Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus News

Neuseeland: „Das Wachstum hat eine Grenze erreicht“

Die Expansion der neuseeländischen Milchproduktion stößt an ihre Grenzen. Das Land strebt dennoch mit Milchprodukten, Schaf- und Rindfleisch auf den EU-Markt. Im Interview mit top agrar erläutert Neuseelands Agrarminister Damien O'Connor, was er sich vom Freihandelsabkommen mit der EU verspricht.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Expansion der neuseeländischen Milchproduktion stößt an ihre Grenzen. Das Land strebt dennoch mit Milchprodukten, Schaf- und Rindfleisch auf den EU-Markt. Im Interview mit top agrar erläutert Neuseelands Agrarminister Damien O'Connor, was er sich vom Freihandelsabkommen mit der EU verspricht.


Das Wichtigste zu den Themen Rind + Milch mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wie geht es den neuseeländischen Milchfarmern derzeit?


O'Connor: Die neuseeländischen Milchproduzenten haben ein paar schwierige Jahre hinter sich. Aber der aktuelle Frühling war hinsichtlich der Milchproduktion gut für sie. Der internationale Milchpreisindex ist derzeit stabil. Sie sind daher zuversichtlich. Aber so ein Wachstum in der Milchproduktion, wie wir es in den letzten Jahren gesehen haben, wird es nicht mehr geben.


Seit dem vergangenen Jahr ist Neuseeland von einem Ausbruch und einer Verbreitung des bakteriellen Erregers Mycoplasma-bovis betroffen. Beeinflusst das die Milchproduktion?


O'Connor: In Bezug auf die produzierte Gesamtmilchmenge gibt es keinen Einfluss. Aber es hat das Vertrauen in die neuseeländische Milchproduktion gestört. Wir haben uns als Regierung verpflichtet, die Krankheit auszurotten. Allerdings diskutieren wir noch ein paar schwierige offene Punkte, ob wir die Ausrottung wirklich schaffen können. Zunächst testen wir in den nächsten drei Monaten die Milch von jedem Milchviehbetrieb in ganz Neuseeland.


Gibt es in Neuseeland immer noch Neuinfektionen mit Mykoplasmen?


O'Connor:Ja, sie lassen sich alle auf einen bestimmten Stamm zurückführen. Die Ausbreitung erfolgte durch direkten Kontakt zwischen den Tieren über zwei möglicherweise drei Jahre. Unsere strengen wissenschaftlichen Untersuchungen verlangsamen mittlerweile die Ausbreitung. Außerdem keulen wir die Tiere, um eine weitere Verbreitung zu verhindern.


Wie viele Rinder wurden bisher gekeult?


O'Connor: Bis jetzt wurden 37.000 Rinder gekeult. Es gibt Prognosen, dass im Laufe der Zeit bis zu 150.000 Rinder gekeult werden müssen. Die Erzeuger bekommen dabei den Tierverlust und den Verlust an produzierter Milchmenge ersetzt.


Bis wann wollen Sie es schaffen, wieder frei von Mykoplasmen zu werden?


O'Connor:Wir glauben, dass es mit sicheren Kontrollen, einem strengen System zur Rückverfolgung von Rinderbewegungen und fortlaufenden Milchkontrollen es zehn Jahre dauern könnte.


"Die Milchmengen, die in die EU und nach Großbritannien gehen, sind winzig"


Wie viel Milch exportiert Neuseeland bereits in die EU?


O'Connor: Die Milchexporte von Neuseeland in die EU betragen rund 243 Mio. NZ-$ pro Jahr. Das ist nur ein Anteil von 1,7 Prozent an unserem gesamten Milchexport. Unsere wichtigsten Exportmärkte für Milch und Milchprodukte liegen in China, Australien, den USA und Asien. Die Mengen, die in die EU und nach Großbritannien gehen, sind im Vergleich dazu winzig.


Zu welchen Zöllen exportieren Sie in die EU?


O'Connor: Wir haben einige Exportquoten, die wir seit einiger Zeit nicht mehr bedienen. Wir brauchen mehr Flexibilität auf dem europäischen und britischen Markt. Dafür verhandeln wir das Freihandelsabkommen mit der EU.


Wollen sie beim Milchexport nur die Wertschöpfung anheben oder auch die Menge?


