Die Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (AÖL) in Baden-Württemberg fordert die nächste Landesregierung dazu auf, in ihrem Koalitionsvertrag einen Innovationsfonds für die heimische Land- und Lebensmittelwirtschaft zu beschließen - und mit entsprechenden finanziellen Mitteln zu hinterlegen. Laut AÖL-Geschäftsführer Dr. Christian Eichert sei die Finanzierung des Aktionsplans „Bio aus Baden-Württemberg“ nur für die Jahre 2020 und 2021 gesichert – und in der Höhe von jeweils 4,5 Millionen Euro nicht ansatzweise ausreichend, um die politisch gesetzte Zielmarke von 30 bis 40 % Ökolandbau bis 2030 zu erreichen.
Grundvoraussetzung zur Erreichung des Ausbauziels sei eine angemessene Mittelbereitstellung für konkrete Maßnahmen zur Marktstimulierung für heimisches Qualitäts-Bio. Nur wenn der Theorie konkretes Handeln folgt, könne das politisch vorgegebene Ausweitungsziel auch erreicht werden. Hintergrund der Forderung ist die Veröffentlichung der Ergebnisse einer neuen Studie zum Produktions- und Marktpotenzial des Ökolandbaus und Ökomarktes in Baden-Württemberg. Siehe auch: https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/neue-studie-30-bis-40-Oekoanbau-bis-2030-sind-moeglich-12472902.html?utm_campaign=index&utm_source=topagrar&utm_medium=referral
Konkreter Maßnahmenkatalog
Die AÖL, die an der Studie mitgearbeitet hat und nach eigenen Angaben viele Ideen eingebracht hat, schlägt folgende konkrete Maßnahmen vor, die mit einem solchen Innovationsfonds finanziert werden könnten:
1. Imagebildung für heimische Bioprodukte
1.1. Finanzierung und Umsetzung einer Marketingkampagne zur Heraushebung der positiven gesellschaftlichen
Leistungen des Sektors gegenüber einer breiten Öffentlichkeit zur Nachfragestimulierung;
1.2. Finanzierung und Umsetzung einer Tourismusstrategie, die die Belange der heimisch-ökologischen Land- und
Lebensmittelwirtschaft in den Fokus setzt. Die Wertigkeit von Bio-Lebensmitteln aus Baden-Württemberg passt ideal
zur Naturnähe wichtiger Tourismusdestinationen wie Schwarzwald, Bodensee, Schwäbisches Allgäu, Schwäbische Alb, …;
1.3. Zur Profilschärfung erarbeitet das Land für die heimisch-ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft ein Konzept zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2030. Ergänzend werden die Vorteile in den Bereichen Tierschutz und Ressourceneffizienz herausgearbeitet und kommuniziert.
2. Chancen der Außer-Haus-Marktes nutzen
2.1. Umsetzung eines landesweiten Programms zur Stärkung der Nachfrage von Bioprodukten in der staatlichen Gemeinschaftsverpflegung;
2.2. Einrichtung einer Agentur zur Unterstützung des infant industry Sektors Bio-Außer-Haus-Verpflegung. Ziele u.a.
a.) Etablierung einer Beratung im Bereich Ausschreibungsrecht und zukunftsfähige Beschaffungsrichtlinien,
b.) landesweite Angebotsbündelung und -koordination,
c.) Transparenzschaffung über bestehende Liefer- und Verarbeitungsstrukturen;
2.3. Übernahme der Öko-Kontrollkosten für neu umstellende Gastronomie- und Hotelleriebetriebe in den ersten 2-3 Jahren der Bio-Umstellung;
3. Stärkung der handwerklichen Lebensmittelverarbeitung 3.1. Finanzierung und Einrichtung eines Sonder-Fördertopf für die Bio-Verarbeitung, das Bio-Lebensmittelhandwerk und die Bio-Gastronomie;
3.2. Konzeption und Angebot von staatlich bezuschussten Beratungsmodulen (Förderquote mind. 80 Prozent) für die Bio-Umstellung von Akteuren aus dem Lebensmittelhandwerk (orientiert am Projekt „Beratung.Zukunft.Land“);
3.3. Übernahme der Öko-Kontrollkosten für neu umstellende Verarbeitungsunternehmen, sowie Betriebe aus dem Lebensmittelhandwerk in den ersten 2-3 Jahren der Bio-Umstellung;
3.4. Schaffung eines Sonderfonds für die Förderung von Investition in neue Verarbeitungsmaschinen im Zuge der Bio-Umstellung;
3.5. Qualifizierung von Bio-Handwerksbeauftragten und Etablierung „Runder Tische“ für das Bio-Lebensmittelhandwerk;
4. Stärkung von Erfassungs-, Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen
4.1. Aufbau von spezifischen Vermarktungsstrukturen zur Stärkung des heimischen Ökolandbaus über das Marktstrukturgesetz;
4.2. Ausschreibung von EIP-Projekten zur Öko-Marktentwicklung und zum Aufbau von Öko-Vermarktungsstrukturen;
4.3. Etablierung eines durch das MLR organisierten jährlichen "Bio-Gipfels" mit Akteuren aus den Bereichen Erzeugung, Verarbeitung & Vermarktung und Handel;
4.4. Einrichtung mehrerer Cluster „ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft in Baden-Württemberg“ und Implementierung eines Cluster- und Innovationsmanagements. Es müssen spezifische Cluster für spezialisierte Regionen geschaffen werden, so z.B. für die Sektoren Bio-Milch und Bio-Rindfleisch aus dem Schwarzwald und Allgäu, Bio-Schweine aus der Hohenlohe, …;
4.5. Maßnahmen zur Unterstützung der heimisch-ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft beim Aufbau eines Exportkonzepts (NL, F, DK, I, …).