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DBV-Papier zum Umgang in Milchkrisen

Der DBV-Fachausschuss Milch hat in einem Papier klaren Handlungsbedarf für die Branche aufgezeigt: Die Molkereien müssen ihre strukturellen Defizite anpacken, die Politik ein wirksames Sicherheitsnetz gegen Marktschwankungen entwickeln und der Handel auch tatsächlich zur Landwirtschaft bekennen.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Fachausschuss Milch des Deutschen Bauernverbandes hat in einem Papier klaren Handlungsbedarf für die Branche aufgezeigt. Im Kern geht es um den Umgang in Krisen: Die Molkereien müssen ihre strukturellen Defizite anpacken, die Politik ein wirksames Sicherheitsnetz gegen Marktschwankungen entwickeln und der Handel auch tatsächlich zur Landwirtschaft bekennen.


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Hier das Papier im Wortlaut.

Die Lage am Milchmarkt hat sich im Vergleich zum Frühsommer 2016 bedeutend erholt. Ursächlich hierfür sind eine global leicht erholte Nachfrage bei gleichzeitig verringerter Milchproduktion. Dennoch reicht das derzeitige Niveau der Erzeugerpreise für die Milchbauern nicht aus, um die wirtschaftlichen Verluste der vergangenen Monate ausgleichen zu können. Die Preiskrise hat verdeutlicht, dass die weitgehende Liberalisierung des Milchmarktes weiterhin eine Herausforderung für die deutschen Milchbauern und die gesamte Milchwirtschaft darstellt. Die strukturellen Schwächen im deutschen Molkereisektor wurden nochmals deutlich offenbart. Daraus müssen nun die richtigen Schlüsse gezogen werden. Gleichzeitig haben die notwendigen staatlichen Instrumente zum Umgang mit Preisschwankungen ihre Wirksamkeit unter Beweis stellen müssen.


Molkereien: Strukturelle Herausforderungen angehen

In den vergangenen zwei Jahren haben die deutschen Milchbauern im Schnitt ein bis drei Cent weniger je Liter Milch erhalten als ihre Berufskollegen aus Dänemark, Frankreich, Großbritannien oder den Niederlanden. Ungenutzte Wertschöpfungspotentiale sind von den deutschen Molkereien auf lokalen, regionalen und auf internationalen Märkten zu heben.


In der Vermarktung von Milchprodukten bieten sich im Rahmen des Wettbewerbsrechts einige Möglichkeiten, die weitgehend ungenutzt bleiben, zur stärkeren Zusammenarbeit unter den Molkereien. Es sind die Milcherzeuger, die diesen Umstand schultern müssen. Die Trinkmilchverhandlungen im Frühjahr 2016 dürfen sich im Ergebnis nicht wiederholen: Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels konnten höhere Produktionsstandards durchsetzen, ohne eine höhere Wertschöpfung in der gesamten Kette zu generieren. Vielmehr wurden sehr niedrige Einkaufspreise durchgesetzt, die den Markt für Monate belasteten.

Zusätzliche Wertschöpfung kann erzielt werden, indem Absatzmärkte in Drittländern bedient sowie Innovationen zur Umsetzung gebracht werden. Für beide Aktivitäten stehen EU-Finanzmittel in den Bereichen Absatz- und Innovationsförderung zur Verfügung, die vom deutschen Milchsektor nicht abgerufen werden. Nicht nur diese Aktivitäten könnten über einen Branchenverband Milch abgedeckt werden. Ebenfalls denkbar ist, gegenüber dem Groß- und Einzelhandel geschlossen mit der Erarbeitung von Standardverträgen für den Verkauf von Milchprodukten zu agieren.


Die Lieferbeziehungen zwischen Milchbauern und Molkereien sind marktorientiert und mit Blick auf die zunehmenden Marktschwankungen zu gestalten. Milchbauern haben derzeit nur eine sehr geringe Sicherheit bezüglich der künftigen Auszahlungspreise, das Preisrisiko liegt somit komplett beim Landwirt. Molkereien haben demgegenüber nur eine geringe Verlässlichkeit bezüglich der Anlieferungsmengen. Eine belastbare Mengen- und Preisabstimmung zwischen den Marktpartnern Molkerei und Landwirt erscheint unerlässlich. Ferner kommen preisliche Signale vom Markt zu spät beim Erzeuger an, was zeitnahe Reaktionen erschwert. Die Weiterentwicklung der Lieferbeziehungen widerspricht nicht der genossenschaftlichen Andienungs- und Abnahmeverpflichtung. Diese sind insbesondere in Krisenzeiten von hoher Bedeutung.


Das Setzen finanzieller Anreize zur marktgerechten Steuerung der Milchanlieferung für das einzelne Unternehmen muss zielorientiert diskutiert werden. Auch kurzfristig kann es sinnvoll sein, Spotmilch über differenzierte Auszahlungspreise verwertungsbezogen zu vergüten. In diesem Zusammenhang sollten Festpreisvereinbarungen, die unter anderem auf Nutzung von Warenterminbörsen durch Molkereien und Milcherzeugergemeinschaften beruhen können, an Bedeutung gewinnen. Mit selbigen ist bereits einige Monate im Voraus eine preisliche Absicherung möglich.


