Da die Mineraldüngerpreise hoch wie nie sind, sind auch Rinder- und Schweinegülle entsprechend zu bewerten. Umso wichtiger ist es, den Wirtschaftsdünger möglichst effizient auszubringen.
Weitere top agrar Print + Digital Abonnements finden Sie
hier.
Die aktuellen Entwicklungen am Mineraldüngermarkt führen Landwirten auch eines deutlich vor Augen: Gülle ist ein äußerst wertvoller Mehrnährstoffdünger, die einen sorgsamen Umgang verlangt. Nur bei optimalem Einsatz können ohne übermäßige mineralische Ergänzung hohe Acker-, Feldfutter- und Grünlanderträge mit bestmöglicher Qualität erzielt werden.
50 % weniger Emissionen
Der exorbitante Anstieg der Mineraldüngerpreise erhöht auch den Wert der Wirtschaftsdünger in gleichem Maße. Dies sollte beim Umgang mit Gülle unbedingt beachtet werden. So kann man davon ausgehen, dass bei durchschnittlicher Ausbringung mittels Prallteller etwa 70 % des Ammonium-Stickstoffs in die Luft als Ammoniak verloren gehen. Bei bodennaher Ausbringung mittels Schleppschuh sind es hingegen nur 20 %. Das bedeutet 50 % weniger Emissionen und entsprechend höhere Nährstoffausnützung.
Damit sichern Sie zum einen Erträge ab und sparen gleichzeitig bares Geld. Durch die Investitionsförderung und das ÖPUL wird die bodennahe Technik entsprechend unterstützt. Grundsätzlich gibt die Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung die Rahmenbedingungen für die Gülleausbringung vor:
Der ausgebrachte Wirtschaftsdünger darf im Durchschnitt der landwirtschaftlich genutzten Fläche 170 kg Stickstoff nach Abzug der Stall- und Lagerverluste je Hektar und Jahr nicht übersteigen.
Die wasserrechtlich bewilligungsfreie Obergrenze von 175 kg N/ha (ohne Gründeckung) bzw. 210 kg N/ha (mit Gründeckung oder N-zehrende Frucht-
folge) aus allen Düngemitteln darf nicht überschritten werden.
Die jahreswirksame Stickstoffausbringungsmenge darf die je nach Kultur und Ertragslage festgelegte Obergrenze nicht übersteigen.
Darüber hinaus sind für Betriebe mit Teilnahme an bestimmten ÖPUL 2015-Maßnahmen bzw. ab 2023 für alle Betriebe die Vorgaben des Phosphor-Mindeststandards einzuhalten.
Das steckt in der Gülle
Laut zahlreicher Untersuchungsergebnisse und Projekten mit Praxisbetrieben der BWSB kann bei Mastschweinegülle und bei Milchviehgülle mit üblichen Verdünnungsgraden von den in Übersicht 1
aufgeführten Nährstoffgehalten ausgegangen werden.
Wir empfehlen Ihnen aber, betriebsindividuell die Nährstoffgehalte pro Kubikmeter zu ermitteln.
Die in der Grube befindliche Gülle entspricht dem Stickstoff ab Lager (Nal). Dieser setzt sich aus dem langsam wirkenden organisch gebundenen Stickstoff und dem schnell wirksamen Ammonium-Stickstoff (NH4-N) zusammen. Vom Nal werden pauschal 13 % Ausbringungsverluste abgezogen, um den feldfallenden Stickstoff (Nff) zu erhalten. Von den Ammoniakverlusten ist grundsätzlich der Ammonium-Anteil betroffen. Diese rechtlich zugestandenen Pauschalverluste stellen eine strenge Vorgabe dar. Denn nur bei sofortiger Einarbeitung oder bei Tiefeninjektion können diese geringen Ausbringungsverluste erreicht oder unterschritten werden.
Je nach Ausbringungstechnik und Witterung gehen 20 bis beinahe 100 % des Ammonium-Stickstoffs in Form von Ammoniak verloren. Aufgrund der unterschiedlichen Verhältnisse von organisch gebundenem Stickstoff und Ammonium-Stickstoff wird bei Schweinegülle ein Jahreswirksamkeitsfaktor von 80 % und bei Rindergülle von 70 % angesetzt. Der jahreswirksame Stickstoff (Njw) enthält den im Jahr der Gülleausbringung direkt wirksamen und einen Teil des über die Mineralisierung nachgelieferten Stickstoffs. Nur bei optimierter Ausbringungstechnik und optimalem Wetter können diese Vorgaben erreicht werden. Bei Phosphor und Kalium wird von vollständigen Wirksamkeiten ohne irgendwelche Verlustansätze ausgegangen. Der Nährstoffbedarf der wichtigsten Ackerkulturen ist in Übersicht 2 dargestellt.
Voraussetzung für ein optimiertes Güllemanagement ist ausreichender Lagerraum. Unmittelbar vor der Ausbringung sollte die Gülle durch Aufrühren homogenisiert werden. Bei der Ausbringung selbst sollte jedenfalls der Boden so trocken sein, dass ein Befahren ohne Verdichtungen möglich ist. Darüber hinaus sollte das Wetter nicht zu heiß und windig sein. Das Wetter kann aber durch verbesserte Ausbringungstechnik (Schleppschlauch, Schleppschuh, Injektion) zum Teil kompensiert werden.
