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Eine Partnerschaft durchläuft verschiedene Phasen. Diese bergen unterschiedliche Herausforderungen.
Zwei Expertinnen zeigen diese Herausforderungen auf und geben Tipps, wie die Liebe im Alltag gepflegt werden kann.
Wertschätzung und Verständnis sind wichtige Grundlagen für eine funktionierende Partnerschaft. Hinzu kommen Respekt und kleine Gesten.
Mit unseren Expertinnen haben wir diskutiert und sind auf den Pfaden der Liebe gewandelt.
Sie sind seit 20 Jahren verheiratet, die Kinder werden langsam flügge, der Betrieb läuft auf vollen Touren. Eigentlich ist alles bestens.
Eigentlich.
Denn immer häufiger schleicht sich in letzter Zeit ein Unbehagen, ein Gefühl der Leere ein: Im stressigen Hofalltag, zwischen Kuhstall, Kindererziehung und Erntestress hat die Partnerschaft gelitten, ist die Liebe unter die Räder gekommen. Was ist aus den Gefühlen füreinander geworden? Gibt es sie noch – oder lebt man nur noch nebeneinander her?
So oder ähnlich geht es vielen Paaren. Die Liebe hat feurig und leidenschaftlich begonnen, ist dann gereift und irgendwann im Alltag erkaltet oder auf der Strecke geblieben. Um dies zu verhindern, gibt es zwar keine alles entscheidende Formel, die das perfekte Liebesglück sichert und bewahrt. Doch schwören Paartherapeuten darauf, dass man sich auch im Alltag eine erfüllte Partnerschaft erhalten kann. Wir haben mit Paaren und Experten über Strategien gesprochen, wie das schönste aller Gefühle im Alltag gepflegt und erhalten werden kann.
Viel Hof, wenig Gefühl?
Es ist der Alltag und es sind die äußeren Faktoren, die eine Liebe ständig auf den Prüfstand stellen. Die Arbeit auf dem Betrieb, die Kindererziehung, der Generationskonflikt – all das kann sich auf die Partnerschaft auswirken. Die Probleme im Alltag variieren in den unterschiedlichen Lebensphasen.
Ein junges Paar hat mit ganz anderen Problemen zu kämpfen als ein älteres. Susanne Fischer ist Sozial- und Lebensberaterin, arbeitet in der Familienberatung und begleitet Paarseminare beim Ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI). Sie stellt fest, dass in den letzten Jahren vor allem junge Paare die Beratungsangebote in Anspruch nehmen.
„Das liegt zum einen daran, dass sich die Rollenverteilung stark verändert hat“, erklärt Susanne Fischer. „Und zum anderen daran, dass es vor allem junge Frauen sind, die nicht vom Hof kommen und in die Landwirtschaft einheiraten.“ Viele junge Paare machen sich bereits vor dem Zusammenziehen viele Gedanken darüber, wie sie die „beiden Welten“ verbinden können, welche Erwartungen sie haben und wie sie das gemeinsame Leben gestalten können.
„Nicht selten suchen junge Frauen das Beratungsangebot, weil sie in der dominanten Struktur eines Betriebes ihren Platz finden wollen“, erklärt Angelika Wagner von „Lebensqualität Bauernhof“ in Tirol. „Die junge Frau muss sich nicht nur an den Alltag, sondern auch an den Hof und vielleicht auch noch an die Schwiegereltern gewöhnen. Plötzlich ist den ganzen Tag viel zu tun, es gibt eine Familienstruktur, alle wollen etwas von einem – das ist Stress für die frische Liebe.“ Dabei ist sie überzeugt: „Eine Partnerschaft auf dem Hof funktioniert nur, wenn die Landwirtschaft verstanden wird.“
Dazu gehören die Strukturen in der Familie und im Betrieb, die Arbeitszeiten und -belastungen und die Verantwortung. „Ob nun eine Frau oder ein Mann auf den Hof kommt: Es hat viel mit Bewusstseinsbildung zu tun, dass eine Partnerschaft funktioniert. Kann ich mich in meinen Partner hineinversetzen, habe ich Verständnis für sie oder ihn?“, erklärt Angelika Wagner. „Und dann ist es wichtig, ein Lebens- und Arbeitsmodell zu finden, das für beide passt.“
Kinder als Herausforderung
Wenn dann die Kinder kommen und der Betrieb mit allen Kräften weiterentwickelt wird, besteht schnell die Gefahr, dass zwei Menschen sich als Paar verlieren. „Eigentlich gibt es keinen größeren Störfaktor für eine Partnerschaft als Kinder“, sagt Susanne Fischer. Deshalb ist es wichtig, der Liebesbeziehung immer höchste Priorität einzuräumen.
