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Winden-Seile: Viel spricht für Kunststoff

Kunststoffseile erleichtern die Waldarbeit und steigern die Produktivität. Welche Vor- und Nachteile haben diese gegenüber Drahtseilen? Worauf müssen Sie achten? Bernhard Henning gibt für top agrar Österreich Antworten.

Lesezeit: 7 Minuten

Kunststoffseile erleichtern die Waldarbeit und steigern die Produktivität. Welche Vor- und Nachteile haben diese gegenüber Drahtseilen? Worauf müssen Sie achten? Bernhard Henning gibt für top agrar Österreich Antworten:

 

Schnaufend bewegt sich Christian Weigl, Koch und Nebenerwerbslandwirt, entlang der Seilzuglinie aufwärts. Auf seiner Schulter liegt ein Drahtseil. Es ist kaum zu glauben, dass es so anstrengend sein kann, eine Distanz von nur knapp 50 m zu überwinden. Doch die Hangneigung sowie das Gewicht des Drahtseils fordern ihren Tribut.

 

Als er endlich beim Stamm angekommen ist, atmet er erstmal tief durch. Seit Längerem wollte er ein neues Forstseil anschaffen. Nach der Schlepperei ist er sich sicher, dass es dann ein Kunststoffseil sein muss. Solche Seile bieten seit knapp 10 Jahren verschiedene Hersteller an. Ihr größter Vorteil ist ihr geringes Gewicht: Kunststoffseile sind um bis zu 90 % leichter als Drahtseile.

 

Weniger Gewicht

 

Dass diese so viel weniger Gewicht auf die Waage bringen, liegt an ihrer Konstruktion: Im Gegensatz zu Drahtseilen bestehen sie aus Polyethylen, das hochverdichtet verseilt wird. Es zeichnet sich durch hohe chemische Beständigkeit und ein gutes Gleitverhalten aus. Im Vergleich zu anderen Kunststoffen besitzt Polyethylen nur mäßige mechanische Eigenschaften. Bezüglich der Bruchkraft gibt es mittlerweile keine nennenswerten Unterschiede zwischen Kunststoff- und Drahtseilen. Allerdings sind Kunststoffseile um einiges teurer als Drahtseile. Zudem sind sie empfindlicher gegenüber Querbelastung.

 

Seilen aus Kunststoff eilt der Ruf voraus, sich schneller abzunutzen, da sie wesentlich empfindlicher gegenüber scharfen Kanten und Hitze sind. Spricht man aber mit Praktikern, bestätigt sich dieses Vorurteil nicht. Gelobt wird hingegen das geringe Gewicht und die damit verbundene Leistungsteigerung. Arbeitsstudien beweisen, dass die Produktivität beim Einsatz von Kunststoffseilen tatsächlich nachweislich steigt.

 

Daneben steigt auch indirekt die Arbeitssicherheit. Durch die geringere Anstrengung ermüdet der Landwirt nicht so leicht und bleibt geistig und körperlich frisch. Das trägt zur Unfallvermeidung bei. Denn die meisten Unfälle passieren, wenn Kraft und Konzentration nachlassen.

 

Höhere Gefahr bei Rissen

 

Allerdings birgt ein Kunstsoffseil eine größere Gefahr, wenn es reißt. Lange Zeit galt die Lehrmeinung, das ein gerissenes Kunststoffseil – im Gegensatz zu Stahlseilen – einfach zusammensackt. Das dies aber nicht immer so sein muss, zeigten Unfälle in der Praxis sowie auch Laborversuche. Jedes Material birgt ein Minimum an Elastizität. Es ist daher unmöglich, dass ein Kunststoffseil nach einem Riss still in sich zusammensackt. Löst sich ein Seil, dann schnellt etwa 50 % der gedehnten Länge in Richtung Seilwinde.

 

Besonders gefährlich wird es, wenn nicht das Seil, sondern ein Anschlagmittel bricht. Der Schleudereffekt beim Bruch eines Anschlagsmittels ist gefährlicher als bei einem Stahlseil. Die Hersteller von Kunststoffseilen reagierten darauf, indem die Kunststoffseile schon im Werk vorgestreckt werden. Dadurch soll die Elastizität verringert und die Unfallgefahr vermindert werden. Der Elastizitätsverlust tritt aber nicht ein. Ein Teil der dehnenden Energie wird vom Seil aufgenommen und nicht mehr freigesetzt.

 

Wird das Seil aber über die dehnende Kraft hinaus belastet, reagiert das Seil wie eine Feder und hat beim Seilriss sogar eine höhere Geschwindigkeit als ein nicht vorgestrecktes Seil. Die beste Methode, um Unfälle zu vermeiden, liegt aber immer noch in einer korrekten Arbeitstechnik.

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Interview: Höherer Preis ist hinderlich

 

Diplom Ingenieur Nikolaus Nemesthóthy ist Fachbereichsleiter Forsttechnik an der forstlichen Ausbildungsstätte Ort.

 

top agrar: Vor etwa 10 Jahren wurden erstmals Kunststoffseile vorgestellt. Haben sie sich mittlerweile durchgesetzt?

 

Nemesthóthy: Besonders im steilen Gelände sind Seile aus Kunststoff aufgrund ihres geringen Gewichtes beliebt. Ein Hindernis für die breite Akzeptanz ist allerdings der hohe Preis.