Bei der Düngung gehen wir von der Annahme einer ausreichenden Nährstoffversorgung der Böden (Gehaltsklasse C) aus. In diesem Fall ist eine ausgeglichene Nährstoffbilanz anzustreben, indem die durch den Ertrag entzogenen Nährstoffe wieder auf die landwirtschaftliche Fläche zurückgeführt werden. In der Regel wird mit der Gülle die Grunddüngung durchgeführt. Allfällige fehlende Nährstoffe sollen in der Folge mineralisch ergänzt werden. In der aktuellen Situation ist die mineralische Ergänzung mit hohen Kosten verbunden, wenn diese überhaupt aufgrund mangelnder Verfügbarkeit möglich ist. Biobetriebe haben diese Möglichkeit nicht.
Im Folgenden nun einige praktische Beispiele, die auf den Angaben in den Übersichten 1 und 2 beruhen:
Düngung von Mais (CCM) mit Schweinegülle: Mit 30 m3 Schweinegülle wird der P-Bedarf gedeckt. Dabei werden 96 kg Njw/ha ausgebracht. Die Schweinegülle ist unmittelbar vor dem Maisanbau auszubringen und soll möglichst unverzüglich eingearbeitet werden. Die verzögerte Umsetzung des Ammonium-Stickstoffs in die wasserlösliche Nitrat-form passt perfekt zum zeitlichen Nährstoffbedarf des Maises. Somit besteht ein mineralischer Ergänzungsbedarf von knapp 60 kg N/ha. In der Regel sollte die mineralische Ergänzung im 4- bis 6-Blattstadium mit bis zu 200 kg/ha NAC erfolgen.
Ähnlich ist die Situation bei Wintergetreide. Beispiel: Mit etwa 20 m3 Schweinegülle wird der P-Bedarf von Wintergetreide abgedeckt. Der optimale Düngetermin bei Wintergetreide ist zu Vegetationsbeginn oder zu Beginn des Schossens. Nur mit einer optimierten Ausbringungstechnik mittels Schleppschlauch oder Schleppschuh kann der Güllestickstoff auch wirksam werden. Bei den üblicherweise niedrigeren Temperaturen zu Vegetationsbeginn ist das Ammoniak-Verlustrisiko zwar etwas reduziert, bei den erfahrungsgemäß höheren Temperaturen bei der Schossergabe ist dieses aber sehr wohl gegeben.
Bei Wintergerste kann davon ausgegangen werden, dass im Herbst vor dem Anbau zwischen 20 und 30 kg Gülle-N/ha gedüngt worden sind. Somit ergibt sich z. B. ein mineralischer Ergänzungsbedarf als Schossergabe von ca. 35 kg N/ha (170 kg NAC/ha).
Bei Winterweizen wird von keiner Herbstdüngung ausgegangen. Somit ergibt sich z. B. ein Ergänzungsbedarf von 80 kg N/ha. Dieser soll je nach Gegebenheiten auf die Schosser- und Ährengabe aufgeteilt werden.
Düngung von Winterraps mit Schweinegülle: Bei Winterraps wird eine Herbstdüngung von 30 bis 40 kg N/ha empfohlen. Dies kann mit ca. 10 m³/ha Schweinegülle abgedeckt werden. Dabei ist auf die optimierte Ausbringung und sofortige Einarbeitung zu achten. Somit verbleiben zu Vegetationsbeginn 15 m3 Schweinegülle für die Abdeckung des Phosphorbedarfes. Dies ergibt einen Stickstoffergänzungsbedarf von ca. 70 kg N/ha.
Düngung von Grünland mit Rindergülle: Unter Einhaltung der 170 kg-N-Obergrenze aus Wirtschaftsdüngern dürfen laut den Werten in Tabelle 1 maximal 65 m³ verdünnte Rindergülle pro Hektar und Jahr ausgebracht werden. Diese Menge sollte optimalerweise auf ca. 20 m³/ha vor dem ersten Schnitt und auf jeweils 15 m³/ha zum zweiten, dritten und vierten Schnitt aufgeteilt werden. Mit dieser Güllemenge bringt man knapp 100 kg Njw und 65 kg P2O5/ha auf die Grünlandfläche aus. Nur bei abgestufter Grünlandbewirtschaftung, indem einige Flächen extensiver (weniger Schnitte, geringere Düngung) bewirtschaftet werden, können die zentralen Grünlandflächen rein mit Gülle bilanziell ausgeglichen gedüngt werden. Denn das N-P-Verhältnis der Rindergülle stimmt mit dem N-P-Bedarf von Grünland im Großen und Ganzen überein.
Bei Grünlandbetrieben wird daher eine mineralische Ergänzungsdüngung nur untergeordnet eingesetzt. Eine Herausforderung ist aber, auf Grünlandflächen ohne Einarbeitungsmöglichkeit den Güllestickstoff bestmöglich zur Wirkung zu bringen. Dies ist nur mit einer dünnflüssigen Güllekonsistenz und mit optimierter Ausbringungstechnik möglich.
Unser Autor: Franz Xaver Hölzl, Boden.Wasser.Schutz Beratung, LK OÖ