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„Milcherzeuger und Molkereien müssen zusammen unternehmerisch denken“

Das Landvolk Niedersachsen hat acht Thesen zur Milchwirtschaft formuliert. Was genau dahinter steckt, erklärt der Milchausschuss-Vorsitzende Jan Heusmann im top agrar-Interview.

Lesezeit: 5 Minuten

Das Landvolk Niedersachsen hat acht Thesen zur Milchwirtschaft formuliert (top agrar berichtete). Was genau dahinter steckt, erklärt der Milchausschuss-Vorsitzende Jan Heusmann im top agrar-Interview.


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Das Landvolk Niedersachsen hat acht Thesen zum Milchmarkt formuliert. Warum?

Heusmann: Die Diskussionen um staatliche Eingriffe in den Milchmarkt nehmen derzeit zu, beispielsweise zur Milchmenge oder den Lieferbeziehungen. Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen aus den Bundesländern. Niedersachsen produziert etwa ein Fünftel der deutschen Milch. Somit ist die Milchproduktion für unser Bundesland sehr wichtig, gleichzeitig hat Niedersachsens Stimme in der bundesweiten Diskussion relativ großes Gewicht. Um geschlossen aufzutreten und eine gemeinsame Position zu vertreten, haben wir intensive Diskussionen mit unseren Mitgliedern geführt. Geeinigt haben wir uns auf den Forderungskatalog mit acht Punkten.


Direkt mit der ersten These stoßen Sie in ein Wespennest: Sie lehnen rechtlich verordnete Mengenbeschränkungen ab – obwohl sich z.B. ihre Kreislandvolkverbände Wesermarsch und Friesland im Juli 2016 für Milchkrisen dafür ausgesprochen haben. Wie geschlossen sind die Milcherzeuger Ihres Verbandes bei dieser These?

Heusmann: Damals, zum Höhepunkt der Krise, waren rund 800 Milcherzeuger von den beiden Kreisverbänden zu einer Veranstaltung eingeladen, nur 135 sind gekommen. Davon sprachen sich 60 % für eine Mengensteuerung in Krisenzeiten aus, 40 % dagegen. Vor drei Wochen habe ich mit den Berufskollegen aus dem Milchausschuss dieser beiden Kreisverbände über den 8-Punkte-Plan gesprochen und dabei neben zwei kritischen Bemerkungen auch viel Zuspruch erhalten. Auch alle Ausschuss-Vorsitzenden tragen den Plan mit. Deshalb bin ich mir sicher, dass die allermeisten Milcherzeuger in Niedersachsen keine staatlichen Eingriffe in die Milchmenge wollen – wenn auch nicht alle.

Aber davon abgesehen: Die Bundesregierung lehnt ebenfalls sehr deutlich Eingriffe in die Milchmenge ab. Denn dazu müsste sie wieder ein quotenähnliches System aufbauen. Zudem bleiben die Fragen: Wann ist denn jetzt Krise? Die Verwertung über Milchpulver ist derzeit schlecht, Milch für Butter und Käse wird aber gesucht. Und gilt die Mengendrosselung für alle Molkereien? Also auch z.B. für Nischenmolkereien, die Milch suchen und von einer Krise überhaupt nicht betroffen sind?


Die Lieferbeziehung sollen die Marktpartner selbst regeln, sagen Sie. Doch es tut sich wenig. Wünschen Sie sich, dass die neue Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung zieht und die Branche zu Verträgen mit Menge und Preis verpflichtet?

