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Wie groß dürfen Biobetriebe werden? AbL wirft Bioland „Verrat“ vor

Die AbL wirft Bioland vor, sich für die Agrarindustrie zu öffnen. So prangerte der AbL-Vorsitzende von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Michael Grolm, in der taz an, das z.B. ein Betrieb wie die Agrofarm Eichigt in Sachsen mit rund 4.000 ha und 1.400 Kühen Mitglied des größten deutschen Bioverbandes sein dürfe.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) wirft Bioland vor, sich für die Agrarindustrie zu öffnen. So prangerte der AbL-Vorsitzende von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Michael Grolm, in der Tageszeitung taz an, dass z.B. ein Betrieb wie die Agrofarm Eichigt in Sachsen mit rund 4.000 ha und 1.400 Kühen Mitglied des größten deutschen Bioverbandes sein dürfe. „Das ist Verrat am Bioland-Prinzip, sich für den Erhalt bäuerlicher Landwirtschaft einzusetzen“, so Grolm.


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Die Agrofarm gehört laut Grolm mehrheitlich Deutschlands größtem Biofachhändler, dennree, der auch die Supermarktkette denn’s betreibt. Für ihn ist auch klar, dass der dennree-Betrieb wegen seiner Größenvorteile letztlich Biolandprodukte billiger produzieren kann. „Das führt bei den anderen, bäuerlichen Betrieben dazu, dass sie rationalisieren müssen – oder dass sie auf­geben“, sagt Grolm. Diese Kostenvorteile würden noch dadurch verstärkt, dass Bioland die Mitgliedsbeiträge gedeckelt hat: „Auch ein 4.000-Hektar-Betrieb zahlt maximal 8.900 Euro Beitrag, während ein 50-Hektar Familienbetrieb zum Beispiel 1.000 Euro berappen muss.“


Auch Regionalität kommt für Grolm bei Bioland mittlerweile zu kurz. Er findet es skandalös, dass manche Bioland-Bauern mit dem Segen der Verbandsspitze Futtermittel aus Osteuropa kaufen – obwohl der Satzung zufolge nur Bauern in Deutschland und Südtirol Mitglied werden dürfen, zitiert die taz weiter.


Der AbL-Vertreter fordert, dass Bioland seine Richtlinien so ändert, dass industrielle Betriebe nicht Mitglied werden können. Etwa durch Obergrenzen für die Zahl der Tiere. Oder die Einschränkung der Feldgrößen auf höchstens 20 Hektar. Bioland wirbt bisher damit, dass seine Mitglieder Bauern und nicht agrarindustrielle Unternehmen seien.


Plagge kontert Kritik


Bioland-Präsident Jan Plagge wehrt sich gegen die Vorwürfe. Wie er gegenüber top agrar klarstellte, bedeute eine hohe Hektarzahl nicht gleich Agrarindustrie. „Wenn ein Großbetrieb wie im Falle der Agrofarm eine flächengebundene Tierhaltung aufweist, aktiven Artenschutz betreibt und viele Mitarbeiter beschäftigt, dann ist dies mit den Bioland-Prinzipien vereinbar. Dagegen passt der Begriff Agrarindustrie viel eher auf einen Kleinbetrieb mit 20 Hektar Ackerland, der seine 3000 Schweinen auf Vollspaltenböden hält und große Mengen Importsoja verfüttert“, so Plagge.


Der Aufnahme des Betriebes lägen demokratische Entscheidungen des Verbandes zugrunde, die sich an dem Leitbild der 7 Bioland Prinzipien orientiert. Es hätten nicht nur der Bioland-Landesverband Ost, sondern auch Fachausschüsse, das Präsidium und das höchste bundesweite Gremium, die Bundesdelegiertenversammlung die Aufnahme unterstützt. „Die Aufnahme in unseren Verband ändert nichts an unserem Prinzip die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten. Hier besteht kein Widerspruch. Ebenso wie sich kleinere Betriebe zusammenschließen, um gemeinsame Strukturen nutzen zu können, bieten auch größere Betriebe Vorteile für umliegende kleinere Betriebe“, so der Präsident weiter.

