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"Von Engpässen kann nicht im Entferntesten die Rede sein."

BayWa AG-Chef Prof. Klaus Josef Lutz sieht seinen Konzern in puncto Liquidität gut aufgestellt und erklärt in der aktuellen Südplus, warum er eine niedrige Eigenkapitalquote für wichtig hält. Hier das Interview in ganzer Länge.

Lesezeit: 8 Minuten

BayWa AG-Chef Prof. Klaus Josef Lutz sieht seinen Konzern in puncto Liquidität gut aufgestellt und erklärt in der aktuellen Südplus, warum er eine niedrige Eigenkapitalquote für wichtig hält.











Thema Agrarhandel Süddeutschland






Wie viele Agrarhandelsstandorte hat die BayWa AG in den letzten drei Jahren in Bayern und Baden-Württemberg übernommen?

 

In den vergangenen drei Jahren hat die BayWa in Süddeutschland einen privaten Landhandel übernommen. Dabei handelt es sich um den Landhandel Kohler GmbH & Co. KG aus Tuningen, Baden-Württemberg.





Welche strategische Überlegung steht hinter der Übernahmen?

 

Der Landhandel Kohler war ein familiengeführter Betrieb, der vor der Aufgabe stand. Um die Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln sowie Getreideerfassung in der Region Baar-Heuberg weiter aufrecht zu erhalten, wurde der BayWa der Standort angeboten.

 

Wie viele Agrarhandelsstandorte hat die BayWa im gleichen Zeitraum in den beiden Bundesländern geschlossen?

 

Um die Versorgung der Landwirtschaft in der Fläche künftig stärker zu konzentrieren und Ressourcen zu optimieren, hat die BayWa von 2015 bis 2017 durchschnittlich 13 kleinere Agrarhandelsstandorte und Lager pro Jahr geschlossen. Als Teil der Rekonstruierung unseres Standortnetzes werden diese Schließungen meistens durch Investitionen an anderen Standorten kompensiert. Jedes Jahr wendet die BayWa rund 15 Millionen Euro auf, um bestehende Standorte zu modernisieren oder neue Agrar-Kompetenzzentren zu bauen.



 

Ist ein weiterer Ausbau an den bestehenden Standorten und/oder sind weitere Zukäufe im Agrarhandel in Baden-Württemberg oder Bayern geplant?

 

Die BayWa wird auch weiterhin in die Ertüchtigung ihrer Agrarstandorte investieren, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. In Bezug auf mögliche Zukäufe erhalten wir immer wieder Angebote und wir sind offen für den Dialog. Voraussetzung ist immer, dass das uns angebotene Objekt in unser Standortnetz passt. Eine wichtige Überlegung in dem Zusammenhang ist auch, wie sich ein Zukauf eines Händlers mit einem Standort im Vergleich zu anderen Möglichkeiten, zum Beispiel einem Neubau, wirtschaftlich darstellt.





Im Interview in der top agrar Südplus 2/2018 haben Sie angekündigt, dass die BayWa im Jahr 2018 ca. 20 bis 30 Standorte schließen wird. Wie viele davon werden Agrarhandelsstandorte in Bayern und Baden-Württemberg sein?

 

Erst wenn die Ersatzinvestition für die zukünftige Versorgung der Landwirtschaft in einer Region steht, werden Standorte, die nicht mehr wirtschaftlich sind, geschlossen. Somit sind zeitliche Verschiebungen immer möglich. Das trifft auch auf 2018 zu. Wir gehen aktuell davon aus, dass in diesem Jahr zirka fünf Standorte in Süddeutschland außer Betrieb gehen.





Wie unterscheidet sich die Wettbewerbssituation im Agrarhandel in Süddeutschland zur Situation in anderen Bundesländern?


 

Die Wettbewerbsintensität ist überall vergleichbar.





Ist die erzielbare Marge im Agrarhandel im Süden höher als im Norden und/oder Osten Deutschlands?

 

In der Tendenz sind die Margen im Osten niedriger als im Süden. Im Osten ist aber auch die Kostenstruktur kleiner aufgrund der größeren Betriebs- und Lagereinheiten. Die Profitabilität ist überall gleich.