Denn eine weitere „Risikophase“ ist die Pubertät der Kinder, die sehr viel Aufmerksamkeit verlangt und auch die Eltern in Konflikte stürzen kann. Vielleicht stehen gleichzeitig größere Investitionen im Betrieb an, oder aber einer der Altenteiler muss bereits gepflegt werden. Das Paar steht mitten im Leben, die äußeren Einflüsse sind vielfältig und alle können eine Belastung für die Beziehung sein.
Zeit der Vorwürfe?
Paare, deren Kinder gerade das Haus verlassen haben oder die den Betrieb gerade an die nächste Generation weitergegeben haben, kämpfen mit einem gegenteiligen Problem: Sie haben plötzlich wieder mehr Zeit füreinander.
Und viel Zeit für Vorwürfe. Die Partner haben dann häufig das Gefühl, dass sie sich gegenseitig nicht mehr verstehen. Oder dass sie im bisherigen Leben zu viel zurückstecken mussten. Deshalb ist es besonders in dieser Lebensphase wichtig, über eigene Befürchtungen und Ängste offen zu sprechen. Schließlich hat man die meisten Herausforderungen des Lebens bereits zusammen überstanden. Gegenseitige Vorwürfe belasten nur den gemeinsamen Lebensabend.
Deshalb sollen Paare auf diese Zeit hinarbeiten, sind sich die Beraterinnen einig. „Im Ruhestand merken viele, dass sie ihre Energie das ganze Leben auf andere Dinge gerichtet hatten als auf die Partnerschaft“, sagt Susanne Fischer. „Die gegenseitige Aufmerksamkeit und der Blick füreinander sollte aber nie verloren gehen.“ Eine gemeinsame Pause, Abende in Zweisamkeit oder Auszeiten zu zweit sollten deshalb in jeder Phase der Beziehung gepflegt werden.
„Es sollte nicht das große Fremdeln beginnen, wenn man als Paar plötzlich wieder mehr Zeit füreinander hat“, erklärt Angelika Wagner. „Deshalb ist es wichtig, sich selbst und die Partnerschaft immer wieder zu reflektieren und sich gegenseitig zu jedem Zeitpunkt wertzuschätzen.“
Das „Gefühl vom Anfang“
Wie bekomme ich die Verliebtheit vom Anfang zurück? Eine Frage, die hin und wieder in der Beratung gestellt wird. „Gar nicht“, sagt Susanne Fischer. „Die Verliebtheitsphase ist das Geschenk, jemanden gefunden zu haben, mit dem man sich gut fühlt. Verliebtheit ist keine Anstrengung, sondern ein Gefühl, das einem zeigt, wie schön es sein kann.“
Dass aus der Verliebtheit aber Liebe wird, dafür ist Anstrengung notwendig. „Man muss sich bemühen. Mit der Liebe verliert man die Unbeschwertheit des Verliebtseins, gewinnt aber noch viel mehr dazu. Denn Liebe bedeutet Vertrautheit, Verlässlichkeit und Geborgenheit. Liebe ist eine Haltung, die mit vielen Gefühlen einhergeht. Wenn man sie sich erarbeitet hat, sollte man sie sich bewahren.“
Liebe pflegen
Und wie kann man die Liebe im Alltag pflegen? „Kleine Gesten oder Berührungen, eine gute Kommunikation, eine uneingeschränkte Unterstützung und eine gemeinsame Wertehaltung sind wichtige Pflegemaßnahmen für die Liebe“, fasst Susanne Fischer zusammen. Außerdem sollten Paare sich genug Raum geben und eine gute Mischung aus Autonomie und Nähe finden. Kleine Auszeiten, Gespräche und Unternehmungen sind eine gute Basis.
Für Angelika Wagner sind außerdem Wertschätzung und gegenseitige Beachtung wichtige Faktoren. „Auch ein Blickkontakt, der dem anderen zeigt: ‚Ich weiß, dass du da bist!‘, schafft Nähe“, sagt die Beraterin. Susanne Fischer gibt einen Tipp für die Streitkultur: „Konflikte sind nicht schlecht. Aber ein Streit darf nicht vernichtend sein.“ Es schade nicht, sich gegenseitig zu sagen: „Wir haben unterschiedliche Meinungen, aber ich mag dich trotzdem.“ Und: Am Abend, bevor man ins Bett geht, sollte ein Streit immer ruhen.
Paarseminare
Das Ländliche Fortbildungsinstitut (LFI) Oberösterreich und Niederösterreich bieten im Jänner/Februar 2025 das Seminar „Als Paar gut leben und arbeiten am Hof“ mit Susanne Fischer und Erhard Reichsthaler an. Infos und Anmeldemöglichkeit unter www.ooe.lfi.at und www.noe.lfi.at