 

Die Agrofarm hat beispielsweise einen hohen Futterbedarf und sei so auch potenzieller Abnehmer für kleinere Futtermengen von regionalen Betrieben, die sich sonst schwer vermarkten lassen würden. Man habe das Unternehmen intensiv beraten. Jede langfristig angelegte Umstellung  sei daher ein Vorteil für Mensch, Tier und Umwelt. Im Zuge der Umstellung plant Agrofarm laut Plagge derzeit Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe, u.a. in den Neubau der Stallanlage. Eine Rückumstellung sei daher abwegig.

 

Zum Vorwurf, Bioland kaufe nicht regional sondern auf dem Weltmarkt, stellt Plagge klar: „Bei Bioland hat immer die Ware von Bioland Betrieben Vorrang und muss eingesetzt werden. Wenn diese nicht ausreichend verfügbar ist, wie beim Soja, beziehen die Bioland Futtermittelhersteller Rohware auch von Betrieben im Ausland, die nach unseren Vorgaben kontrolliert werden. Wir haben es mit diesem System in den letzten fünf Jahren geschafft unseren heimischen Sojaanteil von 0 auf über 30 % zu steigern. Und er wird weiter zu nehmen. Wir investieren und forschen intensiv am heimischen Leguminosenanbau.“

 

Klarstellen möchte Plagge abschließend noch die im taz-Artikel genannten Tierzahlen. So halte Agrofarm in Eichigt 1200 Milchkühe plus 200 Trockensteher. Die Kühe stünden aber je zur Hälfte an den Standorten Eichigt und Obertriebel, die Trockensteher in Eichigt. In Eichigt stehen 800 Kühe auf 70 Hektar, in Obertriebel 600 Kühe auf 200 Hektar Grünland. Die Kritik Grolms, die Weideflächen seien zu klein, basiere daher auf falschen Zahlen und sei nicht haltbar.


Vogel verurteilt pauschale Kritik an großen Ökobetrieben


Wolfgang Vogel, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes e. V. (SLB), weist die kritischen Äußerungen von Michael Grolm entschieden zurück. Im Zuge eines anstehenden Generationenwechsels hätten sich vielmehr die 18 Gesellschafter des typischen Mehrfamilienbetriebes für den Verkauf an den Bio-Großhändler dennree entschieden.


„Mit dieser Entscheidung und der sich anschließenden Umstellung des Landwirtschaftsbetriebes auf ökologischen Landbau konnten in der strukturschwachen Region des Vogtlandes langfristig Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze gesichert werden. Das Gleichsetzen großer landwirtschaftlicher Betriebe, wie z.B. die Agrofarm 2000 mit dem Begriff einer „Agrarindustrie“ weise ich sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Landbau entschieden zurück“ so Bauernpräsident Vogel.


Das Unternehmen Agrofarm 2000 befindet sich gegenwärtig in der zweijährigen Umstellungsphase zum ökologischen Landbau. Eine intensive Beratung begleitet diesen Umstellungsprozess und sichert damit die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und darüber hinaus gehenden sieben Biolandprinzipien zu.  



„Wir müssen uns endlich von der unleidlichen Diskussion verabschieden, das „kleine“ Landwirtschaftsbetriebe per se immer als „gut“ und „große“ immer als „schlecht“ in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Ich kenne persönlich viele größere Mehrfamilienbetriebe, die aktiv in den Tierschutz investiert haben, sich zahlreich an den Agrarumweltmaßnahmen beteiligen oder gar im Bienenschutz engagiert sind. Hier könnte ich noch viele Beispiele aufzählen. Der Kreislaufgedanke Boden – Tier – Pflanze - Boden lässt sich in allen Betriebsgrößen umsetzen, dass muss endlich auch anerkannt und nicht durch polemische Äußerungen der AbL konterkariert werden“, so Wolfgang Vogel.



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