O'Connor: Wir haben keine Pläne, die Exportmenge an Milch und Milchprodukten zu erhöhen. Wir streben das Freihandelsabkommen vor allem für Produkte mit hoher Wertschöpfung an. Das Wachstum der neuseeländischen Milchproduktion, das wir in den vergangenen 15 Jahren gesehen haben, hat eine Grenze erreicht. Gründe dafür sind die begrenzt verfügbare Fläche und der Klimaschutz. Wir haben sehr effiziente Produzenten, das heißt nicht, dass wir billig sind. Die Produktion in Neuseeland wird getrieben von hohen Standards beim Tierwohl, im Umweltmanagement und bei der Lebensmittelsicherheit. Wir möchten den Wert von Milchprodukten auf den europäischen Märkten nicht unterbieten. Wir wollen keine Wettbewerber sondern Partner sein.


Sehen sie im Freihandelsabkommen auch eine Chance für EU-Molkereien hoch veredelte Milchprodukte nach Neuseeland zu exportieren?


O'Connor: Ja natürlich, unsere Türen sind dafür offen, auch wenn wir ein relativ kleiner Markt im Vergleich zu Europa sind. Wir haben auch bereits viele europäische Produkte auf unserem Markt zum Beispiel Käse oder Wein.


Trotzdem würde die europäische und deutsche Milchwirtschaft am liebsten den Milchsektor vom Freihandelsabkommen ausklammern. Würde Neuseeland dem zustimmen?


O'Connor: Nein, das kommt für uns nicht in Frage. Der Milchexport ist für unsere Wirtschaft von zentraler Bedeutung. Deutschland selbst ist nach den USA einer der größten weltweiter Player im Milchexport. Der Wettbewerb um die Nachfrage einer wachsenden Weltbevölkerung wird eine Herausforderung für unsere beiden Länder sein. Hier gibt es für beide Partner Möglichkeiten.


Neuseelands Molkerei Fonterra hat in den Niederlanden eine Molkerei zusammen mit dem Käse-Verpacker A-Ware gebaut. Sind solche internationalen joint-ventures die Zukunft der Milchwirtschaft?

O'Connor: Fonterra ist mittlerweile ein größerer Exporteur aus Europa heraus als nach Europa hinein. Über solche weitentwickelten Zusammenschlüsse können Technologien von der Milchindustrie gemeinsam genutzt werden. Ich denke, wir werden mehr solche kooperative Zusammenarbeit zwischen Akteuren der Milchindustrie sehen.


"Für Fleisch aus Weidehaltung gibt es einen wachsenden Markt"


Abgesehen von der Milch, was erwarten Sie vom Freihandelsabkommen mit der EU?


O'Connor: Ich denke da an Schaffleisch und in kleinen Teilen auch an Rindfleisch. Wir produzieren es aus Weidehaltung, dafür gibt es einen wachsenden Markt. Wir haben bereits mit Schafhaltern in der USA und in Großbritannien zusammen gearbeitet, um eine größere Nachfrage danach zu bilden. Das würden wir gern auch in Europa tun. Schaffleisch hat bisher nur geringe weltweite Marktanteile. Gemeinsam könnten wir besser gegen Schweine- und Geflügelfleisch konkurrieren. Im Obstbau erhoffen wir uns Vorteile, weil wir mit Europa gegensätzliche Vegetationszeiten haben und gemeinsam das ganze Jahr über frisches Obst liefern können.


Bis wann wird das Freihandelsabkommen Neuseelands mit der EU abgeschlossen sein?


O'Connor: Ein ehrgeiziges Ziel wäre in zwei Jahren. Das können wir schaffen, weil wir so viele Werte teilen.


Wie blicken Sie auf den Brexit? Beim Freihandelsabkommen mit der EU werden die Briten nicht mehr dabei sein.


O'Connor: Wir teilen die Enttäuschung der EU über den Austrittswunsch der Briten. Wir brauchen nun Freihandelsvereinbarungen mit der EU und mit Großbritannien. Die internationalen Handelsbemühungen sollten sich in die Richtung von Zollsenkungen bewegen. Der neu erstarkte Protektionismus führt uns nur zurück in dunkle Zeiten mit unfairen Handelspraktiken. Wir brauchen Freihandelsregeln, am besten ausgehandelt auf WTO-Niveau.


Was bedeutet der Stopp in der US-Freihandelspolitik für das Agrarexportland Neuseeland?


O'Connor:Neuseeland zieht keine Vorteile aus den Handelsrestriktionen der USA. Wir lagen leider falsch, als wir hofften, dass die Welt den Wert einer effizienteren Nutzung von Ressourcen verstanden hat. Neuseeland will Teil eines Handelsumfelds sein, in dem keine Ressourcen und Nahrungsmittel verschwendet werden. Das zu verändern, sollte ein Ziel für jede Nahrungsmittel produzierende Nation sein.


Das Gespräch führte top agrar Berlin Korrespondentin Stefanie Awater-Esper

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.