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Effektive Stallkühlung selbst gebaut

Die Agrargenossenschaft Scharlibbe kühlt ihre Ställe mit Grundwasser. Wer im nächsten Sommer mit der Kühlung starten möchte, sollte sich sputen. Denn die wasserrechtliche Genehmigung dauert oft lange. Es berichtet Dr. Manfred Weber, LLG Iden, in der aktuellen top agrar 11/2017.

Lesezeit: 7 Minuten

Die Agrargenossenschaft Scharlibbe kühlt ihre Ställe mit Grundwasser. Wer im nächsten Sommer mit der Kühlung starten möchte, sollte sich sputen. Denn die wasserrechtliche Genehmigung dauert oft lange. Es berichtet Dr. Manfred Weber, LLG Iden, in der aktuellen top agrar 11/2017:


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Hohe Temperaturen im Stall belasten die Schweine stark. Hitze ist insbesondere rund um die Geburt ein Problem, da der Organismus auf Hochtouren läuft und die Tiere enorm viel eigene Körperwärme produzieren. Mit der Zeit beginnt der Körper wie bei einem Fieberschub regelrecht zu glühen, wenn die Wärme nicht abgeführt wird. Ähnlich ist es während der Laktationsphase, wenn die Ferkel führenden Sauen viel Milch produzieren. Kann die Wärme dann „nicht weg“, bricht der Organismus früher oder später zusammen.


Kühlmöglichkeit Pflicht


Bei zu hohen Temperaturen leidet immer die Tiergesundheit, im schlimmsten Fall verenden die Tiere. Sinkende biologische Leistungen bei den Sauen und geringe Futteraufnahmen in der Ferkelaufzucht und Mast sind ebenfalls die Folge zu hoher Temperaturen im Stall. Der Gesetzgeber hat deshalb in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgelegt, dass Schweineställe über Kühleinrichtungen verfügen müssen.


Probleme mit überhitzten Sauen gab es auch in der Agrargenossenschaft Scharlibbe im Kreis Stendal in Sachsen-Anhalt immer wieder. Im Jahr 2015 sind an einem sehr heißen Wochenende trotz intensiver Tierbetreuung 18 Sauen im Abferkelstall verendet. „Unser damaliger Geschäftsführer Ottmar Kapl hat daraufhin sofort beschlossen, eine neue, effektivere Kühlung für den Abferkelstall zu bauen“, berichtet Anlagenleiter Frank Schirmer.


Für die Kühlung im Abferkelstall wollte man ein eigenständiges Konzept entwickeln, das sicher funktioniert und mit der sich die Ställe auch an heißen Sommertagen effektiv herunterkühlen lassen. Für wenig erfolgversprechend hielt man die Kühlung durch das Heraufsetzen der maximalen Luftrate. „Wir hätten eine Luftrate von 200 bis 500 m3 pro Sau und Stunde fahren müssen, um die Hitze einigermaßen gut aus dem Stall zu bekommen. Dabei hätten wir im Sommer ständig warme Außenluft angesaugt. Mit der Zeit wäre es in den Stallabteilen also immer wärmer geworden“, erklärt Frank Schirmer seine Bedenken.


Maximalluftrate gesenkt


In der Agrargenossenschaft Scharlibbe entschloss man sich stattdessen, Brunnenwasser als Kühlmedium einzusetzen. Vorteil: Die Maximalluftrate kann auch an heißen Tagen begrenzt bleiben. Bei der Berechnung des Kühlbedarfs wurde in Scharlibbe mit einer Maximalluftrate von 30 bis 40% kalkuliert.Berücksichtigt wurden bei der Kalkulation der notwendigen Kühlleistung die Wärmeproduktion der Sauen und die zusätzlich notwendige Kühlung der warmen Zuluft bei einer Luftmenge von ca. 80 m³ pro Sau und Stunde, was in etwa 30% der Maximalluftmenge entspricht. Als Ergebnis kam eine Gesamtkühlleistung von 23,9 kW für ein Abferkelabteil mit 54 Plätzen heraus.


Video:



Heizlüfter kühlt die Luft


Als Kühlaggregate wurden Wasser-Luft-Wärmetauscher von den Firmen Wolf und Reventa angeschafft. Diese wurden allerdings zweckentfremdet, weil durch die Kühlrippen nicht warmes, sondern 12 Grad kaltes Brunnenwasser fließt. Die Kühlleistung beträgt bei beiden Geräten ca. 6 bis 8 kW. „Wir blasen mithilfe der Wärmetauscher jetzt kalte Luft in die Abteile“, erklärt Frank Schirmer die Idee.


Damit die Geräte effektiv arbeiten können, muss die Durchflussmenge passen, wie Frank Schirmer während der Erprobungsphase festgestellt hat. Als optimal erwies sich ein Wasserdurchfluss von 0,7 m³ je Stunde. Bei dieser Menge war das Verhältnis von Wasserverbrauch und Kühlleistung optimal. Die Rücklauftemperatur stieg auf gut 21° C an, und der Tauscher brachte eine Kühlleistung von ca. 8 kW.