Erwarten Sie für Süddeutschland einen Rückgang der Tierzahlen, bedingt durch neue Vorschriften wie die Düngeverordnung, Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration etc.? Wenn ja, welche Konsequenzen hat dies für den Agrarhandel, insbesondere den Mischfutterhandel, und wie werden Sie darauf reagieren?

 

Einzelne Betriebe könnten betroffen sein, doch in Summe erwarten wir aufgrund der Düngeverordnung keine gravierenden Veränderungen bei den Tierzahlen in Süddeutschland. Im Umgang mit den gesetzlichen Vorschriften werden die betroffenen Betriebe in den südlichen Tierhaltungs-Ballungsgebieten entsprechende Lösungen finden, zum Beispiel über angepasste Fütterungsstrategien, Gülle- bzw. Festmistabnahmeverträge.



Die Ferkelproduktion ist im Süden ohnehin schon stark rückläufig und wird durch das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration nochmals beeinflusst.

Grundsätzlich gehen wir von stagnierenden Tierzahlen in Süddeutschland aus, bedingt durch Maßnahmen für mehr Tierwohl und den steigenden Anteil an Öko-Betrieben. Die veränderte Betriebsausrichtung in der Tierhaltung gestaltet die BayWa mit entsprechenden Angeboten zu den Themen Fütterung, Stallhygiene, Stallbau sowie Digitalisierung in der Tierhaltung aktiv mit.

 

 

Thema Agrarhandel Europa / international

 

Steht der Agrarhandel in Europa vor einer Konsolidierungswelle?

 

In den letzten Jahren gab es im Agrarhandel Konsolidierungen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Kurzfristig erwarten wir hier aber keine Welle. Wir beobachten die Entwicklungen, die sich insbesondere auf Lieferantenseite vollziehen, jedoch genau. Übernahmen in der Industrie oder entlang der Wertschöpfungskette im Bereich der Digitalisierung machen deutlich, dass in der Agrarbranche allgemein Unternehmen durchaus konsolidieren.





Durch die Übernahmen der Cefetra e.V. sowie der Bohnhorst Agrarhandel GmbH erhöhten das Getreidehandelsvolumen der BayWa AG von 5,5 Mio t auf 28 Mio t. Welche Vor- und Nachteile entstehen dadurch den Primärgenossenschaften und deren Mitgliedern? Hat das höhere Volumen bereits dazu geführt, dass die BayWa höhere Margen im Getreidehandel erzielen kann?

 

Zwischen einem größeren Volumen und höheren Margen gibt es keine Korrelation. Ein entsprechendes Volumen ist aber notwendig, um Lieferketten aufrechtzuerhalten, Umschlagplätze auszulasten und letztlich die Versorgung sicherzustellen. Hier übernimmt die BayWa mit ihrer Logistikleistung eine wichtige Funktion in der Wertschöpfungskette, von der auch der private Landhandel und die Primärgenossenschaften profitieren.





Welche Synergien entstehen durch die Beteiligung der BayWa AG an der RWA (Österreich)? Welche Vorteile entstehen durch diese Beteiligung für die Primärgenossenschaften in Deutschland, insbesondere Süddeutschland?

 

Die BayWa AG ist seit 1999 an der RWA Raiffeisen Ware Austria AG beteiligt. BayWa und RWA sind nahezu in denselben Produkt- und Dienstleistungsbereichen tätig, mit dem Unterschied, dass die RWA – anders als die BayWa – kaum eine direkte Vertriebsfunktion übernimmt, sondern überwiegend Großhandelsfunktionen. Für beide Unternehmen bedeutete die zur Jahrtausendwende geschlossene Allianz eine Stärkung im globalen Wettbewerb.



Auch hinsichtlich der Entwicklung neuer Angebote entlang der Wertschöpfungskette ergeben sich Synergien. Das Agro Innovation Lab, die gemeinsame Innovationsplattform von BayWa und RWA, legt jedes Jahr ein Start-up Acceleration Programm auf – das erste in Europa, das von einem Konzern entwickelt und angeboten wird und das einzige, das alle Bereiche der Landwirtschaft anspricht. Ziel dieses Programms ist es, innovative Geschäftsmodelle in der Landwirtschaft frühzeitig zu entdecken, zu unterstützen und – sofern sie in das Portfolio passen – durch Beteiligung oder Kooperation den Landwirten nutzbar zu machen. Davon können auch Primärgenossenschaften profitieren.





