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Ökolandbau und Verarbeitung

Regionalisierung macht Lebensmittelwirtschaft krisenfester

Das Wachstum im Ökolandbau begleiten Zweifel, ob der Markt das Angebot aufnimmt. Dafür müssen sich die Verarbeitungsstrukturen weiterentwickeln, schreibt BÖLW-Vorstand Volker Krause im Gastkommentar.

Lesezeit: 4 Minuten

„Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, den Anteil des ökologischen Landbaus bis 2030 auf 20 Prozent zu erhöhen. Das Umstellungsinteresse der Landwirte ist ungebrochen: So ist die ökologisch bewirtschaftete Fläche in den letzten fünf Jahren um 50 Prozent gestiegen.

Doch es werden Zweifel laut, ob das wachsende Angebot vom Markt aufgenommen wird. Dabei wird oft übersehen: Entscheidend für die Entwicklung des Ökolandbaus sind auch die Verarbeitungsstrukturen. Denn Lebensmittelhandwerk und Lebensmittelindustrie verarbeiten die Erzeugnisse der Biolandwirte und platzieren die Ökoprodukte im Markt.

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Das unterstreicht: Die Entwicklung des Ökolandbaus kann nur gelingen, wenn Verarbeitungsstrukturen als Partner der Landwirte weiterentwickelt werden.

Zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg wird uns durch die Corona-Krise sehr deutlich vor Augen geführt, wie sehr unsere Gesellschaft auf die Versorgung mit Lebensmitteln angewiesen ist. Das Problem: Die Selbstversorgungsfähigkeit der Bevölkerung mit Lebensmitteln hat in den vergangenen 75 Jahren deutlich abgenommen. Daher ist es wichtig und richtig, dass die Bundesregierung neben der Landwirtschaft und dem Lebensmittelhandel auch Lebensmittelhandwerk und Lebensmittelindustrie als systemrelevant eingestuft hat.

Über Tage wurden Bürgerinnen und Bürger zunächst mit der Nachricht beruhigt, dass Supermärkte geöffnet bleiben. Dass so gut wie alle dort angebotenen Produkte erst einmal hergestellt werden müssen, scheint aus dem Bewusstsein gefallen zu sein. Leergekaufte Mehl- und Nudelregale machen jedem klar, welche Schlüsselrolle dabei allein den Getreidemühlen zufällt.

Wie krisenfest sind Lebensmittelhandwerk und -industrie? Wenn wir uns die Entwicklung der letzten Jahrzehnte ansehen, so fällt auf, dass eine rasante Abnahme der Zahl der Betriebe im Lebensmittelhandwerk und eine enorme Konzentration in der Lebensmittelindustrie zu beobachten sind. Damit verbunden ist ein Rückgang regionaler Versorgungsstrukturen, kompensiert durch den Ausbau der Logistiksysteme, also durch die Zunahme der Lebensmitteltransporte. Die zunehmende Automatisierung in großen Verarbeitungsstrukturen erhöht zudem den Druck auf die Landwirte, homogene, eng definierte Rohstoffe zu liefern.

Die Anfälligkeit dieser Struktur erkennen wir in diesen Wochen. Trotzdem sind bisher keine Bestrebungen zu erkennen, den weiteren Konzentrationsprozess in der Lebensmittelwirtschaft aufzuhalten, geschweige denn umzukehren.

Gleichzeitig sehen wir eine stark wachsende Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln, in diesen Wochen noch einmal beschleunigt. Auf dem Weg zum Ziel der Bundesregierung, bis 2030 den Anteil des ökologischen Landbaus auf 20 Prozent zu erhöhen, stellt sich die Frage, ob beziehungsweise wie die Struktur der Ernährungswirtschaft den spezifischen Anforderungen des ökologischen Landbaus gerecht werden kann:

  • Ökologische Rohstoffe müssen bei Transport, Lagerung und in der Verarbeitung streng von konventionellen Produkten getrennt werden.
  • Die größere Vielfalt und Varianz ökologischer Agrarprodukte sowie kleinere Losgrößen erfordern ihre Entsprechung auf Verarbeiterseite; Strukturen, die mit diesen Rohstoffen umgehen können.
  • Für eine gute Kooperation auf Augenhöhe zwischen Land- und Ernährungswirtschaft braucht es auch eine räumliche Nähe zwischen Landwirtschafts- und Verarbeitungsbetrieben.
  • Vielfältige Strukturen im nachgelagerten Bereich und ein reger Wettbewerb auf der Nachfrageseite erhöhen die Unabhängigkeit der Landwirte.

Deshalb kommt der Förderung dezentraler mittelständischer Strukturen der Lebensmittelverarbeitung durch eine Stärkung des Handwerks und einer Lebensmittelindustrie, die den spezifischen gesetzlichen und sachlichen Anforderungen an die Verarbeitung ökologischer Agrarprodukte gerecht wird, eine zentrale Bedeutung zu:

  • Die Versorgungssicherheit der Bevölkerung wird erhöht,
  • die Innovationskraft der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft wird erhalten und gestärkt,
  • und eine so ausgerichtete Förderpolitik bietet die große Chance neuer ländlicher Entwicklung und der Steigerung regionaler Wertschöpfung, wodurch eine weitere Entwicklungsdynamik ausgelöst wird.

Eine agrar- und wirtschaftspolitische Gesamtstrategie für die ökologische Lebensmittelwirtschaft muss eine gleichgewichtige Entwicklung in der gesamten Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Teller im Blick behalten.

Die Kohärenz der Fördermaßnahmen ist die Voraussetzung für ihre Wirksamkeit im Hinblick auf mehrere Politikziele der Bundesregierung:

  • 20 Prozent Ökolandbau und den damit verbundenen Beitrag zum Klimaschutz und zum Erhalt der Biodiversität.
  • Erhalt und Stärkung von Handwerk und Mittelstand in der (Lebensmittel-)Wirtschaft.
  • Die Schaffung gleichwertiger (nicht gleicher) Lebensbedingungen in Stadt und Land durch ländliche Entwicklung.

Im Ergebnis wird die Krisenfestigkeit der Lebensmittelwirtschaft durch ihre Regionalisierung gestärkt.“

Der Kommentar erschien zuerst im Mitglieder-Newsletter der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) Ausgabe 16/2020.

Hinweis: Gastkommentare geben nicht in allen Bereichen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie dann, wenn wir sie für einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft halten. Wie stehen Sie dazu? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar unten.

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