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Wasserspeicher sichern die Gemüseernte

Ohne zusätzliche Bewässerung kommen Gemüsebauer kaum aus. Der Hof Engelhardt in Untermünkheim hat in einen großen Speicher investiert und entnimmt Wasser aus dem Fluss. Ein Erfahrungsbericht.

Lesezeit: 7 Minuten

Der Bericht ist zuerst erschienen im bioland-Fachmagazin für ökologischen Landbau 07/2020:

In intensiven Beregnungsphasen braucht Hartmut Engelhardt für sein Gemüse in der Woche mehr als 3.000 m³ Wasser. Das war in diesem windigen und heißen Mai der Fall. Auf 20 ha baut der Bioland-Landwirt aus Untermünkheim bei Schwäbisch Hall unter anderem Salate, Kohlgemüse, Möhren, Kartoffeln und Erdbeeren an. Im Schnitt verbrauchen seine Kulturen in der Vegetationsperiode 30.000 m³ Wasser, in extrem trockenen Jahren sogar 50.000 m³.

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„Es war höchste Eisenbahn, dass wir den Teich gebaut haben.“ Der erste heiße Sommer 2003 hatte den Landwirt an den Rand des Konkurses gebracht. Die Anbausaison 2004 startete noch schlimmer, erinnert er sich. Da habe die Winterfeuchte gefehlt. Nach zwei Jahren Trockenheit überließ er die Wasserversorgung nicht mehr dem Zufall. Ein erstes Wassernetz mit 3 km wurde gelegt, um eine 200 m³ große stillgelegte Güllegrube als kleinen Wasserpuffer nutzen zu können.

Investieren in die Zukunft

Als zwei von Engelhardts Söhne entschieden, in den Betrieb einzusteigen, zögerte der Landwirt nicht, in ein großes Bauvorhaben zu investieren: einen Bewässerungsteich mit 20.000 m³ Speichervolumen. „Der Gemüsebau geht weiter, die Wetterkapriolen verschärfen sich. Entweder haben wir Wasser oder wir lassen es“, begründet er den Schritt.

Zwei Wasserquellen standen zur Wahl: Oberflächenwasser der Bäche, die über Winter gefasst und in den Teich gepumpt werden. Als zweite Option wurde die Bohrung von Brunnen in Erwägung gezogen. Im Zuge eines geostatisches Gutachtens, das der Landwirt für den Teichbau benötigt hat, wurde auch in die Tiefe gebohrt, in der Hoffnung, auf Wasser zu stoßen. Die Mühe war vergebens und die Brunnenoption wurde verworfen.

Das Oberflächenwasser stellte sich als unzureichend heraus: „Die Bäche hätten uns sehr sparsam versorgt.“ Dann folgte der Gang zum Wasserwirtschaftsamt mit der Frage, ob Wasser aus dem Fluss Kocher entnommen werden kann. Der Kocher fließt in 1,7 km Entfernung am Hof vorbei. Im Jahresverlauf führt er bis Anfang Juli genug Wasser.

Das Genehmigungsverfahren dauerte etwa ein halbes Jahr. Das Wasserwirtschaftsamt machte die Auflage, Wasser nur bei entsprechend ausreichend hohen Pegelständen zu entnehmen. Den Wasserspeicher wählte Hartmut Engelhart „richtig groß, weil die Trockenphasen ab Anfang Juli in der Region länger werden“.

Der Teich wurde sechs Meter tief. „Je flacher, umso schneller kann er eutrophieren.“ 1,7 km lange Leitungen mussten vom Fluss bis zum Teich gelegt werden. Zwar hat eine Baufirma die Gräben gebaut. Aber die Familie hat das Rohrmaterial gekauft, selbst eingelegt und eingesandet.

Die Leitungen verliefen zum Teil durch fremdes Gelände. „Für jeden Meter Graben brauchten wir eine Genehmigung.“ Bis auf zwei kleine Teilstücke laufen die Wasserrohre auf dem Grund der Gemeinde, die sehr kooperativ war. Bei Nutzung von fremden Grundstücken, betont Engelhardt, muss man die Nutzungsrechte unbedingt als Grundlast beim Notar eintragen lassen. Das ist wichtig, vor allem bei einem Besitzerwechsel.

Auch wenn die Leitungen durch sensible Flächen verlegt werden müssen, zum Beispiel Naturschutzgebiete, ist im Vorfeld gute Planung geboten. „Dann ist man bei den Behörden an der richtigen Stelle“, weiß der Gemüsebauer aus eigener Erfahrung.

Bei der Wahl der Pumpen achtete er darauf, dass es Nachschub für Ersatzteile und Service bei Störungen gibt. „Wir nehmen Elektropumpen, wo es möglich ist. Sie sind in der Anschaffung und im Unterhalt die günstigsten, sind sehr leise und umweltfreundlich.“ Engelhardt kann sie außerdem leicht schalten.

