Am 29. September wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Der Wahlkampf ist am Höhepunkt und die Standpunkte teils weit auseinander. Vor allem wenn es um landwirtschaftliche Themen geht. top agrar Österreich hat den fünf größten Parteien Österreichs Fragen zur Landwirtschaft gestellt, vom Wolf über die Herkunftskennzeichnung bis hin zur aktuellen Förderkulisse.
Die Landwirte hatten heuer mit Wetterkapriolen und sinkenden Preisen zu kämpfen, wie wollen Sie diese Berufsgruppe in einer neuen Regierung unterstützen?
Georg Strasser von der ÖVP: Die jüngste Hochwasserkatastrophe hat gezeigt, wie groß der Zusammenhalt in unserem Land ist. Landwirte waren die ersten Helfer, ihnen gebührt großer Dank. Jetzt gilt: Wer schnell hilft, hilft doppelt. Deshalb hat die Bundesregierung hat den Katastrophenfonds auf eine Milliarde Euro aufgestockt, zudem gibt es 500 Millionen € an EU-Hilfen. Viele Felder sind unbefahrbar und die Ernte verzögert sich. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hat daher rasch eine unbürokratische Anpassung der ÖPUL-Fristen veranlasst. Darüber hinaus stellt sein Ministerium neben 10 Millionen € Soforthilfe auch eine Milliarde € für Investitionen in den Hochwasserschutz bereit. Das Auf und Ab der Weltmärkte durch geopolitische Spannungen hat die Inflation befeuert. Wir haben mit dem Impulsprogramm für die Landwirtschaft, dem Wettbewerbs-Paket und der Agrardieselrückerstattung, die im Jahr 2024 37,5 Cent/Liter Diesel entspricht, reagiert. Diese Programme wollen wir in den kommenden fünf Jahren weiterführen und ausbauen. Vom Bürokratieabbau reden wir nicht nur, wir setzen ihn – im Gegensatz zu anderen – auch um. Zum Beispiel mit der jüngsten Umstellung auf ein rollierendes Einheitswertverfahren und die Anhebung der Pauschalierungsgrenzen. Auch hier wollen wir weitermachen.
Elisabeth Feichtinger von der SPÖ: Die SPÖ setzt sich dafür ein, dass es innerhalb der Agrarfördermittel-Verteilung zu mehr Gerechtigkeit kommt. Leider mussten wir feststellen, dass in den letzten Jahren der Krise die Schere zwischen den kleinen bzw. mittleren Betrieben und den Großbetrieben weiter auseinander gegangen ist. Dies, obwohl vermehrt nationale Mittel in das System geflossen sind. Es haben größere Betriebe überproportional profitiert. Die Mittel der Flächenförderungen müssen in Zukunft an konkrete Umweltleistungen gebunden werden, reine Flächenförderungen sind im Interesse der meisten Betriebe abzulehnen, da sie die Ungerechtigkeit verstärken. Die eingesetzte Arbeitskraft der Landwirt:innen muss mehr an Bedeutung gewinnen.
Olga Voglauer von den Grünen: Frostschäden, lange Hitzeperioden und nun die Hochwasserkatastrophe, die derzeit viele Regionen in Österreich betrifft: All das zeigt, dass Klimaschutz und der Schutz unserer Natur für unser Leben und die landwirtschaftliche Erzeugung alternativlos sind. Umso mehr werden wir uns weiter dafür einsetzen, um unsere Lebens- und Produktionsgrundlagen auch für die Zukunft zu erhalten. Neben der Umgestaltung des Fördersystems (s. Frage 2) wollen wir die Position der Bäuerinnen und Bauern in der Wertschöpfungskette stärken, und damit bessere Preise erzielen. Das gelingt mit der Einführung einer Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie, mit einer Haltungskennzeichnung für tierische Produkte und mit einer Verschärfung des Gesetzes gegen unfaire Handelspraktiken. Zusätzlich wollen wir die Direktvermarktung fördern und vereinfachen, um die Unabhängigkeit der Bäuer:innen vom Lebensmitteleinzelhandel und vom Gastro-Großhandel zu stärken.