Heusmann: Nein! Die Ministerin sollte die Entscheidung über die Gestaltung der Lieferbeziehungen den beteiligten Milcherzeugern und Molkereien überlassen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens halte ich die Begründung für falsch, dass Preissignale so schneller bei den Erzeugern ankommen. Denn wenn tatsächlich alle Lieferverträge Angaben zu Menge, Preis und Laufzeit enthalten, ähneln sie einem Kontrakt. Und dieser leitet Preissignale automatisch verzögert weiter. Zweitens befürchte ich, dass die Molkereien beim Milchpreis eher vorsichtig kalkulieren und diesen relativ niedrig ansetzen werden. Diese Erfahrung machen gerade beispielsweise die Lieferanten der irischen Molkerei Glanbia. Sie hat im Oktober 2017 einen Fünf-Jahres-Vertrag für 31 ct/kg bei 3,6% Fett und 3,3% Eiweiß angeboten, der damit nur ein ähnliches Niveau wie der Milchpreis in Niedersachsen im Durchschnitt der fünf Jahre von 2013 bis 2017 erreicht, der 32,6 Ct/kg für Milch mit 4% Fett und 3,4 % Eiweiß betrug. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass nur die Milcherzeuger und Molkereien selbst ihre Lieferbeziehung optimieren können und man ihnen nicht bestimmte Vertragsformen aufzwingen sollte.


Zum Beispiel bei der Preisabsicherung: Wie beurteilen Sie die aktuellen Instrumente der Molkereien? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Heusmann: Die Systeme zur Preisabsicherung sind sicherlich ein erstes Ergebnis der Diskussionen über die Lieferbeziehung. Diese Entwicklung begrüße ich sehr. Sowohl die Molkereien als auch die Milcherzeuger sammeln erste Erfahrungen. Ab Sommer könnte durch den Flüssigmilch-Kontrakt mehr Dynamik in die Entwicklung kommen. Dieser ist einfach näher an den Landwirten dran. Wünschen würde ich mir, dass die Molkereien die Börse deutlich stärker zur Absicherung mit ihren Abnehmern nutzen würden. Das könnte möglicherweise ein Stück Volatilität aus dem Markt nehmen.


Sie fordern Milcherzeuger und Molkereien zu mehr Geschlossenheit auf. Warum?

Heusmann: Mich stört der künstliche Gegensatz zwischen Erzeuger und Molkerei, gerade bei Genossenschaften. Wir haben doch die besondere Situation, dass die Milcherzeuger Eigentümer der Molkereigenossenschaft sind. Sie tragen somit eine Mitverantwortung für das Unternehmen und sollten nicht so tun, als wäre es eine fremde Firma. Vielmehr sollten Milcherzeuger und Molkerei gemeinsam unternehmerisch unterwegs sein.


Wie kann eigentlich die Politik der Milchbranche konkret helfen?

Heusmann: Sie sollte vernünftige Rahmenbedingungen schaffen. Und das ist kein Allgemeinplatz, sondern ein breites und wichtiges Aufgabenfeld. Im Vergleich zu anderen Agrarrohstoffen schwanken die Milchpreise extrem stark. Deshalb brauchen Milcherzeuger eine steuerliche Risikoausgleichsrücklage: Also in guten Jahren Geld zurücklegen können, ohne steuerliche Nachteile zu haben. Was die Regierung bisher auf den Weg gebracht hat, ist nicht ausreichend. Zudem sollte die Politik Unterstützungsprogramme anbieten, damit sich die Betriebe an die neuen Herausforderungen, beispielsweise bei der Dünge-Verordnung, den Jauche-, Gülle- und Siloanlagen oder dem Immissionsschutz, anpassen können. Sonst droht ein starker Strukturwandel unter den Milcherzeugern.


Was fordern Sie mit Blick auf die GAP 2020?

Heusmann: Neben den erwähnten Unterstützungsprogrammen fordert der Verband, die Tierkennzeichnung aus dem CC-Katalog herauszunehmen. Insbesondere wegen der strengen Vorgaben bei den Meldungen kommt es bei Kontrollen in der Mehrzahl der Fälle zu Anlastungen, weil Meldefristen überschritten sind oder Abgang und Zugang zeitlich nicht passen.

Oftmals handelt es sich nur um geringfügige Abweichungen, aber die Milcherzeuger können die strengen Vorgabenbei den Cross-Compliance-Kontrollen nur schwer zu 100% einhalten. Aus diesem Grunde sollte man nur schwerwiegende und vorsätzliche Verstöße sanktionieren.

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