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Initiative Tierwohl: Neue Kriterienkataloge, sinkende Boni

Die Initiative Tierwohl zieht die Zügel an. Lohnt sich die Anmeldung ab September überhaupt noch? Stefan Leuer von der LWK Nordrhein-Westfalen hat für die top agrar-Ausgabe 7/2017 nachgerechnet. Ab Januar 2018 gelten bei der Initiative Tierwohl (ITW) neue Spielregeln.

Lesezeit: 8 Minuten

Die Initiative Tierwohl zieht die Zügel an. Lohnt sich die Anmeldung ab September überhaupt noch? Stefan Leuer von der LWK Nordrhein-Westfalen hat für die top agrar-Ausgabe 7/2017 nachgerechnet.


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Ab Januar 2018 gelten bei der Initiative Tierwohl (ITW) neue Spielregeln. Die beteiligten Branchenvertreter handeln derzeit die letzten Details aus. Ab September können sich interessierte Landwirte anmelden (siehe Übersicht 1). Geplant ist für den Vergütungszeitraum von 2018 bis 2020 derzeit folgendes:

  • Erhöhung des Budgets für Schweine haltende Betriebe von 65 Mio. € auf gut 100 Mio. € pro Jahr. Das entspricht einer Anhebung des Entgelts von bislang 4 Cent auf 6,25 Cent pro kg verkauftem Fleisch. Mit dem neuen Budget könnten rechnerisch 4 800 Schweine haltende Betriebe teilnehmen. Die Zahl entspricht genau der Anzahl Schweinehalter, die derzeit am Programm teilnehmen inklusive derjenigen, die nach wie vor auf der Warteliste stehen.
  • Straffung der Kriterienkataloge und Erhöhung der Grundanforderungen.
  • Einführung eines Tiergesundheitsindexes.



Weitere Grundanforderungen

 

Landwirte, die künftig an der ITW teilnehmen möchten, müssen weiterhin die QS-Basiskriterien erfüllen, wie Übersicht 2 zeigt. Dazu zählen die Teilnahme am Antibiotika-Monitoring und die Schlachtbefundauswertung. Auch ein jährlicher Stallklima- und ein Tränkewassercheck sind weiter fest vorgegeben. Ebenso müssen die Landwirte 1,5 % Fensterfläche bezogen auf die Abteilgrundfläche garantieren.


Neu in die Grundanforderungen (Block A) aufgenommen, und damit verpflichtend für alle Teilnehmer, werden der Einsatz von organischem Beschäftigungsmaterial und „10 % mehr Platz“ bezogen auf die gesetzliche Mindestfläche. Beide Kriterien wurden von den Landwirten bisher am häufigsten gewählt.


Die Kriterienliste in Block B (Wahlkriterien) wird deutlich gestrafft. Enthalten sind hier nur noch die Kriterien, die von den bisher teilnehmenden Landwirten am häufigsten ausgewählt wurden. Block C (intakter Ringelschwanz) wird zunächst nicht berücksichtigt und ist wohl auch in naher Zukunft nicht wählbar.


Stärker in den Fokus gerückt werden soll künftig der Aspekt der Tiergesundheit. Parallel zum Ausbau der Schlachtbefund-Datenbank soll ein Tiergesundheitsindex (TGI) erarbeitet werden, der mit einem entsprechenden Bonus versehen wird. Dafür stehen laut Planung ca. 7 % des Gesamtbudgets zur Verfügung.


Künftig werden nur noch maximal 5,10 € pro Mastschwein ausgezahlt. Das sind 3,90 € weniger als bislang. Auch in der Ferkelerzeugung und -aufzucht sinken die Höchstbeträge.



 

Vergütung sinkt


Neu geregelt wird ab 2018 auch die Vergütung. Für einige Kriterien sinken die Sätze zum Teil deutlich. Allein für die beiden Pflichtkriterien in Block A „10 % mehr Platz“ und „organisches Beschäftigungsmaterial“ erhalten die Landwirte künftig 22 % weniger Geld! Auch die Höchstgrenze bei der Vergütung pro Mastschwein wurde deutlich abgesenkt, und zwar von 9 auf 5,10 €! Dafür gibt es demnächst keinen Mindestbonus mehr, den man erreichen muss.