Peter Schmiedlechner von der FPÖ: Wir treten dafür ein, dass sich die Arbeit für unsere Bauern wieder lohnt und sie gut davon leben können. Um eine Trendumkehr in der Landwirtschaft zu schaffen, hin zu Ernährungssouveränität und unabhängigen Bauern, die vom Verkauf ihrer Produkte nicht nur überleben, sondern gut leben können, braucht es die Umsetzung der folgenden Punkte des freiheitlichen Entlastungspakets für die Landwirtschaft: Ausstieg aus dem Green Deal, Importstopp für ukrainisches Billiggetreide und die AMA-Marketing-Beiträge abschaffen. Es bräuchte einen Agrargipfel für Ernährungssouveränität und die Neuausrichtung der österreichischen Landwirtschaft.
Karin Doppelbauer von den NEOS: Einerseits muss angesichts der massiven Schäden durch das Hochwasser sichergestellt werden, dass allen Betroffenen rasch geholfen wird. Zusätzlich kämpfen wir für eine faire Entlohnung der Landwirt:innen. Wir weisen immer wieder darauf hin, dass die Einkommen der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung in Österreich nur knapp über dem EU-Durchschnitt liegen, aber weit hinter Deutschland oder Frankreich zurückbleiben. NEOS fordern, dass die Landwirtschaft einen gerechten Anteil an der Wertschöpfungskette erhält. Gleichzeitig muss die Regierung die Betriebe dabei unterstützen, die Transformation hin zu einer nachhaltigen und klimabewussten Land- und Forstwirtschaft durch eine praxisnahe und unbürokratische Umsetzung des EU Green Deal Pakets zu ermöglichen.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Förderkulisse für Österreichs Bauern? Wo sehen sie Verbesserungs- bzw. Änderungsbedarf?
Georg Strasser von der ÖVP: Jeder Euro für die Land- und Forstwirtschaft ist mit einer konkreten Gegenleistung verbunden. Mit der neuen GAP ab 2023 haben wir die Gelder für freiwillige Mehrleistungen der Bäuerinnen und Bauern erhöht und setzen gleichzeitig bei den Direktzahlungen auf verstärkte Unterstützungen für kleine Betriebe. Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass die vielfältigen Leistungen der österreichischen Bauernfamilien zum Klima-, Umwelt- und Naturschutz abgegolten werden und das Geld direkt auf den Betrieben ankommt.
Elisabeth Feichtinger von der SPÖ: Die Förderkulisse muss sich insoweit verändern, als es mehr Verteilungsgerechtigkeit sowie Ökologisierung braucht. Auch der Bereich des Tierwohls ist zu berücksichtigen, da in Österreich innerhalb der nächsten Jahre die Vollspaltenbödenställe für Schweine umgebaut werden und auch in der Rinderhaltung ein Ende haben müssen. Es braucht dringend Anreize und Vorgaben, damit es zu einer deutlichen Reduktion chemisch-synthetischen Pestizide kommt. Wie ein aktueller Bericht des Europäischen Rechnungshofs empfiehlt, muss auch der strategische Rahmen der EU für den ökologischen/biologischen Sektor gestärkt und die Verknüpfung mit der GAP-Förderung verbessert werden.
Olga Voglauer von den Grünen: Das derzeitige Fördersystem der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) befördert das Motto „Wachse oder weiche“. Wir wollen hingegen die kleinstrukturierte Landwirtschaft erhalten und ökologische Bewirtschaftung belohnen. Daher fordern wir eine völlige Umkehr in der GAP: Statt Direktzahlungen pro Fläche soll der Arbeitszeitbedarf gefördert werden, mit einer Obergrenze für Großbetriebe. Zusätzlich wollen wir die ökologischen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern viel besser wertschätzen und dementsprechend im Agrarumweltprogramm „ÖPUL“ umso höhere Prämiensätze, je höher der ökologische bzw. insgesamt gesellschaftliche Mehrwert einer Maßnahme ist.
