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Gigantische Magermilchpulverbestände drohen Milchpreise erneut zu drücken

Die seit der Milchkrise 2015 mit EU-Mitteln aufgetürmten Lagerbestände von derzeit rund 380.000 Tonnen Magermilchpulver (MMP) drohen die Milchpreise erneut in eine Abwärtsspirale zu drücken. Der wallonische Agrarminister René Collin hat das Thema als eilbedürftig auf die Agenda des EU-Agrarministerrates gesetzt.

Lesezeit: 5 Minuten

Die seit der Milchkrise 2015 mit EU-Mitteln aufgetürmten Lagerbestände von derzeit rund 380.000 Tonnen Magermilchpulver (MMP) drohen die Milchpreise erneut in eine Abwärtsspirale zu drücken. Der wallonische Landwirtschaftsminister René Collin hat das Thema als eilbedürftig auf die Agenda des EU-Agrarministerrates an diesem Montag in Brüssel gesetzt. Belgien fordert die EU-Kommission auf, die Interventionsbestände schnellstmöglich abzubauen. Der European Milk Board (EMB) fordert die EU-Agrarminister auf, die Bestände nicht länger zu „Dumpingpreisen zu verramschen“.


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Belgien, Deutschland und Frankreich halten mit derzeit rund 200.000 Tonnen Milchpulver unter dem EU-Interventionsmechanismus mehr als zwei Drittel der gesamten öffentlichen Lagerbestände von Magermilchpulver (MMP) in der EU. Die drei Länder verfolgen indessen unterschiedliche Positionen zum mittelfristigen Abbau dieser Bestände.


Der wallonische Landwirtschaftsminister René Collin fürchtet, dass ein zu rascher Fahrplan in 2018, die MMP-Bestände auf den Weltmärkten wie Afrika oder China vermarkten zu wollen, die belgische Milchwirtschaft empfindlich treffen könnte. Um keinen weiteren Preisverfall der Milch in der EU zu riskieren, plädiert der wallonische Sozialist zunächst dafür, einen Teil der Interventionsreserve karitativen Organisationen zur Verfügung zu stellen. „Ich halte es für wünschenswert, dass die öffentliche Hand Teile der MMP-Bestände an die bedürftigen Menschen unserer Gesellschaft zur Verfügung stellt“. Diese belgische Initiative und Vorschlag Collins wurde am Montag beim EU-Agrarministerrat vom französischen Landwirtschaftsministers Stéphane Travert ausdrücklich unterstützt.


Ganz anders die deutsche Position zu dieser Problematik. „Die Verwertung über die Bedürftigenhilfe oder die Lieferung großer Mengen Milchpulver in Krisengebiete stoßen auf zahlreiche rechtliche und logistische Hürden“, gibt hingegen Dr. Hermann Onko Aeikens zu bedenken. Der BMEL-Staatssekretär plädiert daher für eine sukzessive Auslagerung der Bestände.

 

Brüssel will MMP behutsam auslagern



EU-Agrarkommissar Phil Hogan wartete am Montag auch mit keinem neuen Masterplan zur Reduzierung der in den Milchkrisenjahren 2015/16 aufgetürmten Magermilchbestände auf, kündigte aber an, die Intervention behutsam auf ein marktunschädliches Niveau herunterfahren zu wollen. 

 

Nach Ansicht des European Milk Board (EMB) befindet sich die EU mit ihrer Interventionspolitik und Milchmarktpolitik „in der Sackgasse“. „Die von der EU-Kommission seit 2014 bis heute verfolgte Politik am Milchmarkt ist ein Lehrbeispiel dafür, wie Politik nicht ablaufen sollte. Was hier geschieht, ist eine Perversion der Marktwirtschaft“, sagte EMB-Präsident Romuald Schaber in der letzten Woche bei der Besichtigung des größten belgischen Milchpulverlagers im wallonischen Herstal. Hier lagern derzeit 12.600 Tonnen Magermilchpulver in 503.084 Säcken auf rund 8.500 Paletten in Lagerhallen, die die wallonische Provinz verwaltet und von der EU finanziert werden. Die Lagerkosten für die Intervention von Magermilchpulver (öffentliche Lagerhaltung) beliefen sich im Jahre 2017 nach Angaben der Brüsseler Agrar-Generaldirektion auf rund 10 Millionen Euro. 

