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Traktormotoren: Alles eine Frage der Leistung

Vier- oder Sechszylinder? Was macht ein Boost? Was bedeuten die Leistungsangaben? Landmaschinenmechaniker-Meister Reinhard Timpe beantwortet die zehn wichtigsten Fragen, damit Sie die Prospektangaben besser verstehen.

Lesezeit: 8 Minuten

Vier- oder Sechszylinder? Was macht ein Boost? Was bedeuten die Leistungsangaben? Landmaschinenmechaniker-Meister Reinhard Timpe beantwortet die zehn wichtigsten Fragen, damit Sie die Prospektangaben besser verstehen.

1. Leistung:Was hat Einfluss auf die Leistung eines Schleppermotors?

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Antwort:Die Leistung ergibt sich aus Drehmoment und Drehzahl. Das Drehmoment resultiert aus dem Hubraum und dem mittleren Verbrennungsdruck. Je höher der Druck, desto höher sind die Kräfte, die auf den Kolben wirkt, und das Drehmoment. Auf den Druck haben die Verdichtung, die Diesel- und die Luft- bzw. Sauerstoffmenge Einfluss. Der Dieselmotor hat eine höhere Verdichtung als der Ottomotor und außerdem einen höheren Wirkungsgrad. Die Diesel- und Luftmenge lassen sich nicht unabhängig voneinander variieren, sie müssen in einem passenden (stöchiometrischen) Verhältnis stehen. Sonst bilden sich Ruß bzw. Stickoxide oder die Verbrennung kommt in Gang. Die schwarze Rauchfahne eines früheren Traktors bei Schwerarbeit zeigt einen Dieselüberschuss, der Kraftstoff verbrennt nicht vollständig.

2. Einspritzung:Warum sind elektronische Einspritzungen effizienter als mechanische?

Antwort: Bei mechanischen Einspritzanlagen ist die Einspritzmenge in Relation zu Drehzahl fix, der Motor kann nicht auf unterschiedliche Umgebungsluftdrücke reagieren. Bei aufgeladenen Motoren passt zwar der LDA den Ladedruck je nach Drehzahl an (Ladedruck-abhängige Anpassung). Das hat aber nur geringen Einfluss auf die eingespritzte Dieselmenge. Weil Dieselmotoren im Luftüberschuss laufen, erhöht sich die Drehzahl, wenn mehr Diesel eingespritzt wird. Zudem steigen die Abgasmenge, damit die Turbodrehzahl und somit der Ladedruck.

Die elektronische Einspritzung misst verschiedene Parameter (Temperatur, Feuchte, Atmosphärendruck, Abgastemperatur, Abgasrückführung usw.). Durch die Software kann die Elektronik den Motor viel dichter am Optimum versorgen. Die aktuellen Abgasnormen wären mit einer mechanischen Einspritzung nicht einzuhalten. Das Common-Rail-System hat sich bei den elektronischen Einspritzungen durchgesetzt.

3. Charakteristik: Was beeinflusst die Motorcharakteristik des Motors?

Antwort: Die Charakteristik lässt sich regeln, sie ist aufs Getriebe und andere Nebenaggregate abgestimmt. Das Wastegate oder ein Turbo mit variabler Geometrie (VTG-Lader) machen die Luftmenge unabhängiger von der Drehzahl. Angestrebt sind ein hohes Anfahrmoment und starker Drehmomentanstieg sowie ein großer Konstantleistungsbereich. Je feiner das Getriebe abgestimmt ist, desto weniger spielt die Konstantleistung zwar bei Zugarbeiten eine Rolle, sie bleibt aber für die Zapfwellenarbeit von Bedeutung.

Einige Motor-Tuner verändern die Charakteristik, um die Leistung zu erhöhen und/oder Kraftstoff einzusparen. Mittlerweile können die Traktorenhersteller diese Eingriffe dokumentieren und damit begründet Gewährleistungsansprüche ablehnen, wenn es zu einem Triebwerksschaden kommt.

Durch das Tuning steigt der Druck im Brennraum. Tests haben Steigerungen durch Tuning von 150 bar auf weit über 200 bar ergeben. Mehr Druck belastet die Kopfdichtungen und Lagerschalen, erhöht die Wärmemenge, belastet die Injektoren und beschädigt eventuell die Abgasnachbehandlung. Dazu kommt die höhere Belastung des gesamten Antriebsstrangs.