Landwirte fragen uns immer wieder, was es den süddeutschen Primärgenossenschaften nutzt, wenn „die BayWa Äpfel von Neuseeland nach China verkauft“. Welche strategische Überlegung stand hinter der Übernahme von Turners & Growers und inwieweit hat sich diese bewahrheitet? Sind Vorteile für süddeutsche Obstproduzenten entstanden?

 

„Wenn die BayWa Äpfel von Neuseeland nach China verkauft“ ist das nicht zum Nachteil der süddeutschen Erzeuger. Hauptgrund für die Internationalisierung der BayWa im Obstgeschäft war die Sicherstellung der Warenverfügbarkeit für den Lebensmitteleinzelhandel. Die geforderte Lieferfähigkeit an 365 Tagen im Jahr lässt sich nur in Verbindung mit den Anbaugebieten in der südlichen Hemisphäre gewährleisten. Deutschland beispielsweise hat bei Äpfeln nur eine Selbstversorgungsquote von 60%.



Seit der Übernahme von Turners & Growers (T&G) 2012 ist die BayWa das ganze Jahr über lieferfähig und kann damit insbesondere in der zweiten Saisonhälfte Lücken bei der Versorgung mit heimischer Ware durch Äpfel aus Übersee ausgleichen. T&G ist in Neuseeland Marktführer im Vertrieb und Export von Frischobst mit einem weltweiten Handelsnetzwerk für Äpfel in Südamerika, USA, Südafrika, Asien und Europa.



Von den breit aufgestellten Vertriebsstrukturen der ausländischen Beteiligungen der BayWa können auch deutsche Erzeuger profitieren. Dass sich speziell im bedeutenden asiatischen Raum noch keine Absatzchancen für deutsches Obst ergeben haben, liegt an den dafür fehlenden notwendigen Handelsabkommen, die wiederum auf politischer Ebene entschieden werden.

 

 

Thema Geschäftsbericht 2017


 

Die Eigenkapitalquote der BayWa liegt nun bei 22% inkl. Hybridkapital. Gleichzeitig ist die kurzfristige Schuldenlast hoch (Quick Ratio 0,59) und die EBIT/Umsatz-Marge mit 1,07% gering. Wie will die BayWa AG in der nahen Zukunft Liquiditätsengpässe vermeiden?

 

Diese Analyse ist nicht zutreffend. Die BayWa muss schon als Handelshaus mit einer inhärenten Finanzierungsfunktion für die Landwirtschaft betrachtet werden. Deswegen können Sie bei der Berechnung der „Quick Ratio“ auch nicht die Vorräte einfach komplett rausrechnen. Unsere Quick Ratio, d.h. das Verhältnis der kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen und der kurzfristigen Vermögenswerte, beträgt unter Berücksichtigung der sogenannten Cash Equivalents (z.B. bereits verkaufte Getreidebestände, die noch auf der Bilanz liegen) rund 0,9 und ist somit nahezu ausgeglichen.



Bei der BayWa wird sehr auf die Fristenkongruenz unserer Verpflichtungen und Vermögenswerte geachtet. Den kurzfristigen Lieferantenverbindlichkeiten stehen weitgehend risikolose Kundenforderungen in anderthalbfacher Höhe gegenüber. Der „Financial Headroom“ beträgt zum 31.12.2017 konzernweit rund 1,5 Mrd. Euro. Von Engpässen kann da nicht im Entferntesten die Rede sein.



 

Sie haben im Südplus-Interview eine Eigenkapitalquote von 30% für ein Dienstleistungs- und Handelshaus als zu hoch bezeichnet. Welchen Vorteil bietet eine niedrigere Eigenkapitalquote der BayWa AG?

 

In der Betriebswirtschaftslehre bezeichnet man das als den Leverage-Effekt, die Hebelwirkung der Finanzierungkosten auf die Eigenkapitalverzinsung. Oder mit anderen Worten, das Eigenkapital muss arbeiten, es muss sich höher rentieren. Deswegen ist eine starre EK-Quote keine aussagefähige Unternehmenskennziffer für ein dynamisches Unternehmen.



 

Wie bewerten sie vor diesem Hintergrund die Eigenkapitalquote der RWA von 51%?


 

Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten sicher optimierungsfähig und eine gute Basis der Weiterentwicklung des Unternehmens in der Zukunft.

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