Bei einer benötigten Kühlleistung von 23,9 kW muss Frank Schirmer jeweils drei Tauscher in jedes der fünf Abferkelabteile hängen. Geregelt werden die Kühlaggregate über den Lüftungscomputer des Abteils, der eigens dafür modifiziert wurde. Die Regeltechnik orientiert sich dabei an der Außentemperatur und der Stallinnentemperatur.


Nach mittlerweile über einem Jahr Einsatzerfahrung hat Frank Schirmer zwei wichtige Temperaturgrenzen ermittelt. „Die Kühlung muss erst anspringen, wenn die Temperatur im Abteil über 26° C steigt. Und bereits bei 25,5° C kann sich die Kühlung wieder abschalten“, schildert Schirmer seine Beobachtungen.


Die zweite entscheidende Temperaturgrenze liegt bei 23° C Außentem-peratur. „Erst wenn es draußen wärmer wird, muss die Kühlung anspringen. Bei unter 23° C macht die Kühlung wenig Sinn, weil man zuerst die kühle Außenluft nutzen kann. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass der Regler die Luftrate begrenzt, wenn die Kühlung anspringt. Wir haben die Maximalluftrate aktuell auf 40 % begrenzt“, so Schirmer.


Temperaturspitzen gebrochen


Der Kühleffekt ist unübersehbar: An drei heißen Sommertagen konnten die Temperaturspitzen im Stall deutlich gebrochen werden.


Wie effektiv die unkomplizierte und wenig störanfällige Kühltechnik in Scharlibbe arbeitet, ist in der Übersicht dargestellt. Besonders in den heißen Nachmittagsstunden werden die Temperaturspitzen deutlich gebrochen. Frank Schirmer hat zwischen 4 und 7° C geringere Innentemperaturen in den Abferkelställen gemessen.


Seit dem Einbau der 15 Kühlaggregate in den fünf Abferkelställen der Agrar-genossenschaft sind keine Sauen mehr an Überhitzung verendet. „In puncto Tierschutz haben wir also einen riesengroßen Schritt nach vorne gemacht“, freut sich Frank Schirmer.


Und auch die Säugeleistungen der laktierenden Tiere sowie der Futterverzehr der Sauen und Ferkel im Abferkelstall haben sich deutlich verbessert. Die Sauen fressen ihre täglichen vier Mahlzeiten jetzt immer auf. Und die Absetzgewichte konnten dadurch im Sommer, wenn die Sauen wegen der Hitze normalerweise weniger Futter aufnehmen, deutlich stabilisiert werden.


„Dank der konstanten Absetzgewichte und der Tatsache, dass keine Sauen mehr verendet sind, amortisiert sich die Investition von 70000 € in unserem Betrieb bereits nach wenigen Jahren. Die Stallkühlung ist für uns ein echter Fortschritt in puncto Wohlbefinden für die Sauen“, lässt Frank Schirmer keine Zweifel aufkommen.


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Kühlwasser wird doppelt genutzt


Sollen wir das benutzte Kühlwasser auch als Tränkewasser nutzen? Diese Frage stellte man sich in der Agrargenossenschaft Scharlibbe zunächst auch. Aus hygienischen Gründen hat man sich aber dagegen entschieden. „Wir wollten kein Risiko eingehen und uns neue gesundheit-liche Probleme wie z.B. Durchfälle einfangen. Das wäre Sparen am falschen Ende gewesen, wenn wir warmes Wasser in die Tränkeleitungen gepumpt hätten und dadurch die Keimbildung gefördert hätten“, warnt Frank Schirmer.


In Scharlibbe nutzt man das erwärmte Brunnenwasser stattdessen zum Einweichen und Reinigen der Stallabteile. Ein Teil des Wassers wird zudem mithilfe eines Lochschlauches auf dem Dach des Abferkelstalles verrieselt. So wird ein zusätzlicher Kühleffekt erreicht. Bei Bedarf werden auch die Kanäle der Unterflur-Zuluftführung im Wartestall über ein Schwimmersystem mit dem Brunnenwasser gefüllt, um über die Verdunstungskühlung auch dort für Entspannung zu sorgen.


Und erst wenn der Pufferspeicher, der aus einem 50 m³ großen alten Heizöltank besteht, voll ist, werden auch die übrigen Dächer der Stallanlagen gekühlt. Das Kühlwasser, das auf den Dächern verrieselt wird, tropft dann wieder auf den Erdboden und versickert zwischen den Gebäuden.


Kühlung im Herbst planen


Die Pflicht zur Versickerung ist Bestandteil der wasserrechtlichen Genehmigung, die aufgrund der Entnahme von großen Wassermengen zuerst eingeholt werden musste. Die Genehmigung muss bei der in jedem Bundesland zuständigen Wasserbehörde beantragt werden. Und das kann mitunter mehrere Monate dauern.Frank Schirmer rät deshalb allen Landwirten, die Wasser zu Kühlzwecken entnehmen wollen, sich frühzeitig mit den zuständigen Behörden in Verbindung zu setzen. „In unserem Fall hat es fast ein halbes Jahr gedauert, bis wir die Genehmigung in der Hand hatten“, erinnert sich der Betriebsleiter.

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