Auch wenn die größeren Motoren einer Baureihe von außen vielleicht gleich aussehen wie das Einsteigermodell, ihre Innereien sind es oft nicht. Die Hersteller stecken die teuren Teile des ausgereizten Triebwerks nicht automatisch auch in das Einsteigermodell. Die Konstrukteure müssen abwägen: Gleichteile sind einfacher aber auch gleich teuer. Verschiedene Teile sind aufwendiger aber teils deutlich günstiger. Deshalb kann das Hochkitzeln des kleinen Triebwerks auf die Leistung des großen den Motor auch schneller zerstören.

4. Mehr Power: Warum holt man heute aus einem Vierzylinder so viel wie früher aus einem Sechszylinder?

Antwort: Das Stichwort ist Downsizing. Durch weniger Zylinder sinkt die innere Reibung – ein Vierzylinder hat 50% weniger Reibfläche als ein Sechszylinder. Die neuen Motoren sind höher aufgeladen, der Druck steigt. Das geht durch andere, hochwertigere Materialien (z.B. Schmiedekolben) und vor allem bessere Kühlung. Denn auch der beste Traktormotor erreicht maximal 45 bis 48% Wirkungsgrad – der Rest ist Wärme und Reibung. Ein Sechszylinder mit gleicher Leistung hält übrigens nicht automatisch länger – vielleicht ist der Block ähnlich, doch seine Innereien sind auf die gleiche Lebensdauer wie der Vierzylinder ausgelegt.

5. Drehzahl: Die Werbung spricht oft von Niedrigdrehzahl-Konzepten – was ist damit gemeint?

Antwort: Je höher die Drehzahl eines Motors, desto höher sind die Reibungsverluste. Deshalb wollen alle runter mit der Drehzahl. Das geht heute auch bei höherer Leistung. Das Common-Rail kann bis zu fünfmal einspritzen, mehr Diesel sorgt für ein steigendes Drehmoment bei fallender Drehzahl, der VTG oder das Wastegate halten den Luftüberschuss zunächst aufrecht. Der Motor lässt sich tiefer drücken, ohne dass er raucht. Natürlich gibt es Grenzen: Ab einer bestimmten Drehzahl reicht die Luftmenge nicht mehr für die saubere Verbrennung. Weitere Möglichkeiten, die Drehzahl zu reduzieren sind die automatische Drehzahlabsenkung im Leerlauf nach ein bis zwei Minuten (z.B. von 800 auf 650 U/min) oder das Deckeln der oberen Drehzahl auf knapp über 2000 U/min.

6. Leistung:Wie hängen Nennleistung und maximale Leistung zusammen?

Antwort: Die Nennleistung eines Traktors ist die Leistung, die der Motor bei Nenndrehzahl bringt. Bei mechanischen Einspritzanlagen war das der Punkt, an dem die Pumpe die maximale Fördermenge gebracht hat.

Heute lässt sich die Nenndrehzahl mehr oder weniger beliebig festlegen, sie liegt oft 50 bis 70 U/min unter der Abregel-Drehzahl (meist 2200 U/min). Ihre maximale Leistung erreichen die Motoren heute vor allem zwischen 1700 und 1900, im Idealfall ist das die Drehzahl an dem der Motor die höchste Effizienz bietet. Also die meisten PS/KW aus dem Liter Diesel herausholt.

Übrigens: Durch die elektronische Einspritzung lässt sich bei höherer Nenndrehzahl die Leistung auch deutlich reduzieren. Plötzlich hat ein Traktor, der bei 1800 U/min maximal 100 PS liefert eine Nennleistung von weniger als 50 PS – dieser Trick wirkt sich z.B. auf die Abgasgrenzwerte und teils auch auf die Versicherung aus.

7. Zusätzliche Leistung: Was genau macht der Boost?

Antwort:Der Antriebsstrang ist auf ein maximales Drehmoment ausgelegt. Leistung ergibt sich aus Drehzahl und Drehmoment. Steigt die Drehzahl im Getriebe bei höherer Fahrgeschwindigkeit, sinkt bei gleicher Leistung das Drehmoment. Man kann also mehr Leistung hereinschicken. Die elektronische Erhöhung der Leistung ist der Boost. Er ist auch aktiv, wenn ein Teil der Motorleistung zur Zapfwelle, Hydraulik oder sonstigen Nebenverbrauchern fließt.

Der Boost lässt sich auch anders herum definieren: Die Elektronik deckelt bei niedriger Fahrgeschwindigkeit die Motorleistung, um das Getriebe zu schützen – aus strategischer Sicht verkauft man das Wegnehmen des Deckels aber lieber als Leistungssteigerung. Je nach Hersteller und Leistungsklasse kann die Boostleistung bis zu 30 PS oder sogar mehr betragen.

