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Gerste: Wie Biologicals gegen Ährenfusarien wirken

Fusarium-Ähreninfektionen verursachen bei Gerste deutliche Ertrags- und Qualitätsminderungen. Können Biologicals dazu beitragen, diese Krankheiten in den Griff zu bekommen?

Lesezeit: 6 Minuten

Unsere Autoren:

Felix Hoheneder und Prof. Ralph Hückelhoven, Lehrstuhl für Phytopathologie, TU München, Severin Einspanier, Oscar Metzger, Holger Klink, Institut für Phytopathologie, Christian-Albrechts Universität Kiel

Schnell gelesen

Steigende Temperaturen und feuchte Witterung begünstigen den Befall der Gersten mit Fusarien-Pilzen.

Zur Stärkung der Krankheitsresistenz wurden Biologicals getestet, die Substanzen wie Chitin und Laminarin enthalten.

Diese aktivieren die Immunabwehr der Pflanzen, weisen jedoch eine stark sortenabhängige Wirksamkeit auf.

Die Untersuchungen zeigten, dass Chitosan-Behandlungen im Gewächshaus den Ährenbefall reduzieren können.

Steigende Temperaturen und feuchte Witterungen begünstigen bodenbürtige pilzliche Erreger wie Fusarium-Arten. Diese mindern  den Ertrag als auch die Qualität von Gerste erheblich. Dadurch verursachen sie Probleme in der Malz- und Bierproduktion sowie in der Tierernährung. Zudem kann häufiger auftretender Umweltstress die Anfälligkeit der Gerste für Ährenfusariosen und andere Krankheiten verstärken.

Biologicals als Ergänzung

Um die Krankheitsresistenz der Gerste gegenüber Fusariumpilzen und anderen Erregern zu stärken, könnte der Einsatz natürlicher Substanzen – sogenannter Biologicals (siehe Infokasten Was sind Biologicals?) – den integrierten Pflanzenschutz sinnvoll ergänzen. Diese Stoffe werden aus der Natur gewonnen, wie beispielsweise Chitin aus Krustentieren oder Pilzen oder das Polysaccharid Laminarin aus Algen. Sie werden von der Pflanze als fremd erkannt, aktivieren deren natürliche Immunabwehr und können so die Widerstandsfähigkeit erhöhen.

Um die Wirksamkeit einer entsprechenden Behandlung gegen pilzliche Krankheitserreger zu optimieren, wäre es wünschenswert, eine Kombination aus Biologicals und besonders gut darauf ansprechenden Gerstensorten zu identifizieren. Ein vertieftes Verständnis der pflanzlichen Resistenzbildung könnte dazu beitragen, diese grundlegenden Resistenzstrategien gezielt für den Pflanzenbau nutzbar zu machen.

Zur Untersuchung der herbeizuführenden Resistenz der Sommergerste wurden im Gewächshaus Infektionsversuche mit verschiedenen Sorten durchgeführt. Kurz vor der Blüte wurden die Pflanzen entweder mit einer Chitosan-Lösung (aus aufbereitetem Chitin) oder mit Wasser als Kontrollbehandlung besprüht und wenige Tage später, zur mittleren Blüte (BBCH 65), mit Fusarium culmorum-Sporen infiziert (siehe Übersicht 1). Die natürliche Anfälligkeit sowie die durch Chitosan herbeigeführte Resistenz wurden anhand der Anzahl Symptome zeigender Körner pro Ähre und der Quantifizierung der pilzlichen DNA ermittelt.

Eine Behandlung wirkt bereits

Die Reaktion der Gersten auf die Behandlung fiel sortenabhängig aus. Dies drückte sich in unterschiedlich erfolgreicher auslösbarer Resistenz gegenüber Ährenfusariosen aus. Bei den meisten Sorten zeigte sich dies in einer reduzierten Symptomatik an den Ähren. Einzelne Sorten, wie beispielsweise Sangria oder Tasja, zeigten hingegen keine Veränderung oder sogar eine erhöhte Anfälligkeit nach Chitosan-Behandlung.

Die herbeigeführte (induzierte) Resistenz wurde über den weiteren Verlauf der Infektion bonitiert. Dabei zeigte sich, dass eine einmalige Chitosan-Behandlung der gesamten Pflanze auch über den Zeitraum der weiteren Kornentwicklung eine Wirkung zeigt. 18 Tage nach der Infektion bzw. 20 Tage nach der Chitosan-Applikation zeigt eine erneute Bonitur von insgesamt 30 Ähren pro Behandlung und Sorte, dass viele behandelte Ähren deutlich gesünder als in der Kontrolle sind.

Ein erhöhter Anteil Ähren mit keinem oder nur geringem sichtbarem Körnerbefall bzw. ein geringerer Anteil stark befallener Ähren verdeutlicht beispielsweise in der Sorte Marthe die starken resistenzinduzierenden Effekte. Erneut zeigt sich Sangria induziert anfälliger als in den Kontrollen.

In der Saison 2024 wurden neun ausgewählte Genotypen an zwei Standorten in Nord- bzw. Süddeutschland angebaut, um die Wirkung der Chitosan-induzierten Resistenz unter Freiland-bedingungen zu testen. Hierbei wurden Parzellen mit F. culmorum infiziertem Kornmaterial am Boden beimpft, um den Pathogendruck gezielt zu erhöhen.