Peter Schmiedlechner von der FPÖ: Die heimische Landwirtschaft braucht einen Abbau des Bürokratie-Wildwuchses aufgrund der GAP sowie der Umsetzungsmaßnahmen der Bundesregierung von ÖVP und Grünen. Nur so kann das fortschreitende Bauernsterben gestoppt und eine wirtschaftliche Landwirtschaft betrieben werden. Davon profitieren alle: Unsere gepflegte Kulturlandschaft sichert die Lebensqualität in den ländlichen Gebieten und ist der Grund für die touristische Attraktivität unserer Heimat. Aufgrund ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung gilt es diese zu erhalten und die Leistung der Landschaftspflege zu honorieren. Wir haben daher beispielsweise die Einführung eines „Landschaftsschützer-Bonus“ vorgeschlagen.
Karin Doppelbauer von den NEOS: Wir NEOS setzen uns auf EU-Ebene für eine Reform der EU-Agrarpolitik zugunsten kleinteiligerer, nachhaltiger Landwirtschaft ein. Angesichts der 190 Milliarden € an Direktzahlungen für 2023-2027 fordern wir, dass diese Mittel nicht mehr primär nach Flächenbesitz verteilt werden, sondern verstärkt nachhaltige Anbaumethoden sowie kleine und mittlere Betriebe gefördert werden. Wir setzen uns für eine gerechte Verteilung der Fördermittel und die Reduktion von Bürokratie ein, um die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft zu steigern. Dies würde besonders Österreich zugutekommen, da wir von einer zielgerichteteren Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Vergleich zu großen Ländern wie Frankreich oder Deutschland profitieren würden.
Braucht es Ihrer Meinung nach eine umfassende Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln in Österreich, bzw. wollen Sie diese umsetzen?
Georg Strasser von der ÖVP: Wir wollen die Transparenz am Teller schrittweise weiterentwickeln. Da ist uns mit der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung ein großer Sprung in der vergangenen Legislaturperiode gelungen, der bereits zwei Drittel der täglichen Außer-Haus-Verpflegung betrifft. Gleichzeitig haben wir freiwillige Programme für die Gastronomie ausgebaut und den Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung ins Leben gerufen. Auch diese Programme gilt es nach und nach auszubauen. Dafür braucht es Bäuerinnen und Bauern, verarbeitende Betriebe und die Gastronomie mit an Bord.
Elisabeth Feichtinger von der SPÖ: Die SPÖ setzt sich für eine gesetzliche Regelung ein, mit der eine lückenlose Kennzeichnung der tierischen Produkte hinsichtlich der Haltungsbedingungen eingeführt wird. Die Haltungsbedingungen sollten in Stufen eingeteilt werden, um das Tierwohl zu verdeutlichen und nicht nur um Minimalverbesserungen der Haltung voneinander unterscheiden. Wertschätzung für Bäuer:innen bedeutet, sie dabei zu unterstützen, hohe Tierschutzstandards zu realisieren. Um Österreich zu einem Tierwohlmusterland zu entwickeln, ist das Thema Tierhaltungskennzeichnung zentral. Die Art der Tierhaltung am Produkt zu kennzeichnen, bedeutet, dass jene Bäuer:innen, die höhere Standards erfüllen, ihre Arbeit und ihre Produkte besser darstellen können. Herkunft alleine ist kein Qualitätsmerkmal. Wir brauchen gleichzeitig eine einfache und klar verständliche Kennzeichnung der Haltungsbedingungen.
Olga Voglauer von den Grünen: Ja. Die nationale Umsetzung der Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie ist dringend notwendig und wäre sofort umsetzbar. Hier stehen keine EU-rechtlichen Gründe dagegen und die Gemeinschaftsverpflegung zeigt seit September 2023 auf Basis einer Verordnung vor, wie es geht. Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel ist aufgrund des EU-Binnenmarkts auf nationaler Ebene nur für in Österreich produzierte Ware um setzbar. Wir setzen uns daher auf EU-Ebene intensiv dafür ein. Auf nationaler Ebene haben wir bereits ein Projekt für die Umsetzung der Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln und Gesetzesentwürfe für eine kombinierte Haltungs- und Herkunftskennzeichnung erarbeitet, die EU-rechtlich haltbar wäre. Wir werden uns jedenfalls weiter für die Umsetzung der Herkunfts- und Haltungskennzeichnung einsetzen, um den Bäuer:innen bessere Preise und Absatz zu bieten, die Tierhaltungsstandards zu verbessern und Tiertransporte zu reduzieren.
