Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) teilte der Tageszeitung "taz" (Samstagausgabe) mit, in einem großen Fall von mutmaßlichem Biobetrug auf einem Schweinehof im Wendland habe es „keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in dem betreffenden Betrieb durch Öko-Kontrollstellen erhalten“.
Dabei habe der Landwirt in seinen „Bestandsbüchern“ dokumentiert, dass er zu „Zeitpunkten vor den Kontrollen“ Sauen mit im Ökolandbau „nicht zulässigen Hormonen“ behandelt habe. Behörden wie das Laves überwachen die privaten Kontrollstellen.
Der Hof hatte das Biosiegel laut dem taz-Bericht von Deutschlands größter Ökokontrollstelle Abcert erhalten. „Unser Mitarbeiter hat die in der Kontrolle vorgelegten Unterlagen geprüft und bewertet. Daraus haben sich keine Hinweise auf Verstöße ergeben“, erklärte Abcert-Vorstandsvorsitzender Friedrich Lettenmeier. Allerdings gehört laut „taz“ zu einer guten Kontrolle auch, durch Kombination verschiedener Informationen zu erkennen, dass Unterlagen fehlen.
Kritische Kontrolleure tauscht Abcert auf Wunsch der überprüften Firmen aus. Lettenmeier antwortete auf die Frage der "taz", ob Abcert einen anderen Kontrolleur zu einem Betrieb schickt, wenn dieser sich über den bisherigen Inspekteur beschwert: "Dies stimmt. Die Norm DIN/ISO 17065 sieht dies so vor". Doch der Abschnitt dieser Norm für Zertifizierungen, den Lettenmeier als Beleg anführte, verlangt nur, dass die Kontrollstelle den Inspekteur zur Offenlegung persönlicher Interessenkonflikte verpflichtet. Er fordert nicht, auf Wunsch des Betriebs hartnäckige Inspekteure ohne Interessenkonflikte auszutauschen.
Die „taz“ zitiert zwei ehemalige Kontrolleure, dass Bauern sie abgelehnt hätten, nachdem sie Missstände auf den Höfen kritisiert hatten. Daraufhin habe Abcert andere Inspekteure geschickt. Einer der entbundenen Kontrolleure gab an, sein Nachfolger habe fälschlicherweise festgestellt, dass auf dem Betrieb alles in Ordnung gewesen sei.
Abcert ist wie alle 19 von den Behörden zugelassenen Biokontrollstellen in Deutschland ein privates Unternehmen. Bezahlt werden sie von denjenigen, die sie kontrollieren sollen. Die Kunden dürfen ihre Kontrollstelle selbst auswählen – und auch wechseln. Deshalb haben die Kontrollstellen Kritikern zufolge einen Interessenkonflikt.