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Werner Schwarz: Entwaffnende Kampagnen!

Vor drei Jahren hat der Schleswig-Holsteiner Bauernpräsident Werner Schwarz eine Webcam im Sauenstall installiert. Moderne Tierhaltung sichtbar zu machen, war sein Motiv. Wie Schwarz auf dem Soester Agrarforum am 8. Januar weiter berichtete, ist die Webcam immer noch aktiv und wird genutzt.

Lesezeit: 6 Minuten

Vor drei Jahren hat der Schleswig-Holsteiner Bauernpräsident Werner Schwarz eine Webcam im Sauenstall installiert. Moderne Tierhaltung sichtbar zu machen, war sein Motiv. Wie Schwarz auf dem Soester Agrarforum am 8. Januar in der Stadthalle weiter berichtete, ist die Webcam immer noch aktiv und wird genutzt.

 

„Nach Abflauen des Medienhypes damals und der unfassbaren Kommentare in den sozialen Medien diskutieren wir heute die Grenze zwischen Mensch und Tier neu. Und die Gesellschaft redet mit! Unsere Nutztierhaltung ist ein öffentlicher Diskussionsgegenstand und keine Angelegenheit der Tierhalter alleine“, so der Landwirt.



Die Diskussion wird seinen Erfahrungen nach von Kampfbegriffen beherrscht. „Ein ganzer Berufszweig, dessen Erzeugnisse tägliche Verwendung finden, wird verdächtigt, chronisch an der Grenze des Legalen zu arbeiten. Zugleich schaffen es Alternativen wie die ökologische Erzeugung nicht, die Nische zu verlassen. Schweinefleisch wird zu unter einem Prozent ökologisch erzeugt, geht aber zu 70 Prozent als Sonderangebot über den Tresen.“

 

Schwarz verdeutlichte in seiner Rede an der Soester Agrarfakultät, dass potenzielle Hofnachfolger deutlicher als in der Vergangenheit abwägen, ob die Begeisterung für Landwirtschaft noch über Jahrzehnte trägt. „Ich kann ihnen heute sagen, dass unsere Landwirtschaft so gut ist wie vielleicht nie zuvor und dass sie weltweit ihresgleichen sucht. Sie werden mir das glauben, denn Sie kennen die Fakten. Aber erzählen Sie dies einmal einem Journalisten, einem Tier- oder Umweltschützer. Oder einem ganz normalen, mit dem Thema nicht befassten Bürger. Dort sieht man sie ungläubig, gar argwöhnisch an.“



In den letzten Jahren habe sich die moderne Landwirtschaft als ein neues Betätigungsfeld vieler gesellschaftlicher Gruppen erwiesen, sehr zur Verwunderung der Bauern. Es sei der Fluch der guten Tat. „Wir haben eine hohe Ernährungssicherheit hergestellt. Diese Sicherheit führt nun paradoxerweise dazu, dass man die Lebensmittelerzeuger in Frage stellt.“

 

Dass die Bauern dem etwas entgegensetzen müssen, steht laut dem Bauernpräsidenten außer Frage.  

Zu lange hätte sich der Berufsstand einfach still verhalten. Denn am Ende jedes vermeintlichen oder echten Skandals stünden weitere Gesetze, Kontrollen und Kosten. „Und wie diese Kosten uns an den Rand der wirtschaftlichen Existenz führen, zeigt die gegenwärtige Marktkrise. Es ist am Ende nicht nur eine Preis-, sondern auch eine Kostenkrise, die politisch befeuert wurde und wird. Wir müssen einsehen, dass wir eine gesellschaftliche Akzeptanz benötigen. Jeder Stallneubau beweist uns das aufs Neue. Dazu müssen wir kampagnenfähig werden.“



„Negative Campaigning“ – Schmutzkampagne, nennt man eine öffentliche Darstellung, bei der versucht wird, den Gegner in ein schlechtes Licht zu rücken, um das eigene Ansehen zu befördern. Negative Campaigning ersetzt die sachliche Argumentation durch die persönliche Auseinandersetzung. Auf dieser Ebene lässt sich trefflich moralisch argumentieren. Auch medial ist eine persönliche Zuspitzung besser vermarktbar. „Der Kopf ist die Botschaft“, so Schwarz. In Soest erklärte er weiter:



„Genau das geschieht derzeit mit uns. Was setzen wir dem Negative Campaigning entgegen? Wir plädieren für ein „Disarming Campaigning“, entwaffnende Kampagnen. Wir sprechen von den vier Säulen unserer Öffentlichkeitsarbeit: Glaubwürdigkeit, Transparenz, Echtheit und Ehrlichkeit. Offenheit ist entwaffnend, Ehrlichkeit erst recht. Rüsten wir also ab, wo man auf negative Stimmungsmache gegen uns setzt. Gehen wir ehrlich mit der Gesellschaft um! Nehmen wir den Bürger auf unserem Weg mit.



