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Gegen Seuchen versichern?

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt unaufhaltsam näher. Für wen es ratsam ist, jetzt noch eine Tierseuchenversicherung abzuschließen, erläutert Burkhard Fry von der Landwirtschaftskammer NRW. Außerdem: unsere Checkliste, worauf Sie achten müssen.

Lesezeit: 7 Minuten

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt unaufhaltsam näher. Für wen es ratsam ist, jetzt noch eine Tierseuchenversicherung abzuschließen, erläutert Burkhard Fry von der Landwirtschaftskammer NRW.


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Die Uhr tickt. Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt immer weiter gen Westen. Experten vermuten, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Seuche auch Deutschland erreicht. Das bedeutet Keulung der betroffenen Betriebe, Untersuchungen, aufwendige Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen sowie langandauernde Transport-, Vermarktungs- und Handelsbeschränkungen.


Das Problem: Die Tierseuchenkasse entschädigt nur den gemeinen Tierwert (Netto) und gegebenenfalls mit der Tierseuche zusammenhängende angeordnete Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen im Betrieb – und das auch nur, wenn Sie alle gesetzlichen Vorgaben und Meldungen eingehalten haben. Nicht entschädigt werden die Einbußen infolge von Betriebssperren, Vermarktungsverboten, Entschädigungslücken und Tierarztkosten. Von der entgangenen Produktion und Leistungseinbußen nach dem Wiederaufbau der Herde ganz zu schweigen.

 

Impfung nicht möglich

 

Laut Tierseuchengesetz muss die zuständige Behörde um den Seuchenherd ein Sperrgebiet von mindestens 3 km und ein Beobachtungsgebiet von mindestens 10 km einrichten. Eine Aufhebung des Sperrgebietes z. B. im Falle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) kann frühestens nach 40 Tagen und eine Aufhebung des Beobachtungsgebietes frühestens nach 30 Tagen erfolgen. Eine Impfung mit Marker-Impfstoffen, um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern, ist derzeit nicht möglich.


Wie hoch der tatsächliche Schaden auf einem Hof ist, hängt von der Dauer der Sperre, dem Leistungsstand der Herde und den Marktpreisen ab. Erfahrungen zeigen folgendes: Der Schaden infolge von Keulung und Sperre auf Sauen- oder Kuhbetrieben ist deutlich höher als der Schaden, wenn der Betrieb „nur“ gesperrt wird. Nach dem Keulen kommen trotz Entschädigung aus der Tierseuchenkasse die hohen Kosten des Wiederaufbaus und Minderleistungen der Herde zum Tragen. Vielfach dauert es ein bis zwei Jahre, bis der alte Leistungsstand wieder erreicht wird.

 

200 000 € Schaden

 

Dazu ein Praxisbeispiel. Ein Betrieb mit 500 Sauen, dessen Bestand infolge der Klassischen Schweinepest (KSP) getötet wurde und der 35 Tage gesperrt war, benötigte anschließend acht bis neun Monate, bis die Produktion wieder voll angefahren werden konnte. Die volle Leistung erreichte der Betrieb erst wieder nach 16 bis 18 Monaten. Der Gesamtschaden belief sich hier auf über 200 000 €.


Ein anderer Betrieb mit gleicher Produktion, der aufgrund der Klassischen Schweinepest über 45 Tage „nur“ gesperrt worden war, verbuchte Schäden in Höhe von 60 000 €. Einen Teil seiner Aufzuchtferkel konnte der Landwirt provisorisch in einer Halle aufstallen. Ein Mastbetrieb mit 3 000 Plätzen konnte zwar rund vier Monate weiter seine Schweine verkaufen, doch der Mäster durfte keine neuen Ferkel aufstallen. Unterm Strich erlitt der Landwirt einen Gesamtschaden von immerhin 60 000 €.

