Bundesweit sind 1000 Milchhöfe von der Insolvenz der Berliner Milcheinfuhrgesellschaft (B.M.G.) betroffen. 42 Landwirtschaftsbetriebe sind es im Gebiet vom Hegau bis Horb. Der Südkurier hat einige Bauern besucht und erfahren, dass die Milch nach einer Zwischenlösung zwar weiter abgeholt wird, der Milchpreis aber nur in wenigen Fällen ausreicht, um die laufenden Kosten zu decken. Einige Landwirte seien in ihrer Existenz bedroht, was in der Folge Konsequenzen für Banken und Zulieferer haben könnte, heißt es.
Einer der Landwirte ist Andreas Schleicher aus Dauchingen, Vorsitzender der Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Milchland Baden-Württemberg. Gegenüber der Zeitung sagte er, dass ihn die Zahlungsunfähigkeit der B.M.G. „wie ein Tsunami“ getroffen habe. Jetzt müssten die Milchbauern den Schaden begrenzen.
Schleicher fehle nun ein großer Teil seines Einkommens. Deshalb habe er auch einen Termin mit seiner Bank vereinbart, um die Notsituation zu besprechen. Aktuell seien er und seine MEG-Vorstandskollegen täglich unterwegs, um neue, dauerhafte und vor allem rentable Absatzwege für die rund 50.000 Liter Milch zu finden, die die MEG-Mitglieder täglich produzieren.
„Erste Anzeichen auf die Insolvenz gab es bereits Mitte Februar“, blickt Schleicher zurück, nachdem die B.M.G. für Januar nur einen Grundbetrag von etwa 20 Cent pro Liter Milch überwies und die Zahlungen Mitte Februar ganz einstellte. „Wir waren wachsam und haben uns erste Gedanken über die Zukunft gemacht“, so der Vorsitzende gegenüber dem Südkurier weiter. Das habe sich jetzt, trotz der Notsituation, bezahlt gemacht. „Wir haben schnell eine Übergangslösung für alle gefunden, wenn auch zu einem schlechten Preis“, so Schleicher. Im Gespräch mit der Zeitung zeigte er sich verhalten optimistisch, dass möglichst bald eine tragfähige Lösung gefunden werde. Eine Absage soll es laut Medienberichten unterdessen von Omira und Schwarzwaldmilch gegeben haben. Kapazitätsgründe sind im Gespräch, und auch, um den Milchpreis für die eigenen Lieferanten stabil zu halten.
Massiv zu spüren bekommen die Folgen auch Landwirt Jürgen Kaltenbach (64) und sein Sohn Daniel, die in Brigachtal–Klengen einen Hof mit fast 70 Kühen bewirtschaften. Seit Januar fehlen dem Familienbetrieb nach eigener Aussage rund 50.000 Euro. „Wir können gerade so die Fixkosten decken“, berichten sie. Das sei jedoch nur möglich, weil der Stall abbezahlt sei und auch sonst keine großen Kredite die Finanzen belasten. Ohne ihre weiteren Standbeine Biogas und Fotovoltaik würde die Situation noch schlechter aussehen.
Fünf Kühe konnten die beiden kurzfristig verkaufen. 20 Tiere haben sie trockengestellt. „Wenn sich die Lage nicht entspannt, müssen wir im April eine Entscheidung treffen, ob es weiter geht“, sagt Jürgen Kaltenbach mit Wehmut. Er selbst hat über die Jahre den Stall selbst gebaut und seine Tiere gezüchtet. Nun droht das Aus für seine Milchproduktion.
Ähnlich sieht es bei Thomas Hettich (30) aus der Bad Dürrheimer Gemarkung aus. Mit seinem Hofladen versucht er aktuell die Verluste in kleinen Teilen aufzufangen. Zur Überbrückung der Notsituation habe er Rücklagen aus dem wirtschaftlich guten Vorjahr angezapft, schilderte er dem Südkurier. Er ist optimistisch, dass es bei der MEG bald wieder aufwärts geht.
Die Landtagsabgeordnete Martina Braun (Grüne) sieht das akute Problem unterdessen als gelöst an. „Manche Landwirte haben nun sogar bessere Konditionen als vorher“, so Braun. Beim Ausgleich der Verluste, die den Betrieben entstanden sind, sieht die Politikerin jedoch nicht den Steuerzahler in der Verantwortung.
Und Karl Rombach, Landtagsabgeordneter von der CDU, stellt fest: „Es war damals eine eigenverantwortliche Entscheidung der Landwirte, der MEG beizutreten.“ Das bestätigt auch Bernhard Bolkart, Kreisverbandsvorsitzender beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV). Die Landwirte hätten mit der Gründung der MEG Baden-Württemberg und MEG Ortenau ein solches Risiko auf sich genommen. Genossenschaften würden vielleicht nicht immer die allerbesten Preise bezahlen, seien jedoch verlässliche Partner.