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DMK-Chef: „Der Wind hat sich gedreht“

"Marge statt Menge!", lautet ein Ziel des Deutsches Milchkontors (DMK). Zur Vertreterversammlung in dieser Woche spricht CEO Ingo Müller im Unternehmensmagazin "Milchwelt" unter anderem über die Fokussierung auf eine höhere Wertschöpfung, über die Kündigungsmilch sowie den Rückzug aus Auslandsmärkten.

Lesezeit: 10 Minuten

"Marge statt Menge!", lautet ein Ziel des Deutsches Milchkontors (DMK). Zur Vertreterversammlung in dieser Woche spricht CEO Ingo Müller im Unternehmensmagazin "Milchwelt" unter anderem über die Fokussierung auf eine höhere Wertschöpfung, über die Kündigungsmilch sowie den Rückzug aus Auslandsmärkten. Hier das vollständige Interview im Wortlaut.

 

Der Markt meinte es 2017 gut mit den deutschen Milcherzeugern und Molkereien ...

Müller: Das ist richtig. Nachdem unsere Branche in den beiden Vorjahren die seit Jahrzehnten schwerste Marktkrise durchlebt hat, hat sich der Wind im Berichtsjahr gedreht. Das hat sich natürlich auch deutlich positiv auf den Umsatz und das Ergebnis von DMK ausgewirkt. Dass wir erstmals einen Milchauszahlungspreis erwirtschaftet haben, der über dem Durchschnitt der deutschen Molkereien liegt, zeigt allerdings noch etwas anderes: Wir haben aus den Marktbedingungen überdurchschnittlich viel für unsere Milcherzeuger gemacht. Der tiefgreifende Veränderungsprozess, mit dem wir DMK auf Kurs gebracht haben, hat dazu entscheidend beigetragen, da wir damit die Voraussetzungen geschaffen haben, von den günstigen Marktentwicklungen in größerem Umfang zu profitieren.

 

Auf dem Titel Ihres letzten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts stand „In Bewegung“.Was hat sich im Jahr 2017 tatsächlich bewegt?

Müller: Wir hatten einen Maßnahmenplan mit vier konkreten Zielen: eine straffere Organisation, bessere Rohstoffplanung, reduzierte Ausgaben und ein optimiertes Portfolio. Diese Ziele haben wir erreicht: Unsere Organisation besteht nach einem umfangreichen organisatorischen und technischen Umstellungsprozess jetzt aus sechs eigenständigen Business Units mit einem neu zusammengesetzten Führungskräfteteam. Rund 1.500 Mitarbeiter haben neue Funktionen, den erforderlichen Personalabbau haben wir planmäßig umgesetzt. Ein wichtiger Baustein der Rohstoffplanung und unser Beitrag zu einer nachhaltigen Milchproduktion in Deutschland ist unser Milkmaster-Programm. Mit diesem Programm für eine verantwortungsvolle Milcherzeugung haben wir wichtige Stakeholdergruppen im Jahr 2017 überzeugt und es weiter optimiert. Gleichzeitig haben wir uns mit 2,3 Milliarden Kilo gentechnikfreier Milch innerhalb von nur achtzehn Monaten zu dem Anbieter GVO-freier Milchprodukte in Deutschland und Europa entwickelt. Eine verbesserte Rohstoffplanung erfordert auch Einschnitte wie die Schließung von Werken mit zu geringer Auslastung oder Wertschöpfung. Diese haben wir 2017 für Rimbeck, Bad Bibra, Bergen und teilweise Nordhackstedt beschlossen.

 

Klingt so, als hätte 2017 ganz im Zeichen der Veränderung gestanden. Doch wie hat sich das letzte Jahr eigentlich auf das Sortiment ausgewirkt?

Müller: Bei unserer konsequenten und kontinuierlichen Portfoliooptimierung sind wir erheblich weitergekommen. Wir prüfen unsere verschiedenen Produktgruppen laufend auf ihre Profitabilität und steigen aus dem Portfolio aus, das keinen zufriedenstellenden Beitrag zu unserer Wertschöpfung leistet. Gleichzeitig haben wir unter anderem mit neuen Impulsen im Markengeschäft oder dem 2017 begonnenen Bau eines Werkes für Babynahrung in Strückhausen unser Portfolio dort ausgebaut, wo wir Chancen sehen – und die liegen für uns nicht in mehr Menge bei Massenware, sondern in mehr Marge.

 

Bewegung gab es offenbar auch im Hinblick auf den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht. Warum haben Sie sich in diesem Jahr für einen digitalen Bericht entschieden?