 

Ausfälle versichern

 

Um die genannten und weitere Schäden aufzufangen, bieten die Versicherungen den Landwirten eine sogenannte Ertragsschaden-Versicherung an. Sie wird derzeit vom LVM, der MVG-Tier (dahinter stehen die Uelzener Versicherung, Versicherungskammer Bayern, VGH, Westfälische Provinzial), Münchener und Magdeburger sowie der Vereinigten Tierversicherung VTV (R+V) angeboten.


Die Ertragsschaden-Versicherung ersetzt den Landwirten den entgangenen Deckungsbeitrag und die Mehrkosten infolge einer anzeigepflichtigen Tierseuche abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung. Der Haftungszeitraum beträgt bei allen Versicherern zwölf Monate. Neuerdings können Sie bei einigen Gesellschaften den Haftungszeitraum auf 24 Monate verlängern.


Bricht auf einem Hof eine Tierseuche aus, ermittelt ein von der Versicherung beauftragter Gutachter den Schaden. Ist der Landwirt mit dem Ergebnis nicht einverstanden, kann er auf eigene Kosten einen Gutachter beauftragen.


Die Münchener und Magdeburger bietet neben dem entgangenen Deckungsbeitrag auch die Absicherung nach Tabellenwerten an. Diese Absicherung ist eher bei Mastschweinen als Mindestabsicherung eine Überlegung wert. Landwirte mit Sauenhaltung sollten den tatsächlichen Ertragsschaden absichern, um den „überdurchschnittlichen“ Großschaden voll abzusichern. Die Selbstbeteiligung müssen Sie ja auch noch in jedem Fall tragen.

 

Auch für „Unfälle“

 

Neben dem Risiko „Tierseuche“ ist das Risiko „Unfall“ im Tierbestand in der Regel ebenfalls mitversichert. Ein Unfall liegt vor, wenn in einem Schweinebetrieb zum Beispiel die Lüftung infolge eines technischen Defekts, Kurzschlusses oder netzbedingter Überspannung ausfällt.


Die Versicherung zahlt jedoch nur, wenn Sie nachweisen können, dass die Lüftung in ordnungsgemäßem Zustand war. Ohne Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, die ab gewissen Bestandsgrößen zum Beispiel auch den Einsatz eines Notstromaggregates vorsehen, und regelmäßiger Wartung der technischen Einrichtungen gefährden Sie Ihren Versicherungsschutz! Steuerungen und Alarmanlagen sollten nur vom Fachbetrieb installiert und regelmäßig überprüft werden.


Nach Antragstellung beträgt die Wartezeit je nach Gesellschaft und Krankheitsgeschehen zwischen einem und drei Monaten. Selbstverständlich muss der Betrieb zum Zeitpunkt der Antragstellung frei von Tierseuchen sein. Der Abschluss einer neuen Police ist trotz des aktuellen ASP-Risikos nach Aussage der Versicherungen auch jetzt noch möglich.

 

Kosten für Sauenhalter

 

Die Ertragsschaden-Versicherung kostet für die Bausteine anzeigepflichtige Tierseuchen und Unfall je nach Gesellschaft, Ferkelzahlen pro Sau und Tierwerten etwa 10 bis 13 €/Sau/Jahr inklusive Versicherungssteuer. Die Selbstbeteiligung je Zuchtsau liegt bei 40 bis 50 €/Sau.


Die Versicherungen gewähren in der Regel vollen Versicherungsschutz, wenn sich der Produktionsumfang während der Vertragslaufzeit um max. 10 bis 20 % erhöht (Unterversicherungsverzicht). Veränderungen der Produktion (Anzahl Sauen, Ferkelzahl/Sau) sollten Sie dem Versicherer unverzüglich melden.

Wollen Sie übertragbare Krankheiten mitversichern, erhöht sich die Prämie um 50 bis 100 %. Teilweise schauen sich die Versicherungen den Betrieb an, bevor sie eine Deckungszusage geben.