Peter Schmiedlechner von der FPÖ: Die Hochwertigkeit der heimischen Lebensmittel wird durch Preisdumping immer stärker untergraben. Die FPÖ fordert daher seit Jahren eine lückenlose durchgängigen Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln, damit die Konsumenten, die nach höchsten heimischen Standards produzierten Produkte als solche erkennen können. Besonders bei verarbeiteten Produkten wird oft getrickst. Ferner muss es eine bessere Unterstützung für freiwillige Kennzeichnungssysteme, insbesondere auch im BIO-Bereich, geben.
Karin Doppelbauer von den NEOS: Wir begrüßen Maßnahmen, die zur verbesserten Transparenz beitragen, dazu gehört auch eine verständliche Produktkennzeichnung. Insbesondere die öffentliche Hand sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen. Kennzeichnungspflichten müssen Größe und Möglichkeiten von Betrieben jedenfalls realistisch berücksichtigen.
Wie stehen Sie zu Freihandelsabkommen wie Mercosur usw.?
Georg Strasser von der ÖVP: Wir setzen uns dafür ein, dass Freihandelsabkommen nur bei umfassenden Nachhaltigkeitsstandards und dem integrierten Schutz unserer Märkte ernsthaft verfolgt werden. Beim Mercosur-Handelsabkommen, das unseren hohen Standards nicht gerecht wird, haben wir es erfolgreich geschafft, den Verhandlungen einen Riegel vorzuschieben.
Elisabeth Feichtinger von der SPÖ: Vor Kurzem wurden die Verhandlungen des Abkommens EU-Mercosur in Brasilien wiederaufgenommen – ein Abschluss des Abkommens bis Jahresende soll vorbereitet bzw. verhandelt werden. Die SPÖ ist gegen das Abkommen und gegen eine Trennung des handelspolitischen und des politischen Teils.
Olga Voglauer von den Grünen: Wir setzen uns sowohl auf nationaler Ebene als auch im EU-Parlament gegen Mercosur und andere unfaire Freihandelsabkommen mit negativen Auswirkungen für die Umwelt ein. Wir fordern bei importierten Lebensmitteln dieselben Produktionsstandards ein, die wir auch in Europa beachten, und wollen gegebenenfalls Zölle, die unfaire Wettbewerbsnachteile ausgleichen. In Handelsabkommen wollen wir mit sogenannten Spiegelklauseln die hohen europäischen Produktionsstandards auch als Standards für die importierten Waren festlegen.
Peter Schmiedlechner von der FPÖ: Die FPÖ lehnt Mercosur entschieden ab. Ein freiheitlicher Antrag mit der unmissverständlichen Formulierung sich gegen das Mercosur-Abkommen auszusprechen und auf Europäischer Ebene alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen Abschluss des Mercosur-Abkommens zu verhindern.“ wurde von der türkis-grünen Regierungsmehrheit im Nationalrat am 24.02.2021 abgelehnt. Statt einen Abschluss zu verhindern, einigten sich ÖVP und Grüne auf einen eigenen Antrag, mit dem klaren Bekenntnis das Mercosur-Abkommen weiter verhandeln zu wollen: „Die Bundesregierung wird ersucht, sich gegen das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form auszusprechen.“
Karin Doppelbauer von den NEOS: Wir NEOS setzen uns für faire Regeln im freien Handel ein. Angesichts der aktuellen internationalen Entwicklungen ist es unerlässlich, dass Europa Freihandelsabkommen mit demokratischen Staaten abschließt, um einen wertebasierten Handel zu gewährleisten. Auch wenn Populisten wie Trump oder Kickl anderes behaupten, der freie Handel ist ein Garant für weltweiten Wohlstand.