Müller: Der digitale Bericht schont nicht nur Budget und Umwelt. Er gibt uns auch neue Möglichkeiten der Darstellung und die Gelegenheit, die Leser dort zu erreichen, wo sie sich informieren: online. Außerdem bietet er den Lesern ganz anderen Komfort bei der Suche nach den individuell relevanten Inhalten. Nicht zuletzt können wir so auch sehr genau analysieren, was die Leser des Berichts interessiert, und diese Informationen bei der Weiterentwicklung unserer Kommunikation nutzen. Letztlich sprechen wir hier über die gleichen grundsätzlichen Vorteile, die das Thema Digitalisierung heute auf allen Ebenen und in allen Branchen verspricht: die Vergrößerung und Vernetzung der Datenbasis und eine Steigerung der Effizienz, die dazu führen, vorhandenes Geschäft zu verbessern und neue Potenziale zu erschließen. Vor diesem Hintergrund prüfen und entwickeln wir auf allen Ebenen unseres Geschäfts die digitalen Möglichkeiten – das reicht von sensorgesteuerten Reinigungssystemen über Produktionsanalysen bis hin zu digitalen Serviceangeboten für unsere Kunden und schließt selbstverständlich auch die diversen Kommunikationskanäle unseres Unternehmens mit Milcherzeugern, Mitarbeitern, Stakeholdern und der Öffentlichkeit ein.

 

Auch hier ist also weiter viel in Bewegung. Wann kehrt Ruhe ein bei Deutschlands größter Molkerei?

Müller: Gar nicht. Die vergangenen Jahre waren natürlich extrem: die Fusion mit Humana, der Wegfall der Quote, die schwere Krise des Milchmarkts und der tiefgreifende Change-Prozess in unserem Unternehmen haben uns alle in Atem gehalten. Die Vorstellung von Ruhe, einem „Jetzt bleibt alles, wie es ist“, ist jedoch grundsätzlich utopisch. Als Deutschlands größte Molkerei agieren wir auch in Zukunft auf einem höchst volatilen Markt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Solange sich der Markt bewegt, müssen sich auch die Akteure bewegen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Wichtig ist, dass wir wissen, in welche Richtung wir uns bewegen wollen.

 

Das heißt, es bleibt spannend. Doch inwiefern wirkt sich dieser Anspruch auf die Zukunft aus?

Müller: Wir folgen mit unserer Portfolioveränderung den Anforderungen des Marktes und fokussieren uns stärker auf Produkte mit höherer Wertschöpfung. Dafür müssen wir wissen, was unsere Kunden wollen, und es ihnen geben – auch kurzfristig. Denn für diese Produkte sind Verbraucher gewillt, mehr Geld auszugeben. Wie gut wir mittlerweile für diese Aufgabe aufgestellt sind, zeigen beispielsweise die erfolgreiche Einführung von Trend-Produkten wie Skyr oder herzhaftem Schnittkäse im vergangenen Jahr. Als relevanter Partner des Lebensmitteleinzelhandels sind wir damit schon heute in der Lage, Trends schnell wahrzunehmen und umzusetzen. Darin liegt auch im Vergleich mit anderen Molkereien einer unserer großen Wettbewerbsvorteile. Unser Kurs führt weg vom Rohstoffverwerter, hin zum Lebensmittelhersteller.

 

Bei all der Bewegung und Veränderung – was bleibt, was macht DMK heute und in Zukunft aus?

Müller: Unser Unternehmen verfügt bei allen Veränderungen über einen festen Kern, unsere DNA, die bestimmt, wer wir sind, und damit auch, wie wir bei allen unseren Aktivitäten vorgehen. Im Kern geht es um vier Aspekte, die uns als DMK Group auszeichnen: Zuallererst sind wir ein Unternehmen der Milcherzeuger. Unser Ziel ist es deshalb, für diese ein zuverlässiger und zukunftsfähiger Partner zu bleiben und den Mitgliedern der Genossenschaft ein bestmögliches Milchgeld auszuzahlen. Das bestimmt den zweiten Aspekt: Unsere unternehmerische Ausrichtung als maßgebliches Unternehmen der europäischen Milchwirtschaft. Dabei stellen wir uns mit qualitativ hochwertigen Produkten für Handel, Industrie und Großverbraucher mit starker Präsenz in unserem Heimatmarkt auf und fokussieren international interessante Zielmärkte, die unsere Wertschöpfung steigern. Die dritte feste Größe ist unser Selbstverständnis als nachhaltiges Unternehmen und Partner für eine verantwortungsvolle Milcherzeugung. Was wir unter unternehmerischem Handeln im Einklang mit Mensch und Umwelt verstehen, haben wir in unserem ambitionierten Nachhaltigkeitsprogramm 2020 sehr konkret und verbindlich festgelegt. Nicht zuletzt sehen wir uns in der Verantwortung, für unsere rund 7.700 Mitarbeiter an über 20 Standorten ein fairer Arbeitgeber zu bleiben.

 

Mit dem Veränderungsprozess haben Sie diesen Mitarbeitern im vergangenen Jahr einiges abverlangt – rund 1.500 von ihnen haben seither eine neue Funktion ...

