Ab 30.12.2024 muss die EU-Entwaldungsverordnung verpflichtend angewendet werden. So hat es das EU-Parlament im Vorjahr beschlossen und der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten einen straffen Zeitplan vorgegeben. Bis zu diesem Termin sind es nur noch etwas mehr als 100 Tage und die betroffenen Produktsektoren, neben Soja auch Holz, Rinder, Kakao, Kaffee, Kautschuk und Ölpalmen, tappen hinsichtlich der konkreten Umsetzungserfordernisse im Dunkeln, heißt es vom Verein Soja aus Österreich.
Erstinverkehrbringer müssen durch einen Sorgfaltspflichtenprozess sicherstellen, dass die Waren entwaldungsfrei und im Einklang mit nationalen Gesetzen produziert wurden, bevor die Rohstoffe gehandelt werden dürfen. Der Sorgfaltspflichtenprozess muss mittels einer Erklärung bestätigt werden. Egal welches Risiko das Anbauland hat, müssen auch die Standorte der Sojafelder in die Dokumentation einfließen. Also würde es auch in Österreich zusätzliche Anforderungen für Landwirte geben. Sie müssen laut v. a. darin bestehen, die Geolokalisationsdaten aller Felder, auf denen Soja angebaut wurde, zu sammeln und weiterzugeben.
Soja in Österreich
Im Jahr 2023 haben in Österreich 10.974 Landwirte Soja auf ihren Feldern gesät. Die Anbaufläche betrug 87.146 ha, davon waren 37 % auf Biobetrieben. Geerntet wruden 266.420 t.
Im Jahr 2024 wurde der Anabu noch leicht ausgeweitet auf 87.607 ha, davon 34.146 ha (39 %) bei Biobauern.
Soja ist die viertgrößte Ackerkultur nach Mais, Weizen und Gerste und mit großem Abstand die wichtigste Öl- und Eiweißpflanze in Österreich.
Wesentliche Eckpfeiler für die Umsetzung seien allerdings noch offen, zeigt Karl Fischer, Obmann des Vereins, auf. Nur eines scheint fix: Der enorme bürokratische Aufwand wird zu Preissteigerungen bei Soja und Produkten führen. Wesentliches Herzstück der Verordnung ist die Einstufung der weltweiten Entwaldungsrisiken in drei Zonen. Diese Einstufung muss die EU-Kommission vornehmen, daraus ergeben sich unterschiedliche Anforderungen für alle unter die Verordnung fallenden Produkte.
Viele offene Fragen
Diese Arbeit ist laut Fischer noch nicht abgeschlossen. Erst im Frühsommer dieses Jahres habe ein US-amerikanisches Beratungsunternehmen damit begonnen, Regionen mit hohem Entwaldungsrisiko zu bewerten. Die Verordnung sieht vor, dass die Kommission mit den betroffenen Ländern in einen Dialog tritt, um die Ergebnisse der Einstufung zu diskutieren und bei der Risikominderung zu helfen. Doch längst regt sich in vielen Teilen der Welt heftiger Protest, von einer einvernehmlichen Lösung ist man weit entfernt. Auch bei der Veröffentlichung der seit Monaten angekündigten Umsetzungsleitlinien ist die EU-Kommission säumig. „Sie wären längst notwendig, um Details zu klären und Interpretationen festzulegen“, meint Fischer weiter: „So bleiben viele Fragen offen. Bei jedem Treffen der betroffenen Branchen in Wien geht man mit fünf Fragen hinein und am Ende mit zehn neuen Fragen wieder nach Hause.“
Dies ist für die Marktteilnehmer mehr als unbefriedigend. Abhilfe sollte ein FAQ-Katalog der Kommission schaffen, doch auch hier lässt die Veröffentlichung auf sich warten. „Wir hören nur, dass die Zahl der ständig gestellten Fragen von 80 auf 120 gestiegen sein soll. Mehr Beweise für die vielen Unsicherheiten bei der Umsetzung braucht es nicht“, meint der Obmann des Vereins. Die EU-Kommission steht noch nicht fest, die Kandidaten müssen erst die Hearings im EU-Parlament bestehen, diese sind für Oktober geplant. „Die nächsten Schritte in Sachen Entwaldungsverordnung werden in Brüssel sicher erst gesetzt, wenn die neue Kommission im Amt ist. Das wird noch dauern“, befürchtet Fischer.
Gesetz in Österreich fehlt
Da sei es nur logisch, dass die Mitgliedsstaaten mit der nationalen Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung nicht recht vorankommen, weil wesentliche Grundlagen aus Brüssel fehlen. Österreich braucht dafür ein Gesetz. Ein Entwurf ist zwischen den Koalitionsparteien in Verhandlung, das Begutachtungsverfahren hat noch nicht begonnen. Fischer bezweifelt, dass diese Rechtsgrundlage rechtzeitig fertig wird: „Wir haben bald Nationalratswahlen, dann kommen die Koalitionsverhandlungen, die erfahrungsgemäß bis Weihnachten dauern. Heuer wird das wohl nichts mehr.“
„Wir brauchen eine Verschiebung der Entwaldungsverordnung und wir brauchen Nachverhandlungen. Unsere Betriebe sind mit Rechtsunsicherheit konfrontiert und befürchten ein Chaos am Jahresende“, sagt Fischer. Die Branche leide unter dem bürokratischen Aufwand, den die Verordnung mit sich bringt. Die dadurch entstehenden Kosten für Personal, EDV, Warenwirtschaft und Organisation müssen an den Markt weitergegeben werden. Das zu erwartende Ausmaß kristallisiert sich immer konkreter heraus: Marktteilnehmer hören, dass allein die Sojaimporte aus Übersee um 10 % und mehr teurer werden. Die EU importiert 93 % ihres Sojabedarfs, die zu erwartenden Mehrkosten werden von Branchenexperten mit 1,5 Mrd. € geschätzt.