Die Übergangsfrist für das Verbot der unstrukturierten Vollspaltenbucht wird die neue Regierung beschließen. Wie steht Ihre Partei dazu, wann soll die unstrukturierte Vollspaltenbucht verboten sein, bzw. braucht es noch weitere Maßnahmen im Schweinebereich?
Georg Strasser von der ÖVP: Die Blockadehaltung der Grünen hat für viel Unsicherheit gesorgt. Wir haben fachlich fundierte, für die Branche machbare Vorschläge bereits in den Verhandlungen mit Gesundheitsminister Rauch vorgebracht: Für Betriebe, die vor 2013 gebaut haben, sollen unstrukturierte Vollspaltenbuchten bis 2036 erlaubt sein. Für Betriebe, die nach 2013 gebaut haben, soll ein 23-jähriger Investitionsschutz gelten, längstens jedoch bis 2040. Wir brauchen diese Planungssicherheit, um weiterhin die Selbstversorgung mit heimischem Schweinefleisch zu decken. Um die Umstellung zu ermöglichen, haben wir die Investitionskosten-Förderobergrenze von 400.000 auf 500.000 Euro angehoben und weitere 50 Millionen Euro für Investitionen in Tierwohl zur Verfügung gestellt.
Elisabeth Feichtinger von der SPÖ: Die SPÖ setzt sich für ein Verbot von Vollspaltenböden in der Rinder- und Schweinehaltung ein. Auch ein strukturierter Vollspaltenboden ist ein Vollspaltenboden, weshalb die SPÖ die Formulierung des Verbots im Tierschutzgesetz kritisiert. Ein Umbau der Ställe soll durch eine Schwerpunktsetzung im Bereich der Agrarfördermittel innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen.
Olga Voglauer von den Grünen: Wir wollen ein Vollspaltenverbot ab 2030, damit Schweine nicht weiter der erhöhten Verletzungsgefahr etwa für die Gelenke und der durch Vollspaltenbuchten ausgelösten erhöhten Mortalitätsrate ausgesetzt sind. Wichtig ist uns, neue gesetzliche Grundlagen mit Weitblick zu beschließen. Ein neuer Haltungsstandard soll auch in 20-30 Jahren noch den Anforderungen entsprechen. Da geht es auch darum, den Landwirt:innen eine möglichst lange Planungssicherheit zu garantieren. Gleichzeitig wollen wir Förderungen anpassen und den Absatz für das Fleisch aus diesen Tierwohlställen der Zukunft ankurbeln.
Peter Schmiedlechner von der FPÖ: Das Urteil des VfGH, wonach ein Verbot von Vollspaltenbuchten im Jahr 2040 zu spät wäre, ist ein Schlag ins Gesicht der heimischen Schweinbauern. Die Konsequenz dieses Urteils wird ein weiteres Sterben vor allem kleinerer und mittlerer Familienbetriebe sein. Dafür werden die Billigimporte aus Ländern mit viel niedrigeren Standards in der Tierproduktion steigen. Aus freiheitlicher Sicht gilt es in jedem Fall die verfassungskonforme Maximalfrist für einen Umstieg zu nutzen und sicherzustellen, dass Bauern, die im Vertrauen auf den Rechtsbestand investiert haben, nicht durch die Finger schauen.
Karin Doppelbauer von den NEOS: Wir unterstützen die Bestrebung, im Sinne einer artgerechten Tierhaltung, Haltung auf Vollspaltenböden so bald wie möglich zu beenden, dies sollte auch EU-weit angestrebt werden. Allerdings muss auch darauf geachtet werden, dass Landwirtinnen und Landwirte bei Umstellung und Umbau unterstützt werden, sonst führen höhere Tierschutzvorgaben zu weniger und teurerer Produktion, vermehrten Importen aus Drittstaaten und so zu einer Auslagerung von Tierleid statt einer Verbesserung der Zustände. st
Wie stehen Sie der Rückkehr der Wölfe nach Österreich gegenüber? Werden Sie sich für eine Absenkung des strengen Schutzstatus der Wölfe einsetzen?