Müller: Das ist richtig und wir mussten auch Personal abbauen. Solche Einschnitte sind schmerzlich, sie waren aber unerlässlich, um unsere Organisation so aufzustellen, dass wir auch in Zukunft die wirtschaftliche Möglichkeit haben, ein sicherer und guter Arbeitgeber zu sein. Zu diesen Veränderungen gehört auch, mit den Mitarbeitern offen über unsere Strategie zu sprechen und sie über ein umfangreiches Maßnahmenpaket in den Veränderungsprozess einzubinden. Dass wir diese nicht immer einfache Aufgabe gemeistert haben, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass uns die Mitarbeiter in einem Ranking des Magazins „Focus“ zum sechsten Mal in Folge unter die Top-Arbeitgeber gewählt haben. Das belegt auch das Vertrauen der Mitarbeiter in die Führungsmannschaft und ist für uns in dieser Phase des Umbruchs gleichermaßen Kompliment und Ansporn. Unsere Geschäftsentwicklung im Berichtsjahr bestätigt uns in unserem Kurs und zeigt, dass wir nicht trotz, sondern wegen dieser Veränderungen auf dem richtigen Weg sind und damit auch die Zukunft unserer Mitarbeiter sichern.

 

Weniger zufrieden scheinen manche Milcherzeuger zu sein. Zu Anfang 2018 sind rund 400 Millionen Kilogramm Milch durch Kündigungen weggefallen, weitere stehen bis Ende 2019 in Kündigung. Wie gehen Sie mit der sinkenden Rohstoffmenge um?

Müller: Wir haben auf die Kündigungen mit den erforderlichen Maßnahmen reagiert, zu denen auch Werkschließungen und Personalabbau gehören. Durch die Milchpreiseinbrüche der letzten Jahre und die Fusion, die zunächst viel Geld gekostet hat, bevor sie sich bezahlt macht, haben wir bei den Mitgliedern unserer Genossenschaft Vertrauen verloren. Wir kämpfen darum, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Wenn Milchmengen durch Kündigungen wegfallen, bietet das unserem Unternehmen aber auch die große Chance, sich im Rahmen unserer Strategie weiterzuentwickeln. Bei der Auslastung unserer Werke müssen wir vom Markt und von der Verwertung her denken. Dabei geht es nicht um mehr Menge, sondern um Marge. Konkret heißt das: Wir nutzen die Situation, um unser Portfolio anzupassen und aus Bereichen auszusteigen, die keinen positiven Beitrag zu unserer Wertschöpfung leisten und dies auch in absehbarer Zukunft nicht tun werden.

 

Gibt es solche Portfoliobereinigungen auch im Hinblick auf das internationale Geschäft von DMK?

Müller: Wir nehmen im Zuge unseres Veränderungsprozesses alles unter die Lupe, da gibt es keine „heiligen Kühe“. Insofern analysieren wir selbstverständlich auch unsere Aktivitäten im Ausland genau und setzen Veränderungen dort um, wo sie erforderlich sind. Wir waren in der Vergangenheit mit unseren Produkten in mehr als 100 Ländern präsent, und da ist nicht jedes Geschäft gleich profitabel. Weil wir auch unsere internationalen Aktivitäten an der Wertschöpfung und nicht am Volumen ausrichten, haben wir diese in Ländern zurückgefahren, in denen wir vor allem als Exporteur von Standardware aufgetreten sind, und konzentrieren uns auf Länder, in denen wir Profit machen.

 

Zum Abschluss ein Blick nach vorn: Was erwarten Sie für die kommende Zeit?

Müller: Mit konkreten Prognosen sind wir angesichts der extremen Volatilität des Milchmarktes zurückhaltend. Klar ist aber, dass wir vor Herausforderungen stehen: Die Milchmengen sind nach den positiven Entwicklungen des vergangenen Jahres gestiegen, die Nachfrage jedoch nicht im selben Maße. Damit bleiben die Preise unter Druck. Diese Situation gilt jedoch für die gesamte Branche. Wir konzentrieren uns darauf, wettbewerbsfähig zu bleiben. Im vergangenen Jahr hat das sehr gut funktioniert – nicht nur weil unser Portfolio gut zu den Marktgegebenheiten gepasst hat, sondern auch weil wir unser Unternehmen sinnvoll weiterentwickelt haben. Das werden wir in diesem Jahr fortsetzen und wir werden agil bleiben.


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Nach seiner Ausbildung bei der Nordmilch eG durchlief Ingo Müller im Unternehmen eine Vielzahl von beruflichen Stationen. Im Jahr 2011 übernahm er die Geschäftsführung des Bereichs Ingredients sowie das Zentrale Qualitätsmanagement und die Forschung und Entwicklung. Zuvor war er Direktor Landwirtschaft

und Geschäftsführer der Nordmilch eG (2009–2011). Im September 2016 wurde der 46-jährige Diplom-Ingenieur für Milch- und Molkereiwirtschaft zum CEO der DMK Group berufen. Müller ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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