS in Biogasanlagen anbauen. Mehr dazu lesen Sie in der der aktuellen top agrar-Ausgabe ab Seite 68. Überlebensfähige Rübenbestände, die auf verkrusteten, verdichteten Böden stehen, sollten gehackt werden, damit wieder Luft in den Boden kommt.


Soforthilfen angelaufen


Bund und Länder haben reagiert und erste Soforthilfen für die Instandsetzung der technischen Anlagen auf überfluteten Betrieben sowie für die Ernteausfälle und die drohenden Futterengpässe auf den Weg gebracht. Im Einzelnen:

  • Die Bundesregierung hat 100 Mio. Euro für kurzfristige Soforthilfen zugesagt. Die Bundesmittel sollen im Rahmen der mit den Ländern kofinanzierten Maßnahmen bereitgestellt werden. Geplant ist laut Landwirtschaftsminsterium zudem eine Entlastung bei den Beiträgen zur Landwirtschaftlichen Sozialversicherung.
  • Die Landwirtschaftliche Rentenbank bietet seit Anfang Juni Förderdarlehen zu besonders günstigen Konditionen an. Je nach Laufzeit und Kredittyp liegt der effektive Zinssatz der Darlehen in der günstigsten Preisklasse (A) zurzeit bei 1,00 % bis 2,47 %. Für Kreditanfragen hat die Rentenbank eine Service-Nummer (Tel.: 0 69/21 07-7 00) eingerichtet.
  • Der Freistaat Bayern unterstützt jeden hochwassergeschädigten landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Sofortgeld von bis zu 5 000 Euro, das der Landwirt bei den Gemeinden beantragen kann. Für Aufwuchs- und Ernteschäden erhalten die Landwirte einen Zuschuss von bis zu 50 % des Ertrags- bzw. Futterverlustes, maximal jedoch 50 000 Euro. In bestimmten Härtefällen lässt sich der Zuschuss auf 100 000 Euro erhöhen. Außerdem soll es steuerliche und förderrechtliche Erleichterungen geben.
  • Auch Sachsen hat ein Soforthilfeprogramm aufgelegt. Aber nur 1500 Euro pro geschädigtem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen.
  • Thüringen will die Bundeshilfen 1:1 mit Landesmitteln aufstocken.
Die bislang zugesagten Mittel dürften bei Weitem nicht reichen. Deshalb forderte DBV-Präsident Rukwied bereits einen Krisenfonds, in dem auch Maßnahmen für die Landwirtschaft enthalten sind. Alle Ebenen müssten sich beteiligen – Brüssel, Berlin und die Länder, so Rukwied.


Innerhalb des Berufsstandes ist die Solidarität groß. Nachbarn helfen, so gut es geht. Für diejenigen, die zu weit weg sind, hat der DBV ein Spendenkonto eingerichtet. (ad)


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