Seit dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Ungarn und der Slowakei herrscht bei grenznahen Betrieben in Österreich Ausnahmezustand. Ob der Nähe zur Grenze sind das Nord- und Mittelburgenland sowie Teile des östlichen Niederösterreichs zur Beobachtungszone erklärt worden. Dazu gibt es Seuchenteppiche an der Grenze und mehrere Grenzübergänge wurden für den Verkehr komplett gesperrt.
"Seit der ersten Meldung sind jetzt einige Wochen vergangen, die Maßnahmen sind aber nur langsam angelaufen. Was jetzt passiert, hätte schon beim ersten Fall in Ungarn passieren sollen. Für meinen Betrieb ist die Seuche Existenzbedrohend", sagt ein Landwirt aus dem Bezirk Neusiedl. Der Rinderhalter will anonym bleiben. Als große Bedrohung sieht er die Hobbyhalter von Schafen oder Ziegen. "Die Hinterhofhalter haben die Tragweite der Seuche oft nicht auf dem Schirm", meint der Landwirt. Er versucht seine Herde so gut es geht abzuschirmen. "Aus Eigenverantwortung habe ich auch keine Tiere mehr verkauft oder weggebracht", sagt der Bauer: "Bricht die Seuche aus, stehen viele Existenzen auf dem Spiel."
"Wir schaffen schon Platz im Schweinestall"
Am Jahner-Hof in Bruck an der Leitha ist man normalerweise sehr offen für Führungen und interessierte Besucher. „Wir haben derzeit alle Führungen abgesagt und die Hygienemaßnahmen nochmals deutlich verschärft“, sagt Sebastian Zanker, der gemeinsam mit seiner Frau Lisa einen Betrieb mit Zucht- und Mastschweinen führt. Das Paar hat sich auf die Direktvermarktung von Spanferkeln spezialisiert.
Alle größeren einfahrenden Fahrzeuge – darunter Lkw von Schlachthof-Transporteuren und eigene Traktoren – werden mit einem dekontaminierenden Mittel gründlich eingeschäumt. Autos müssen über einen Seuchenteppich fahren. Außerdem haben sie den Zugang zum Stall strikt eingeschränkt: Unbefugte dürfen diesen nicht betreten, um ein Einschleppen des Virus zu verhindern. „Aktuell versuchen wir, im Stall so viel Platz wie möglich zu schaffen und haben deshalb alle Schweine ab 108 kg und ältere Sauen verkauft. Das sind einfache, sofort umsetzbare Maßnahmen, um Platz zu schaffen, für den Fall, dass wir in eine Überwachungszone fallen und damit einem Tiertransportverbot für unbestimmte Zeit unterliegen“, sagt Zanker. Der Verkauf der Spanferkel sei derzeit noch nicht eingeschränkt.
Mit der Reaktion auf die Tierseuche der Behörden ist er unzufrieden: „Als Betroffener fühlt man sich wirklich alleingelassen, alles läuft extrem schleppend, und die Bürokratie blockiert sich selbst“, meint Zanker. Etwa für eine Risikobewertung bei der Verbringung von Schweinen habe es zwar die Verordnung gegeben, aber noch kein Formular dazu für das Ansuchen auf eine Ausnahmegenehmigung der Verbringung „Wir bekommen täglich neue E-Mails mit Verordnungen, aber keine klaren Lösungen“, sagt der Landwirt. "Generell sei der Umgang mit der Seuche sehr beunruhigend. In Ungarn werden Tausende Rinder einfach in einem Loch verscharrt und das in einem EU-Mitgliedsland. Für uns Betroffene ist das extrem belastend“, sagt Zanker.
Unklare Weidesaison
Im Nationalpark Neusiedler See wartet man auf weitere Maßnahmen. "Die Rinderherde des Parks ist nach wie vor im Stall. Normalerweise findet die Beweidung zwischen Mai und Oktober statt. Wann die Tiere in die Weidefreiheit entlassen werden, hängt von den Entwicklungen der kommenden Wochen ab", heißt es vom Nationalpark.
Im Sinn des Tierwohls und um die Herde des Nationalparks bestmöglich vor einer Ansteckung zu schützen, seien alle möglichen Vorkehrungen getroffen und worden - von Desinfektion bis zum Tragen eigener Kleidung am Gelände.
Rund um die Uhr im Einsatz für Seuchenteppiche
Gerald Gebhardt, der Leiter des Bau- und Betriebszentrums Nord der Baudirektion Burgenland organisierte die Errichtung der Seuchenteppichen an den Grenzübergängen: „Wir sind unmittelbar nach der Beauftragung von Desinfektionsmaßnahmen an der Grenze aktiv geworden. 40 Mitarbeiter rückten zur Errichtung der Seuchenteppiche aus, und drei Arbeitstrupps wurden geschult, um die vom Landesfeuerwehrverband bereitgestellte Ameisensäure entsprechend zu mischen und auf die Seuchenteppiche aufzutragen. Unsere Aufgabe wird es nun sein, diese Seuchenteppiche rund um die Uhr mit der Desinfektionslösung benetzt zu halten“, erklärt Gebhardt.
Überwachungsprogramm für die Ostregion
Das Gesundheitsministerium arbeitet gemeinsam mit den Veterinärdirektionen ein Überwachungsprogramm für die erweiterte Sperrzone („Beobachtungszone“) aus. Sie erstreckt sich vom östlichen Niederösterreich über die Bezirke Neusiedl am See, Eisenstadt-Umgebung, Eisenstadt, Rust und Mattersburg bis Oberpullendorf.
Dort werden sämtliche 660 Betriebe von Tierärzten kontrolliert. Das Vieh wird auf klinische Symptome untersucht und die Einhaltung der Maßnahmen zur Biosicherheit überprüft. In rund 150 Betrieben sollen zusätzlich monatliche Proben genommen und von der AGES ausgewertet werden. Bisher waren alle Proben negativ. "Wir appellieren dringend an alle Bäuerinnen und Bauern, die Paarhufer halten, sich eingehend über die Maul- und Klauenseuche zu informieren und die betrieblichen Sicherheitsmaßnahmen und Hygienestandards einzuhalten. Es gilt, die Personeneingänge am Betrieb auf ein Minimum zu reduzieren", erklärt LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger. Eine Verbreitung würde massive wirtschaftliche Schäden für die heimische Landwirtschaft und Tierleid verursachen. "Das gilt es mit allen zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu verhindern", sagt Moosbrugger, selbst Rinderhalter in Vorarlberg.
Auch der Landwirt im Seewinkel hofft, dass sich ein Ausbruch verhindern lässt. "Wenn die Maul- und Klauenseuche kommt, steht die Eigenversorgung mit Fleisch auf dem Spiel", ist er sich sicher.