Die Elektronik stellt die Boostleistung entweder in Schritten, z.B. à 5 PS, oder komplett bei einer höheren Geschwindigkeit zur Verfügung. Modernere Konzepte messen das tatsächliche Drehmoment auf der Eingangswelle des Schaltgetriebes (Torsionssensor) oder den Hydrostatendruck im CVT-Getriebe und geben dazu passend die Zusatzleistung in Schritten frei.

8. Prospektwerte:In den technischen Daten finden sich ganz unterschiedliche Leistungsangaben. Teils geben die Firmen pro Typ bis zu sechs Werte an. Welcher ist denn der realistischste?

Antwort: Die unterschiedlichen Normen definieren verschiedene Messverfahren – vom komplett nackten Motor bis zur Leistung, die am Zapfwellenstummel anliegt. Die Zapfwellenleistung ist eigentlich der reellste Wert, sie ist durch die OECD-Norm definiert. In den USA müssen die Hersteller diesen Wert angeben, in der EU leider nicht. In der Tabelle haben wir die unterschiedlichen Messverfahren und ihre abgeschätzten Unterschiede zusammengestellt. Zum Vergleich eignet sich am besten die ungeboostete Maximalleistung nach gleicher Norm.

In den Fahrzeugpapieren steht übrigens die „homologierte“ Leistung, die nach 97/68 EG an der Motorschwungscheibe gemessen wird. Sie sollte bei allen Herstellern vergleichbar sein.

9. Wirkungsgrad: Wie viel der Leistung kommt überhaupt als Zugkraft an?

Antwort: Geht man von einem Messwert am Motorschwungrad aus, muss man vor allem die Verluste im Getriebe berücksichtigen. Mechanische Antriebe haben die geringeren Verluste. Hier haben die Hersteller einiges getan, um die Verluste zu reduzieren. Je weniger Teile des Getriebes im Ölbad rotieren, desto geringer sind die Verluste. Die meisten Firmen setzen deshalb auf Druckumlaufschmierungen. Volllastschaltgetriebe gibt es heute übrigens kaum noch, die vielen Lamellenkupplungen verursachten erhebliche Verluste. Ein sehr gutes Schaltgetriebe mit vier bis sechs Lastschaltstufen kann heute weniger als 10% Wirkungsgradverlust verursachen. Ein CVT-Antrieb liegt – je nach Konzept und Geschwindigkeit – bei 13 bis 15%.

10. Fahrstrategie: Welchen Einfluss hat die eingestellte Strategie auf die Motorcharakteristik?

Antwort:Vor allem stufenlose Traktoren haben ein Motor-Getriebe-Management. Der Fahrer gibt über das Fahrpedal die Zielgeschwindigkeit vor. Der VDC (Vehicle Drive Controller) regelt dazu passend die Motorumdrehungen und die Getriebeübersetzung. Er versucht, den Motor über die Übersetzung so gut/sparsam wie möglich an die benötigte Leistung heranzubringen. Geht es bergauf regelt er automatisch die Motordrehzahl hoch und macht die Übersetzung kürzer. Mittlerweile gibt es ähnliche Konzepte auch für automatische Schaltgetriebe, nur dass das System in Stufen reagiert.

Der Fahrer kann Fahrstrategien wählen und teils auch innerhalb dieser Strategien die erlaubte Drehzahldrückung/Grenzlastregelung einstellen. Wählt er „Power“, hält der VDC die Motordrehzahl hoch, er reagiert also schneller, wenn es schwerer geht. Meistens erlaubt die Software in dieser Einstellung nur einen Drehzahlabfall von maximal 20%, bevor sie die Übersetzung ändert.

Anders bei der Strategie „Eco“, hier regelt der VDC die Drehzahl soweit wie möglich runter – manche Motoren vertragen in dieser Einstellung eine Drückung bis zu 40%. Zur Eco-Einstellung einiger Firmen gehört zudem ein Drehzahldeckel: Auch wenn der Fahrer voll durchtritt, dreht der Motor nicht höher als 1800 U/min, um Verbrauchsspitzen zu vermeiden.

Letzte Einstellung ist der Zapfwellen- oder PTO-Modus, der sich teils auch automatisch aktiviert, sobald man die Zapfwelle einschaltet. Jetzt versucht das System, mit allen Mitteln, die Zapfwellendrehzahl konstant zu halten, die Drückung darf zum Beispiel den Wert von 10% übersteigen. Für schwere Arbeiten, wie z.B. das Pressen, lassen sich auch höhere Drückungswerte einstellen, um dabei den Motor möglichst im Verbrauchsoptimum zu halten.

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