 

Sind Kunststoffseile tatsächlich leichter zu reparieren als Stahlseile?

 

Nemesthóthy:Es stimmt, dass das Spleißen von Kunststoffseilen einfacher ist. Es erfordert aber Fachwissen und Übung. Das Seil muss, solange es im Einsatz ist, der zweifachen Zugkraft der Winde standhalten können (Sicherheitsfaktor 2). Ein fachgerecht ausgeführter Spleiß kann aber nur ca. 90 % der Originalbruchkraft des Seiles aufnehmen.

 

Und wann reißen Seile?

 

Nemesthóthy:Meist wenn die Zugkraft der Winde größer ist, als die noch vorhandene Bruchkraft des Seiles. Wenn man dann das Seil wieder zusammenspleißt, wird es dadurch insgesamt nicht fester. Man sollte daher nur gesunde Seile durch einen Spleiß miteinander verbinden.

 

Sind Kunststoffseile gefährlicher als Stahlseile?

 

Nemesthóthy: Gefährlich ist die plötzliche Entspannung beim Bruch eines Anschlagmittels (Chokerkette etc.). Dabei werden die am Seil verbliebenen schweren Reste des Anschlagmittels in Richtung Zuggerät geschleudert. Bei einem Seilriss hingegen kommt es auf Grund des geringen Eigengewichtes des Kunststoffseiles kaum zu gefährlichen Situationen.

 

Wie kann sich der Waldbesitzer vor Unfällen schützen?

 

Nemesthóthy: Ein Kunststoffseil büßt durch Abrieb laufend an Bruchkraft ein. Wir empfehlen daher das Seil etwas stärker zu dimensionieren (etwa 3-fache Windenzugkraft). Zudem sollten Sie immer ein zweites Stück Holz mit einem zweiten Anschlagmittel am Seil befestigen. Wenn dann ein Anschlagmittel bricht, hält das zweite das Seil als Fangriemen zurück.


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So arbeiten Sie sicher mit Seilen!

 

Wer mit Kunststoffseilen oder anderen Seilen arbeitet, sollte folgende Sicherheitsmaßnahmen unbedingt beachten.

 

Rund 730 Forstunfälle – davon 16 mit tödlichem Ausgang – hat die Sozialversicherungsanstalt der Bauern im Jahr 2016 bearbeitet. Durch die richtigen Sicherheitsvorkehrungen könnten zukünftige Unfälle verhindert werden.

 

Die Holzbringung birgt verschiedene Gefahren. Besonders heikel sind Situationen, in denen die Holzstämme per Seilzug gerückt werden. Um dabei absolute Sicherheit zu gewährleisten, darf sich bei gespanntem Seil niemand zwischen Last und Seilwinde aufhalten. Sie sollten sich daher stets hinter der Last bewegen. Natürlich ist das nur möglich, wenn die Seilwinde über eine Funkfernsteuerung verfügt. Diese gehört aber mittlerweile zur Standardausrüstung.

 

Beachten Sie zudem, dass der Arbeitsfortschritt entgegen der Rückerichtung erfolgen soll. Das heißt, die ersten Sortimente die gerückt werden, liegen am weitesten entfernt. Bilden sie auch immer Fuhren aus gleichen Sortimenten.

 

Anschlagmittel nutzen

 

Der Seilzug soll möglichst geradlinig erfolgen, um Schäden am Bestand zu vermeiden. Sind Kette oder Seilschlinge zu lang, können Sie die Last doppelt umschlingen. Dadurch wird das Ausschlüpfen von Einzelhölzern verhindert. Wichtig ist auch, dass die Last zuerst von der Kette gewürgt wird. Dann kann der Holzstamm gefahrlos gezogen werden. Verwenden Sie bei der Rückung auch unbedingt Anschlagmittel. Keinesfalls dürfen Sie das Zugseil als Würgeseil verwenden.

 

Beim Bergabseilen darf die Maschine nicht in der Fall-Linie unter der Last positioniert sein. Vermeiden Sie zudem Schrägfahrten mit dem Traktor unter der Last. Auch das Mitfahren auf der Last ist verboten.

 

Bei Arbeiten mit Umlenkrollen müssen die Bäume und Stöcke, an denen Umlenkrollen befestigt werden, entsprechend gesund sein. Neben einem Durchmesser von über 50 cm sollten die Bäume auch über eine gesunde, vitale Krone verfügen.

 

Maschine im Blick

 

Die Größe der Seilwinde muss der jeweiligen Traktorleistung entsprechen. Die Seilzuzugsrichtung sollte möglichst der Traktorlängsachse entsprechen. Der Zuzug darf erst nach sicherem Anhängen der Last sowie verlässlicher Verständigung zwischen Windenführer und Helfer erfolgen.

 

Die Bedienung der Traktorseilwinde erfolgt entweder vom Traktor aus der Kabine oder seitlich der Winde. Beobachten Sie bei einer Funksteuerung neben der Last auch immer die Maschine. Ein weiterer Ansatzpunkt für eine höhere Sicherheit sind spezielle Anschlagmittel für Kunststoffseile. Diese verfügen über breite Kontaktstellen zum Seil und über rundere Kanten. Dadurch wird die Reibung zwischen den Materialien herabgesetzt und das Kunststoffseil geschont.


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