Die Reduzierung einiger Vergütungssätze fällt auf den ersten Blick extrem aus, ist aber durchaus gerechtfertigt. Denn die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der Einsatz von organischem Beschäftigungsmaterial z. B. deutlich preiswerter ist als zunächst kalkuliert wurde. Und da die Initiative Tierwohl den Grundgedanken verfolgt, nur die Kosten für die Mehr-Aufwendungen zu erstatten, ist die Reduzierung der Boni die logische Konsequenz.


Als Datengrundlage für die Berechnungen wurden die Mastbetriebe in drei Leistungsklassen unterteilt.


In der Sauenhaltung erreichen die besten Betriebe fast zwei Ferkel mehr als ihre weniger erfolgreichen Berufskollegen.


Bei gut 44 € liegt die Direktkostenfreie Leistung in der Ferkelaufzucht im Schnitt.



 

Teilnehmen oder nicht?


Jeder Schweinehalter muss sich vor diesem Hintergrund natürlich die Frage stellen: Macht die erstmalige bzw. neuerliche Teilnahme an der Initiative Tierwohl Sinn?


Hinweise zur Beantwortung der Frage können z. B. die Ergebnisse aus den Unternehmerkreisen der Kammern der letzten Jahre geben. Berücksichtigt werden dabei die wirtschaftlich erfolgreichen, die durchschnittlich und die weniger erfolgreich wirtschaftenden Betriebe. Die Basisdaten für die Berechnungen sind in den Übersichten 3 bis 5 dargestellt.


Die Unterteilung der Betriebe in drei Leistungsklassen ist nötig, weil die unterschiedlichen Betriebs-, Abteil- und Buchtengrößen großen Einfluss auf eventuell notwendige Investitionen haben. Die Kriterien sehen z .B. vor, dass für das Saufen aus offener Fläche eine Schalentränke pro 36 Tiere zur Verfügung stehen muss. Ein durchschnittlich erfolgreicher Mäster, der 48 Schweine pro Bucht hält, müsste demnach mindestens zwei Schalentränken pro Bucht installieren. Der erfolgreiche Betrieb, der im Schnitt 36 Schweine pro Bucht aufstallt, kommt hingegen mit einer Tränke aus.


Auch die Differenzen bei den Direktkostenfreien Leistungen (DkfL) wirken sich unterschiedlich stark aus. Das ist z. B. beim Kriterium „mehr Platz“ der Fall, weil bei mehr Platz pro Schwein die Stallauslastung sinkt. Und dieses führt unmittelbar zu einem Verlust an Direktkostenfreier Leistung. Hiervon ist der erfolgreich wirtschaftende Betrieb am stärksten betroffen.

 

Weniger Tiere, höhere Kosten


In allen Berechnungen wurde unterstellt, dass der zusätzliche Platzbedarf nicht neu geschaffen werden kann, sondern der Tierbestand abgestockt wird. Für Sauenhalter hätte das zur Folge, dass die Auslastung der ohnehin recht teuren Abferkelplätze deutlich sinkt. Noch schlechter wird die Auslastung im Abferkelstall, wenn der Platz im Ferkelaufzuchtstall ohnehin knapp bemessen ist und durch die Teilnahme an der Initiative Tierwohl zusätzlich 10 % mehr Platz pro Aufzuchtferkel gewährt werden muss. Dann wird der Landwirt seinen Sauenbestand noch weiter reduzieren müssen.


Bei allen drei Betriebstypen sind die notwendigen Investitionen, die weiteren Direktkosten, die zusätzliche Arbeit und die fehlende Direktkostenfreie Leistung in den Kalkulationen berücksichtigt worden. Als Vergleichsbasis für die Bewertung der Kriterien dient das jeweilige Betriebsergebnis ohne Tierwohlmaßnahmen.


Zu beachten ist weiterhin, dass die Kosten als Bruttokosten inklusive Mehrwertsteuer erfasst wurden, da Veredlungsbetriebe im Regelfall pauschalierend wirtschaften. Laut einer rechtsverbindlichen Feststellung der Finanzbehörden ist der Bonus der Kriterien aber nicht mit 10,7 % MwSt. abzurechnen, sondern mit 19 %. Das bedeutet für die landwirtschaftlichen Betriebe, dass sie die Mehrwertsteuer nach Erhalt an das Finanzamt abführen müssen, und der Bonus den Betrieben somit nur Netto zur Abdeckung ihrer Kosten zur Verfügung steht.


Gute Betriebe zahlen drauf!


