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„Es geht um die Interessen der Milcherzeuger“

Sechs Molkereien gründen die Interessengemeinschaft Genossenschaftliche (IG) Milchwirtschaft. Sie wollen eine Tierwohl-Strategie und Instrumente gegen Preisschwankungen entwickeln. Thomas Stürtz, Vorstandsvorsitzender des DMK und Vorsitzender der IG Milch, im top agrar-Interview.

Lesezeit: 5 Minuten

Sechs Molkereien gründen die Interessengemeinschaft Genossenschaftliche (IG) Milchwirtschaft. Sie wollen eine Tierwohl-Strategie und Instrumente gegen Preisschwankungen entwickeln. Thomas Stürtz, Vorstandsvorsitzender des DMK und Vorsitzender der IG Milch, im top agrar-Interview (top agrar Ausgabe 4/2017, Seite R 8).

 

Herr Stürtz, Sie sind Vorsitzender der neuen IG Milch. Wer hat sich dort Zusammengeschlossen?

Stürtz: Ehrenamtliche Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzende haben die Interessengemeinschaft Genossenschaftliche Milchwirtschaft gegründet. Mitglieder sind Arla, Bayerische Milchindustrie, Deutsches Milchkontor, Hochwald, Ammerland und FrieslandCampina. Wir sind für weitere Genossenschaften offen. Die Geschäftsführung der IG Milch übernimmt der Deutsche Raiffeisenverband (DRV).

 

Wenn der DRV vorher seine Hausaufgaben gemacht hätte, wäre die Gründung einer neuen Plattform nicht nötig gewesen, kritisieren Arla-Vertreter öffentlich. Warum soll es jetzt besser werden?

Stürtz: Der DRV setzt sich als Spitzenverband der genossenschaftlichen Unternehmen sehr intensiv und erfolgreich für unsere Belange ein. Wir sind froh, dass die IG Milch nun eine zusätzliche Plattform für den Austausch der ehrenamtlichen Vertreter bietet.

 

Verlangt der DRV zusätzliches Geld von den Molkereien?

Stürtz: Für die Geschäftsführung sind keine Beiträge vorgesehen. Sollten weitere Kosten durch Arbeitsprojekte entstehen, kann der DRV Gebühren verlangen.

Wo wir beim Geld sind: DRV-Präsident Manfred Nüssel und andere Branchenvertreter fordern, den EU-Fördertopf von rund 200 Mio. € zur Absatzförderung anzuzapfen.

 

Haben Sie das vor?

Stürtz: Das Abgreifen der EU-Fördermittel war auch schon in der Vergangenheit möglich. Es ist jedoch sehr bürokratisch und auch mit einem finanziellen Risiko verbunden. Deshalb ist es derzeit nicht unser vorrangiges Ziel.

 

Als eine Kernaufgabe haben Sie den gemeinsamen Auftritt gegenüber der Politik formuliert. Was genau meinen Sie?

Stürtz: Es geht vor allem um die Interessen der Milcherzeuger und ihrer Genossenschaften. Wir wollen in der IG Milch gemeinsame Positionen zu politischen Themen abstimmen und gegenüber Politik und Verwaltung vertreten, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Bühne. Denn teilweise finden wir uns als Genossenschaften in den politischen Diskussionen nicht stark genug wieder.

 

Zudem wollen Sie sich untereinander besser austauschen. Warum?

Stürtz: Im Vergleich zu Privatmolkereien gibt es in Genossenschaften spezielle Fragestellungen. Allein, weil die Milcherzeuger Eigentümer sind. Diese genossenschaftsspezifischen und erzeugerbezogenen Themen wollen wir diskutieren. Und daraus strategische Empfehlungen entwickeln, die jedes Unternehmen weiter diskutieren und gegebenenfalls umsetzten kann.

 

Welche Themen zum Beispiel?

Stürtz: Im Fokus steht die Marktvolatilität. Ziel ist ein modernes Risikomanagement, um die negativen Folgen der Preisschwankungen für die Milcherzeuger abzufedern. Zudem wollen wir eine Tierwohl-Strategie entwickeln. Denn bei beiden Themen laufen wir Gefahr, dass wir Vorgaben übergestülpt bekommen, die mit der Realität des Marktes nichts zu tun haben.

 

Sollen die Empfehlungen automatisch für alle Mitglieder der IG Milch gelten?