Die Pflanzen wurden zudem im Ährenschieben mit einer Chitosan-Lösung oder Kontroll-Lösung kurz vor der Blüte besprüht. Neben der Bonitur von Blatt- und Ährensymptomen wurde das Kornmaterial nach der Ernte auf den pilzlichen Befall untersucht. Die Daten zeigen über beide Standorte gemittelt einen insgesamt geringen Ährenbefall.

Teilweise kam es zu einer statistisch nicht abgesicherten Reduktion des Befalls durch eine Chitosan-Behandlung. Der im Vergleich zum Gewächshaus geringe Befallsdruck im Freiland und die hohe Variabilität der Daten dürften durch den starken Einfluss der Umwelt auf die Infektion zu erklären. Das und eine eventuell ebenfalls umweltabhängige durch Biologicals induzierte Resistenz könnten die Chitosaneffekte im Feld limitiert haben (Übersicht 2).

Die Schlussfolgerungen

Das in der EU bereits als Grundstoff (siehe Infokasten) zugelassene Chitosan bewirkt in kontrollierter Umwelt eine Reduktion des Ährenbefalls durch Fusarium-Pilze. Die stark sortenabhängige Reaktion der Gerste auf Chitosan legt nahe, dass die induzierbare Immunantwort als mögliches Selektionskriterium in der Resistenzzüchtung für neue Genotypen genutzt werden könnte.

Dies eröffnet die Perspektive, gezielt Sorten zu züchten, die besonders gut auf Biologicals ansprechen und dadurch möglicherweise mit einem geringeren Fungizideinsatz auskommen. Die Ergebnisse verdeutlichen das Potenzial von Biologicals zur Aktivierung der natürlichen Immunabwehr der Gerste.

Es ist davon auszugehen, dass die Verlässlichkeit und Effektivität einer Chitosanbehandlung weiter gesteigert werden könnte, und zwar durch

  • optimierte Formulierungen,

  • eine höhere oder wiederholte Dosierung sowie

  • eine witterungsabhängige Terminierung der Applikation.

Um künftig auch mit herkömmlichen chemischen Pflanzenschutzmitteln mithalten zu können, wäre die Züchtung von auf Biologicals positiv reagierenden Sorten zielführend. Unsere Daten zeigen eine Perspektive auf. Denn es sind durchaus Sortenunterschiede erkennbar, die züchterisch verwertbar sind. Vielleicht wird der immunstimmulatorische Reiz durch Chitosan durch abiotische Einflüsse überschrieben. Auch hier könnten Formulierungen mit Depotwirkung oder wiederholte Applikationen das Potenzial von Biologicals unterstützen, um die Wirkungsdauer besser von Umwelteinflüssen zu entkoppeln. Somit könnten Chitosan-Anwendungen unter Feldbedingungen dazu beitragen, den integrierten Pflanzenschutz um effektive und umweltfreundliche Biologicals zu erweitern.

Nicht genau definiert

Was sind Biologicals?

Eine genaue Klassifizierung und Zuordnung von „Biologicals“ ist für den Praktiker schwierig. Denn dieser stellt lediglich einen Oberbegriff für völlig unterschiedliche und eigenständige Stoffgruppen in der Landwirtschaft dar. Diese werden auch hinsichtlich Einsatzgebiet völlig unterschiedlich juristisch geregelt. Eine nicht exakte inhaltliche Trennung kann somit zu falschen Erwartungshaltungen führen.

So werden unter „Biologicals“ zum einen „Pflanzen-Biostimulanzien“ geführt, die der EU-Düngeprodukt­verordnung 2019/1009 unterliegen und die Effizienz der Nährstoffversorgung verbessern, die Toleranz gegenüber Umweltstress erhöhen und Qualitätsmerkmale des Erntegutes erhöhen. Alle Effekte resultieren aus einer indirekten Stimulierung des pflanzlichen Nährstoff-Stoffwechsels.

Aber auch die „Biologischen Pflanzenschutzmittel“ werden den „Biologicals“ zugeordnet und unterliegen der EU Pflanzenschutzmittel-Verordnung 1107/2009. Also handelt es sich hierbei um eine völlig andere Stoffgruppe mit anderem Einsatzgebiet. In dieser Gruppe gibt es zahlreiche Vertreter aus dem Bereich Mikroorganismen über Semiochemikalien bis hin zu Biochemikalien wie Extrakte aus pflanzlichen und tierischen Herkünften sowie Algen. Der Einsatz erfolgt in der Praxis ausschließlich mit dem Ziel, die Pflanzengesundheit zu erhöhen. So auch im vorliegenden Sortenversuch mit dem Grundstoff Chitosan.

Und um die Verwirrung in der Praxis zu komplettieren, werden in der Literatur zu den „Biologicals“ auch noch die „Makroorganismen“ (wie Nematoden, Milben, Insekten) hinzugezählt. Somit ist es für Praktiker schwierig, dass unterschiedliche Stoffgruppen mit unterschiedlichen Einsatzgebieten und rechtlichen Definitionen häufig unter dem gleichen Begriff dargestellt werden.

Hier wäre es hilfreich, wenn es zu einer konsequenteren Zuordnung der Begrifflichkeiten kommen würde, um nicht falsche Vorstellungen und Erwartungshaltungen in der Praxis zu erzeugen. Gerade diese Unklarheiten und Vermengungen von Stoffgruppen aus dem Bereich der Düngung und dem Bereich der Pflanzengesundheit steht einem verstärkten Einsatz in der Praxis häufig im Weg.

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