1. Die Webcam in meinem Sauenstall mag Ihnen zeigen, wie wir entwaffnende Kampagnen meinen. Unerwartet ehrliche, echte Bilder schockten die Medien, NGOs und auch manchen Bürger. Aber sie zeigten auch eine große Bereitschaft zur Transparenz und Diskussionsbereitschaft. Dies wiederum stärkt die Glaubwürdigkeit. Und die Bilder aus dem Sauenstall zerstörten ganz nebenbei das bis dato bestehende Bildermonopol der Tierhaltungsgegner.



2. Die Berliner Demonstration der Bauern „Wir machen Euch satt“ am 16. Januar zeigt, dass wir inzwischen in der Breite kampagnefähig werden. Kämpferisch aber nicht aggressiv. Wir bieten an: „Redet mit uns, nicht über uns.“ Das entwaffnet! Und es stellt die Allianz derjenigen, die sich nur im Feindbild konventionelle Landwirtschaft einig sind, auf eine echte Probe!



Doch es geht nicht allein darum, zu erklären, was wir wie und warum machen. Es gibt Schwachstellen in unserer heutigen Landwirtschaft und zur Strategie der Entwaffnung zählt auch, dass wir dieses zugeben und daran arbeiten.

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  • Was ist mit dem Schlachten tragender Kühe?
  • Wie gehen wir mit männlichen Kälbern der Milchleistungsrassen oder den männlichen Küken der Legerassen um?
  • Wie können wir die Eingriffe am Tier verringern?.
  • Wie rechtfertigen wir den Einsatz von Glyphosat als Ernteabreife?
  • Wie gehen wir mit der N-Belastung im Grundwasser in manchen Regionen um?


Dies sind nur einige Beispiele. Aber wir müssen da ran. Denn es sind Fragen, die unsere Mitbürger beschäftigen. Es heißt nicht, dass wir bei all diesen Themen der öffentlichen -, manchmal auch nur der veröffentlichten - Meinung folgen. Aber wir müssen eine begründete Meinung dazu haben!



Wir werden keinem Bürger vorwerfen, dass er die Komplexität unserer heutigen Landwirtschaft nicht versteht und zu einfachen Erklärungsmustern greift - ökologische Tierhaltung ist gut, konventionelle verwerflich. Auch dass er trotzdem die günstigsten Produkte kauft, machen wir niemandem zum Vorwurf. Wir machen ihm lieber Angebote, zu denen er nicht Nein sagen kann.



Die Initiative Tierwohl ist so eine Zusage. Das System ist weltweit einmalig und vor allem angestoßen vom Tierschutz. Ich bin vor dem Hintergrund des Gesagten überglücklich, dass die Schweinehalter das System regelrecht überrannt haben. Vereinbarungen

- zum Verzicht auf das Schwänzekupieren,

- zu tragenden Schlachtkühen und

- zur Enthornung

sind ebensolche Angebote an den Bürger.



Auf Bundesebene hat der Bauernverband im November ein entsprechendes Positionspapier verabschiedet. Zu unserem Leitbild gehören die Verantwortung gegenüber Markt, Gesellschaft und Verbrauchern sowie die Bereitschaft zu Veränderung. Der Bauernverband diskutiert hier intensiv.



Ich höre häufig den Vorwurf, unserer Art der Landwirtschaft sei nicht zukunftsfähig. Dann entgegne ich: Sie haben Recht! Genau das ist nämlich der Grund, warum wir kontinuierlich investieren, in Zucht und Haltung, in Knowhow und Technik. Die Botschaft lautet: Wir entwickeln uns, aber gebt uns die Zeit dazu. Anpassung kostet Zeit und es kostet Geld, das im Moment nicht da ist. Wir müssen uns an der Diskussion beteiligen und klar machen,

- dass wir Marktlösungen bevorzugen,

- dass höhere Auflagen Geld kosten und den Strukturwandel befördern,

- dass es kein Recht auf billige Lebensmittel gibt.



Es gibt einen Platz für die heimische Landwirtschaft in der Gesellschaft. Sie ist ein Kompromiss und wird es bleiben. Aber es ist ein Kompromiss, in den viele wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wohle der Tiere, des Bodens, des Wassers und nicht zuletzt des Menschen, auch des Tierhalters, einfließen. Nur mit einem breiten Konsens zwischen Landwirten, Verbrauchern und der Politik kann es uns gelingen, eine von der Gesellschaft getragene Landwirtschaft zu sichern. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, einen gangbaren Kompromiss zu finden, der allen dient. Machen wir weiter, gewinnen wir die Bürger. Dazu brauchen wir die Mitarbeit möglichst vieler Landwirte."

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