Stürtz: Nein! Es sind Empfehlungen. Jede Molkerei muss selbst entscheiden, was sie umsetzt und was nicht.

 

Wie wollen Sie die Marktvolatilität für die Milcherzeuger abfedern?

Stürtz: Im Vordergrund steht die Warenterminbörse. Aber auch back-to-back-Geschäfte sind denkbar. Und wir werden auch diskutieren, ob und wie sich die genossenschaftliche Lieferbeziehung weiterentwickeln lässt, um die Preisschwankungen für Milcherzeuger abzufedern. Wenngleich alle Beteiligten überzeugt sind, dass sich das Genossenschaftsmodell bewährt hat.

 

Zur Warenterminbörse: Wie kann es gelingen, dass Landwirte einfacher daran teilnehmen können?

Stürtz: Die Genossenschaften wollen ihre Mitglieder bei diesem Absicherungsinstrument unterstützen. Dazu werden wir mit den Verantwortlichen der Börse EEX in Leipzig sprechen. Aus unserer Sicht wären Rohmilch-Kontrakte und kleinere Mindestmengen für Landwirte sehr hilfreich.

 

FrieslandCampina hat in den Niederlanden drei Programme zur Mengendrosselung umgesetzt, wo z. T. Überlieferer 90 % Abzug vom Milchgeld bekamen. Ist das Modell ein Vorbild für die IG Milch?

Stürtz: Nein! In den Niederlanden muss der gesamte Milchsektor den Phosphat-Ausstoß reduzieren. Das will FrieslandCampina unterstützen. Deshalb hat der Mitgliederrat dem Einfrieren der Milchmenge zugestimmt. Es ist also kein Krisenmodell, sondern eine Molkerei-individuelle Lösung. Ein Krisenmodell würde nur EU-weit funktionieren.

 

Beim Tierwohl sind Handel, NGO und Politik schneller als die Milch-Branche. Wie wollen Sie da gegenhalten?

Stürtz: Gegenhalten ist aus meiner Sicht nicht das richtige Wort. Es muss auf ein vernünftiges Miteinander hinauslaufen. Wir führen mit allen konstruktive Gespräche, wie wir das Tierwohl weiter verbessern können. Entscheidend ist das richtige Tempo dafür. Nur so ist es aus meiner Sicht möglich, eine starke und nachhaltige Milchproduktion zu gewährleisten.

 

Werden Sie dabei auch in die Offensive gehen, z. B. ein Ausstiegsdatum aus dem Anbindestall vorlegen?

Stürtz: Für so etwas sind ausreichend lange Anpassungszeiträume wichtig. Ein vorschneller Ausstieg aus der Anbindung würde den Bauern viel Geld kosten und den Strukturwandel erhöhen. Ich lege ich mich daher nicht fest.

 

Zur Lieferbeziehung: Wollen Sie die Andienungspflicht und Abnahmegarantie abschaffen? Und Verträge mit Menge, Preis, Qualität und Laufzeit einführen?


Stürtz: Das Genossenschaftsmodell steht nicht in Frage. Wir werden es gegen Angriffe von außen verteidigen. Wir werden die Lieferbeziehung mit unseren Mitgliedern weiterentwickeln. Dabei gilt es die verschiedenen Erwartungen der Mitglieder in den demokratischen Entscheidungen auszugleichen.

 

Wird das Landwirtschaftsminister Christian Schmidt reichen? Immerhin könnte er die Ausnahmegenehmigung für Genossenschaften (§ 148 GMO) kippen und sie zu Verträgen zwingen.

Stürtz: Einige Länderminister wollten den Artikel 148 letztes Jahr ändern. Minister Schmidt hat uns zugesagt, im Moment nichts anzupacken. Er wünscht, dass sich die IG Milch erfolgreich für ihre Milcherzeuger einsetzt.

 

Und Schmidt plädiert weiter für eine Branchenorganisation Milch. Sie kann Maßnahmen allgemeinverbindlich für alle Erzeuger durchsetzen. Warum ist das bei Ihnen auf Widerstand gestoßen?

Stürtz: Das geänderte Agrarmarktstrukturgesetz sollte allgemeinverbindliche Maßnahmen bzw. Mengenkürzungen in einer Krise ermöglichen. Das stimmt aber nicht. Denn das EU-Recht untersagt dies. Ich halte es aber durchaus für möglich, dass wir uns zu einer Branchenorganisation weiterentwickeln.

 

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