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Vereinbarkeit von Betrieb und Familie: Kind oder Kuh?

Immer noch stehen Frauen vor der Entscheidung: Leite ich meinen Hof weiter, oder gründe ich eine Familie? Beim Bäuerinnenforum im Rahmen der Grünen Woche wurde dieser Zwiespalt diskutiert.

Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Artikel erschien zuerst im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben.

Einen Hof führen, ein Kind bekommen und Mutter sein – ist das gleichzeitig möglich? „Es ist wie jonglieren mit fünf Bällen in der Luft“, meint Anne Dirksen. Sie referierte am vergangenen Freitag auf dem Bäuerinnenforum des Deutschen Landfrauenverbandes (dlv) in Berlin. „Doppelrollen sind immer besonders herausfordernd“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Familie und Betrieb der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

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Entweder, oder?

Das Thema der Veranstaltung „lautete Zukunft Land(wirtschaft): Auch eine Frage der Vereinbarkeit“. Viele Frauen im Saal diskutierten dazu aktiv mit, ebenso wie zahlreiche Teilnehmerinnen, die den Livestream verfolgten.

Die Studie „Frauen.Leben.Landwirtschaft“ hat ergeben, dass nur 11 % der Frauen einen landwirtschaftlichen Betrieb leiten. Ein Grund dafür sei eben auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Kinder bekommen ist für eine Frau nur dann möglich, wenn sich der Betrieb den Ausfall der Arbeitskraft leisten kann. „Es darf nicht sein, dass sich Frauen in der heutigen Zeit zwischen Betrieb und Kindern entscheiden müssen“, sagt Dirksen. Wie die Studie zeigt, arbeiten Frauen zum Beispiel während der Schwangerschaft oftmals ähnlich viel auf dem Hof, wie zuvor.

40 Stunden reichen nicht

Diese Eindrücke kann auch Cecilia Abel, Co-Betriebsleiterin des Ziegenhofs Ogrosen bestätigen. Sie bekam vor etwa einem Jahr ihr erstes Kind und sagt heute: „Ich weiß nicht, ob ich das Ganze so noch einmal wiederholen würde.“

Um den Ausfall ihrer Arbeitskraft zu kompensieren, kümmerte sie sich frühzeitig um eine Betriebshilfe, die sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt je 40 Wochenstunden auf ihrem Hof arbeitete. „Leider reichte diese Unterstützung in der Realität nicht aus“, erzählt Abel, „Auch am Wochenende müssen die Ziegen umsorgt werden.“ Problematisch war außerdem, dass der Betriebshelfer zwar in der Landwirtschaft, nicht aber in der Käserei eingesetzt werden durfte. Dafür bedürfte es einer Gesetzesänderung.

Trotzdem hat Cecilia Abel es geschafft, alles unter einen Hut zu bringen. Die Betriebshilfe war dabei unabdingbar. Eine solche muss frühzeitig beantragt und gesucht werden. „Planung und Information sind der Schlüssel zur Vereinbarkeit“, sagt Dirksen. Vielen Frauen wären mögliche Hilfen und Angebote nicht bewusst.

Schiefe Blicke ignorieren

Wichtig sei es auch, für eigene Interessen einzustehen. Eine Praktikerin habe sich wöchentlich mit Nachbarn beim Kochen abgewechselt, eine andere habe einen Lieferdienst fürs Mittagessen kommen lassen. Kritische Blicke schienen da vorprogrammiert. „Lösungsansätze müssen nur einem selbst gefallen, nicht etwa den Nachbarn oder Schwiegereltern“, betont Dirksen. „Als Unternehmerin trägt man die Sorge, auch für sich selbst zu sorgen. Vereinbarkeit geht deshalb nur mit Vereinbarungen.“ Vor allem in der Partnerschaft sei es wichtig, Bedürfnisse offen zu legen und verbindliche Absprachen zu treffen.

Zu einer fairen Teilung gehört auch hier für sich Einzustehen. Praktikerin Mara Walz vom Weingut Walz erzählt: „Mein Mann wollte mir Arbeit abnehmen und meinte, er könne meine Aufgaben im Weinkeller übernehmen. Ich habe ihm klar gemacht, dass ich, trotz Stress, diese Arbeit gern selbst machen möchte, und er dafür im Haushalt etwas tun kann.“

In alte Rollenbilder verfallen

Auch wenn ein Paar – vor der Gründung der Familie – Aufgaben klar verteilt, besteht die Gefahr bei der Geburt des Kindes in typische Rollenmuster zu verfallen. „Ich mache nun viel Buchhaltung, und koche jeden Mittag, weil ich das von Zuhause aus erledigen kann“, erzählt Cecilia Abel. „Das habe ich vor der Geburt meines Kindes nicht getan.“

Um dem entgegenzuwirken sollte auch die sogenannte Care-Arbeit – also die Pflege von Haushalt und Kind – klar und fair geteilt werden. Paare mit Kinderwunsch sollten sich daher frühzeitig informieren und externe Dienstleister in Anspruch nehmen.

Gemeinschaftsaufgabe

Neben Kommunikation und Aufklärung ist auch ein Netzwerk aus Unterstützern hilfreich. „Wichtig ist trotzdem, dass auch Oma von nebenan ein Wahlrecht hat,“ sagt Dirksen. Das heißt, ein funktionierendes System darf nicht nur darauf fußen, dass Unterstützer wie die Großmutter auf dem Hof die Kinder hüten. An der Stelle sei auch die Politik gefragt: Ausreichende Kita-Plätzen und der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln im ländlichen Raum bilden den Rahmen für Geschlechtergerechtigkeit.

Kinder aufzuziehen ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Mutter und Vater sollten sich gemeinsam informieren, planen und Aufgaben, fern von Geschlechterstereotypen, fair verteilen. „Dabei sollten alle mutig sein, das zu tun, was für sie passt“, appelliert Dirksen.

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