Lohnende Ausgabe

Seit August 2016, nach sechsmonatiger Bauzeit, ist der Bewässerungsteich in Betrieb. Inzwischen fließt auch aufgefangenes Niederschlagswasser von einem neu gebauten Gewächshaus in den Teich hinein. „Ich bin schon ein genauer Rechner, was das Controlling betrifft.“ Seine konservativste Rechnung kam zu dem Ergebnis, dass sich der Teich in 20 Jahren amortisieren muss. Die Investition hat sich für ihn jetzt schon gelohnt: „Ohne Bewässerung unserer Kulturen hätten wir 2018 über 200.000 Euro Verlust gemacht.“

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I N T E R V I E W

"Nutzen für die Allgemeinheit bieten"

Mit dem Ingenieur Dr. Wolfgang Patzwahl sprach Reyhaneh Eghbal. Dr. Wolfgang Patzwahl erarbeitet Wassernutzungskonzepte für Einzelbetriebe und für Wasser- und Bodenverbände. Für ihn sind gemeinschaftliche Lösungen, wo sie sich anbieten, die erste Wahl.

bioland-Fachmagazin: Dr. Patzwahl, Klimaforscher prognostizieren für die nächsten Jahre höhere Jahresdurchschnittstemperaturen. Wie verändert das den Wasserverbrauch in der Landwirtschaft?

Dr. Wolfgang Patzwahl: Bereits ein Grad mehr bedeutet eine zehn bis 15 % höhere Verdunstung, das heißt der Wasserverbrauch der Kulturen wird um etwa 10 % steigen. Mit der Situation muss ich als Anbauer jetzt umgehen. Denn ohne Zusatzwasser kein Gemüsebau.

Weit verbreitet ist es, einen Brunnen zu bohren oder bestehende Brunnenanlagen zu erweitern. Gibt es sonstige Wasserquellen?

Patzwahl: Vielleicht gibt es auch eine Anlage, die nicht mehr genutzt wird, zum Beispiel eine ehemalige Trinkwasserversorgung. Oder in einer Region gibt es Quellen, die gefasst und zu einem gewissen Umfang für ein Bewässerungssystem im Rahmen des Nutzungskonzeptes eingespeist werden könnten.

Bei der Frage nach der möglichen Wasserquelle für den Betrieb kann auch eine Rolle spielen, was kann der Allgemeinheit für ein Nutzen gewährt werden, indem man bestimmte Systeme aufbaut. Vielleicht hat eine Kommune sogar einen Nutzen davon, wenn bestimmte Systeme beispielsweise zum Hochwasserschutz aufgebaut werden. Dazu muss der Betrieb auf der Ebene des Gemeindegebiets offen sein für Gespräche mit Mitstreitern. Als Wasserquellen gibt es viele Kooperationen, an die man zunächst nicht denkt.

An welche denken Sie?

Patzwahl: In der Region gibt es vielleicht einen Industriebetrieb im Bergbau, der unter Tage etwas abbaut. Nicht selten muss Wasser weggepumpt werden. Das ehemalige Bergbaugebiet im Ruhrgebiet zum Beispiel würde unter Wasser stehen, wenn nicht täglich Wasser weggepumpt würde.

Auch aus anderen Regionen gibt es Beispiele. Die Firm Knauf in Iphofen baut Gips ab und pumpt täglich viele m³ Wasser weg. Das Wasser landet in einem Graben. Als Betrieb kann man darüber nachdenken, ob man dieses Wasser nicht nutzbar macht. Da müsste man mit dem Unternehmen das Gespräch suchen, ob man kooperieren könnte.

Was sind die nächsten Schritte?

Patzwahl: Grundsätzlich müssen sich Landwirte oder Gärtner erst klar werden, sind sie mit ihrem Betrieb alleine auf weiter Flur oder gibt es in der Region mehrere Kollegen mit ähnlicher Situation. Wenn letzteres zutrifft, bietet sich an, mit ihnen eine gemeinsame Lösung zu finden, denn sie lässt sich leichter realisieren.

Dann folgt der Gang zur Wasserwirtschaftsbehörde?

Patzwahl: Zunächst muss ich ein erstes Gespräch mit einem Ingenieurbüro oder Fachmann führen, der in dem Bereich arbeitet. Gemeinsam entwickelt man eine grobe Projektidee, erstellt einen groben Fahrplan. Gibt es mögliche Zielkonflikte? Welche Institutionen müssen miteinbezogen werden? So kann man strukturiert vorgehen und kommt schneller zum Ziel. Denn die Wasserwirtschaft, die über Nutzungsrechte entscheidet, verlangt ein durchdachtes Konzept.

Es sind nicht gleich fünfstellige Beträge nötig, die man für eine Beratung ausgeben muss. Das kann relativ günstig gehalten werden. In aller Regel gibt es auch Fördermöglichkeiten in einzelnen Bundesländern.

Sie sind ein großer Freund von Kooperationen. Was ist deren Vorteil?

Patzwahl: Es werden immer Strukturkosten notwendig sein für eine Bewässerung. Die größten Kosten entstehen bei der Realisierung der Frage, wie kommt das Wasser von der Quelle zum Feld. Dieser Weg ist nicht billig. Mit Kooperationspartnern lässt sich ein Bewässerungskonzept finanziell leichter umsetzen.

Zielkonflikte werden sicher zunehmen.

Patzwahl: Wasser ist ein Gemeinschaftsgut. Darüber muss man sich bewusst sein. Es wird es in den nächsten Jahren eher schwieriger, an Wasser zu gelangen. Man braucht gute Argumente, nicht nur für den eigenen Betrieb. Es ist immer besser, wenn ich über den eigenen Nutzen hinaus auch der Allgemeinheit einen Nutzen bieten kann.

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