 

Schaber: „Milchpulver darf nicht zu Dumpingpreisen verramscht werden“


„Durch die Intervention lassen sich sicherlich saisonal bedingte Mehrmengen auffangen und umverteilen. Es macht Sinn, Milchpulver bei Produktionsspitzen abzuschöpfen und zu einem späteren Zeitpunkt, sobald der Markt sich wieder entspannt hat und die Nachfrage wieder steigt, zu verkaufen“, meint Milchbauer Schaber aus dem Allgäu im Gespräch mit top agrar. Allerdings sei die Intervention kein vollwertiges Kriseninstrument, um einen chronisch instabilen Markt im Gleichgewicht zu halten, so der Vorsitzende des europäischen Milcherzeugerverbandes (EMB)



Der Verband fordert die EU-Kommission daher auf, in der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2020 ein Kriseninstrument zu installieren, das chronischen Marktvolatilitäten entgegenwirke. Konkret schlägt er ein Markverantwortungsprogramm (MVP) vor. Dieser Mechanismus solle eine Kombination aus Marktbeobachtung und Mengenreduktion darstellen und über einen Marktindex die Entwicklung von Produktnotierungen, Milchpreisen und Erzeugungskosten beobachten und durch ein Frühwarnsystem Krisen verhindern helfen.

 

Der europäische Milcherzeugerverband schlägt  angesichts der überdehnten öffentlichen MMP-Lagerhaltung eine Reduktion der Interventionsmengen von 109.00 Tonnen pro Jahr vor und plädiert für eine gleichzeitige Anhebung des Interventionspreises auf mindestens 30 Cents pro Kilo Magermilchpulver anstelle des aktuellen Preises von 20 Cent pro Kilo. Nutznießer des anhaltenden Preisverfalls am europäischen Magermilchpulvermarkt seien die großen Milchprodukteverwerter wie Lactalis, die zu Dumpingpreisen Zugriff auf attraktive Lagermilchbestände bekämen.

 

„Diese spekulieren auf derartige Niedrigstpreise, die von der EU-Kommission durch Auktionen auch noch gefördert werden“,  so EMB-Präsident Schaber erbost. „Die EU-Kommission verschleudert das Milchpulver zum Ramschpreisen“, wendet sich Schaber gegen einen Verkauf von Magermilchpulver unter Wert.



Der EU-Kommission läuft derweil die Zeit weg, denn die Haltbarkeit von Magermilchpulver beträgt nur drei bis fünf Jahre. „Die Qualität beginnt bereits nach zwei Jahren Einlagerung zu sinken durch Aufnahme von Feuchtigkeit“, erklärt der wallonische Direktor für öffentliche Milchpulverlagerbestände, Jean Luc Cuvellier.  Letztlich verfällt das mit EU-Geldern eingelagerte Milchpulver auf Tierfutterqualität.

 

Heubuch: Es bedarf einer besseren Marktbeobachtung um künftige Krisen zu vermeiden


„Das Pulver darf nicht länger verramscht werden“, sagte der belgische Milchproduzent und EMB-Vorstandmitglied Erwin Schöpges in Herstal. Diese Meinung vertrat auch die grüne Europaabgeordnete Maria Heubuch, die sich bei der Besichtigung des belgischen Milchpulverlagers gegenüber top agrar nachdenklich zeigte: „Sicher macht es Sinn zeitweise einzulagern, um saisonale Schwankungen auszugleichen und einen Milchpreisverfall zu Lasten bäuerlicher Familienbetriebe aufzuhalten“. Aber das Auftürmen von Magermilchpulversäcken in diesen Dimensionen sei keine Antwort auf die Verwerfungen der Milchmarktpreise, die sich zwar wieder erholt hätten seit 2016, aber in Zukunft durch ein praktikables Markbeobachtungsinstrument in der künftigen GAP nachhaltig stabilisiert werden müssten, sagte Heubuch.

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