Die heterogenen Interessen unter den Milchbauern aber auch den Molkereien haben zur Folge, dass bei der Gestaltung der Lieferbeziehungen allgemeinverbindliche Vorgaben nicht sinnvoll sind. Das verbreitete genossenschaftliche Liefermodell erfährt grundsätzlich Akzeptanz, auch wenn dringender Anpassungsbedarf gegeben ist. Vor allem größere Milcherzeuger bevorzugen in vielen Fällen eine alternative Gestaltung, denen die Molkereien durch eine flexiblere Gestaltung der Lieferbeziehungen nachkommen sollten.


Politik: Marktschwankungen mit wirkungsvollem Sicherheitsnetz begegnen

In zunehmend globalisierten Milchmärkten ist ein Abkoppeln des heimischen Marktes kaum möglich. Dementsprechend können staatliche Mengenregulierungssysteme keine befriedigende Wirkung entfalten. Preisschwankungen muss von staatlicher Seite vielmehr mit einem wirkungsvollen Sicherheitsnetz begegnet werden. Die Direktzahlungen haben in den Krisenjahren 2015 und 2016 mehr als 40 Prozent zur landwirtschaftlichen Nettowertschöpfung beigetragen. Auf Milchviehbetrieben lag dieser Wert auf Grund der niedrigen Einnahmen sogar bedeutend höher. Eine starke 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik bleibt unverzichtbar, wenn ein beschleunigter Strukturwandel verhindert werden soll.


Private Lagerhaltung und Öffentliche Intervention von Butter sowie Magermilchpulver haben ihre Wirkung gezeigt. Ohne diese Instrumente wäre der Milchmarkt unter zusätzlichen Druck geraten. Bei einer Auslagerung zu höheren Preisen, sind Einkaufspreise und Lagerkosten mehr als gedeckt, so dass der Einsatz öffentlicher Mittel langfristig gering ist. Angesichts gestiegener Produktionskosten sollten die Interventionspreise einer Prüfung unterzogen werden. Die derzeitigen Lagerbestände in der Öffentlichen Intervention sind abzubauen, um eine nachhaltige Erholung des Milchmarktes zu ermöglichen. Der DBV fordert die EU-Kommission dazu auf, die Abgabe von Nahrungsmitteln an Bedürftige zeitnah so zu gestalten, dass eine spürbare Marktentlastung im Milchmarkt erfolgt.


National wird langfristig die Ausweitung des Gewinnglättungszeitraumes von zwei auf drei Jahre von Bedeutung für den Umgang mit Preiskrisen sein. Eine wirkungsgleiche Regelung auch für Genossenschaften und andere juristische Personen ist angezeigt.


Die genannten Instrumente zum Umgang mit Preisschwankungen werden nicht helfen, wenn andere politische Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Milchsektors im internationalen Vergleich schwächen. Dieser Umstand verlangt Berücksichtigung bei der Gestaltung von Vorgaben in den Bereichen Tier- und Umweltschutz. Gleichzeitig sollten sich Verwaltungen und Gesetzgeber, wie in einigen unserer EU-Nachbarstaaten zum Beispiel bei der Ausstellung von Veterinärzertifikaten, als Dienstleister verstehen, um Exportmärkte zu öffnen. Auch die Entscheidungsträger in den Bundesländern sind über die Umsetzung der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik gefordert, Innovationen zur Weiterentwicklung der Milchviehhaltung zu ermöglichen und die Tierhaltung in benachteiligten Gebieten zu erhalten.


Lebensmitteleinzelhandel: Bekenntnissen zur Landwirtschaft müssen Taten folgen

Die Unternehmen des Lebensmittelhandels müssen ihrer Verantwortung nachkommen und den regelmäßigen Bekenntnissen zur heimischen Landwirtschaft Taten folgen lassen. Es muss gemeinsames Interesse aller Glieder der Lebensmittelkette sein, eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Werden dementsprechend höhere Produktionsstandards eingefordert, werden Milchbauern diesem Ansinnen nur nachkommen können, wenn höhere Erzeugungskosten Berücksichtigung bei den Erzeugerpreisen finden.


Die Vorschläge der EU-Task-Force für Agrarmärkte für eine stärkere kartellrechtliche Privilegierung der Erzeugerstufe sollten umgesetzt werden, ferner die Empfehlungen zur Festlegung europaweiter Mindestanforderungen gegen unfaire Handelspraktiken. Auch den Molkereien müssen angesichts der zunehmenden Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels im Rahmen des nationalen Kartellrechts Möglichkeiten geboten werden, um Verhandlungen auf Augenhöhe führen zu können.

 

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