Die finanziellen Auswirkungen sind in Übersicht 6 auf Seite S 10 dargestellt. Es zeigt sich,  dass je nach Ausgangslage sehr unterschiedliche Effekte zu erwarten sind. In keinem Fall kostendeckend ist die Grundvergütung für die Basiskriterien. Die 500 € reichen bei weitem nicht aus, um die Kosten der erforderlichen Audits sowie der Klima- und Tränkewasserchecks zu decken.


Nach bisherigen Erfahrungen kostet ein Audit rund 200 € pro Besuch. Da künftig zwei Audits pro Jahr fällig sind, wären hierfür schon 400 € weg. Für den jährlichen Klimacheck sind 250 € einkalkuliert worden. Und für die Untersuchung des Tränkewassers wurden 80 € pro Jahr angesetzt. Hinzu kommt: Größere Betriebe, in denen das Audit in der Regel länger dauert, müssen ein noch höheres Defizit veranschlagen.


Geld drauflegen werden künftig v. a. die durchschnittlich erfolgreichen sowie die 25 % besten Betriebe bei den beiden neuen Grundanforderungen „10 % mehr Platz“ und „organisches Beschäftigungsmaterial“. Das Abschmelzen der Boni wirkt sich deutlich negativ aus. Auswertungen zeigen, dass sich bei mehr Platz die biologischen Leistungen zwar leicht verbessern und auch die Kosten für die Tiergesundheit sinken. Der Erlös pro Quadratmeter Stallfläche fällt jedoch, weil weniger Fleisch pro Quadratmeter produziert wird.


Lediglich die weniger erfolgreichen Mäster und Aufzüchter erwirtschaften durch die Teilnahme ein kleines Plus. Das liegt daran, dass bei der Berechnung der Vergütung die durchschnittliche DkfL eines pauschalierenden Betriebes angesetzt wurde. Da die Vergütung aber nur netto zur Verfügung steht, fehlt dem Betrieb am Ende die Mehrwertsteuer auf der Erlösseite.


Betrachtet man die Wahlkriterien, zeigt sich folgendes Bild: Der Einsatz von Raufutter ist in allen Betriebstypen kostendeckend. Die höheren Arbeitszeiten für die Verteilung des Raufutters werden durch den Bonus zu 100 % abgedeckt. Die Luftkühlung, für die nur Mäster einen Bonus erhalten, lässt sich in vielen Betrieben mit der vorhandenen Einweichanlage koppeln, sodass nur geringe Investitionskosten für die zusätzlichen Düsen entstehen. Entsprechend reicht der Bonus aus, um die Kosten abzudecken.


Beim Saufen aus offener Fläche ist entscheidend, wie viele Tränken pro Bucht eingebaut werden müssen. In der Gruppenhaltung werden die Kosten durch die Boni meist gedeckt. Einzig bei den durchschnittlich erfolgreichen und weniger erfolgreichen Mästern geht die Rechnung nicht auf. Teuer wird es für die Sauenhalter. Denn im Abferkelbereich muss aufgrund des hohen Investitionsbedarfes mit einem negativen Ergebnis gerechnet werden.


Wirtschaftlich kritisch zu sehen ist in den meisten Fällen das Wahlkriterium „20 % mehr Platz“. Die deutlich geringere Direktkostenfreie Leistung wird durch den Bonus bei weitem nicht gedeckt. Vor allem die erfolgreichen Mäster und Ferkelerzeuger würden ein dickes Minusgeschäft machen. Nur die weniger erfolgreichen Sauenhalter und Ferkelaufzüchter könnten profitieren.

 

Weniger Auswahl


Neben der Kürzung der Vergütung ist für die Betriebe auch problematisch, dass der Einzelbetrieb durch die Deckelung der Boni pro Schwein künftig weniger Kriterien zur Auswahl hat. Mäster würden beispielsweise mit dem verpflichtenden Block A und dem Raufuttereinsatz die Maximalsumme bereits ausschöpfen. Weitere Maßnahmen wie zum Beispiel die Luftkühlung würden sie nicht mehr honoriert bekommen. Das schränkt die Attraktivität des Systems deutlich ein. In der Sauenhaltung und Ferkelaufzucht wäre die Situation ähnlich.


Ob sich die Teilnahme an der Initiative Tierwohl künftig noch lohnt, hängt u. a. von der Betriebsausrichtung und den Leistungen ab.

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