 

Kosten für Mäster

 

Die Prämien für die Schweinemast belaufen sich für die Risiken „anzeigepflichtige Tierseuchen und Unfall“ je nach Gesellschaft, Produktionsumfang und Tierwerten auf 0,70 bis 0,90 €/Platz/Jahr inklusive Steuer. Kommen die Ferkel aus mehr als zwei bis drei Herkunftsbetrieben, kostet der Schutz mehr. Die Selbstbeteiligung beträgt pro Mastplatz zwischen 7 und 11 €. Das Mitversichern übertragbarer Krankheiten ist in der Mast unüblich.


Alle Vorgaben der Nutztierhaltungsverordnung müssen Sie mit Ihrem Hoftierarzt besprechen und zu 100 % einhalten, damit Sie die Zahlung aus der Tierseuchenkasse nicht gefährden. Zudem muss die Alarmierung bei Lüftungs- und Stromausfall funktionieren. Vorbeugen und achtsam sein, heißt die Devise. Besprechen Sie Ihre betriebliche Situation und das Risiko eines Seuchenfalles auch mit Ihrem Steuer- und Produktionsberater.


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Besonders für Wachstumsbetriebe zu empfehlen


  • Die Ertragsschaden-Versicherung ist Sauenhaltern und Mästern zu empfehlen, deren Tierbestände stark gewachsen sind und die in der Regel viel Fremdkapital bedienen oder hohe Pachten zahlen müssen. Oft fallen hier auch Löhne für fremde Arbeitskräfte an. Im Seuchenfall laufen viele Kosten weiter.



  • Zuchtbetriebe sollten an die Entschädigungsgrenzen bei der Tierseuchenkasse denken. Pro Zuchtsau werden maximal 1 278 € entschädigt.



  • Von Bedeutung ist auch die Risikobereitschaft der Familie: Wie verkraften ich und meine Partnerin eine ausgebrochene Tierseuche psychisch? Der Abschluss einer Police kann besorgte Eheleute besser schlafen lassen. Der Abschluss eines Versicherungsvertrages bewirkt mitunter auch ein besseres Rating bei Ihrer Hausbank.



  • Umgekehrt benötigt nicht jeder Tierhalter eine Ertragsschaden-Versicherung. Landwirte mit wenig Fremdkapital, ohne teure Pachten und/oder mit zusätzlichen Einkünften, etwa aus Windkraft, Biogas oder PV-Anlagen, sollten überlegen, ob sie die finanziellen Einbußen im Schadenfall auch ohne Versicherung schultern können.



  • Holen Sie sich vor Abschluss mindestens zwei, besser drei Angebote ein. Nutzen Sie den Wettbewerb. Geben Sie den Gesellschaften gleiche Tierzahlen und Leistungszahlen vor, damit Sie die Angebote vergleichen können. Lassen Sie sich die Gesamtprämie inklusive Steuer und Selbstbeteiligung vorrechnen. Klären Sie außerdem ab, auf welchen Zeitraum sich die Selbstbeteiligung bezieht.



  • Zahlreiche Tierhalter haben bereits eine Ertragsschaden-Versicherung abgeschlossen. Sie sollten dann jedoch regelmäßig prüfen, ob die angegebenen Tierzahlen noch passen, damit Sie im Schadenfall keine Einbuße erleiden. Oft sind die Policen bereits älter und damit Entschädigungslücken vorprogrammiert.



  • Wichtig: Alle Tierseuchen müssen im Vertrag versichert sein und nicht nur eine Auswahl. Ansonsten kann es Probleme geben, wenn ganz neue Seuchen auftreten, die bei Abschluss der Police noch keine Bedeutung hatten.



  • Das Mitversichern übertragbarer Krankheiten kostet in der Regel 50 bis 100 % mehr. Beachten Sie auch hier die Selbstbeteiligung, die vom Schaden abgezogen wird. Vielfach ist der „gefühlte“ Schaden bei den übertragbaren Krankheiten höher als der Schaden, der tatsächlich eintreten kann. Betriebe mit chronischen Krankheitsproblemen im Stall sind nicht versicherbar. Deshalb sollten Sie überlegen, ob sich das Mitversichern übertragbarer Krankheiten überhaupt lohnt. Fry/Asbrand

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