Georg Strasser von der ÖVP: Wölfe sind längst nicht mehr vom Aussterben bedroht und gefährden Mensch und Tier. Politik ist ein Bohren harter Bretter: Der Einsatz von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig auf EU-Ebene hat dafür gesorgt, dass sich die Europäische Kommission nun diesem Thema widmet. Unser Ziel ist es, eine europäische Lösung und die Absenkung des strengen Schutzstatus im Rahmen der Berner Konvention zu erwirken. Gleichzeitig haben die Bundesländer mit Abschussverordnungen nunmehr eine Handhabe gegen Problemwölfe. Das langfristige Ziel ist die Bejagung von Wölfen zur Regulierung des Bestandes und zum Schutz der Bevölkerung – wo uns jetzt in Brüssel ein nächster Schritt gelungen ist.
Elisabeth Feichtinger von der SPÖ: Beim Thema Wolf ist eine starke Verunsicherung der Bevölkerung durch die politische Agitation zu bemerken, die das Klima vergiftet hat. Es bestehen Herausforderungen und Probleme, deren Lösung aber auf Basis von Fakten herbeigeführt werden sollte. Die SPÖ tritt daher dafür ein, in Abstimmung mit den Bundesländern den Herdenschutz und die Unterstützung bei Schäden durch den Wolf bestmöglich auszugestalten.
Olga Voglauer von den Grünen: Der Abschuss von einzelnen Problemwölfen ist schon jetzt möglich. Das ist auch gut – denn es gibt uns den notwendigen Handlungsspielraum. Die wissenschaftlichen Daten des Monitorings im Rahmen der Flora-Fauna-Habitate-Richtlinie der EU geben bis jetzt keine Grundlage für einen günstigen Erhaltungszustand des Wolfs. Es gibt jedoch großen Nachholbedarf bezüglich des Herdenschutzes in Österreich. Bisher werden die betroffenen Bäuer:innen von der Landwirtschaftspolitik weitgehend allein gelassen. Wir setzen uns für umfassende finanzielle und logistische Unterstützung im Herdenschutz ein, etwa zur Behirtung, zum Einsatz von Herdenschutzhunden, oder zur Zäunung – je nach Standorterfordernissen. EU-Gelder könnten viel stärker als bisher dafür genutzt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden.
Peter Schmiedlechner von der FPÖ: Die FPÖ setzt sich für eine Herabsenkung des Schutzstatus des Wolfes gemäß FFH-Richtlinie ein. Angesichts der starken Zunahme der Wolfspopulation in der EU, brauchen wir endlich ein effektives Wolfsmanagement. Wir wollen unsere traditionelle Almwirtschaft und die im Einzugsgebiet des Wolfes lebenden Menschen zu schützen. Unsere entsprechenden Anträge wurden jedoch im Nationalrat von der ÖVP mehrfach abgelehnt.
Karin Doppelbauer von den NEOS: Der Wolf ist gemäß Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der EU streng geschützt, wodurch ein Abschuss nur in Ausnahmefällen möglich ist. Wir setzen uns jedenfalls für einen evidenzbasierten Umgang mit den großen Beutegreifern ein: Der Wolf ist definitiv kein Kuscheltier.
Welche Chancen sehen Sie in der Erneuerbaren Energiepolitik für die österreichische Landwirtschaft?
Georg Strasser von der ÖVP: Landwirte sind Energiewirte. Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und dem Sonderinvestitionsprogramm Energieautarke Bauernhöfe haben wir dafür die Basis gelegt. Auf europäischer Ebene haben wir es zudem geschafft, dass Holz aus heimischen Wäldern weiterhin als erneuerbarer Energieträger gilt. Das Erneuerbares-Gas-Gesetz, das zahlreichen Landwirten die Chance gegeben hätte, Biogas aus Reststoffen zu produzieren, wurde mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ vorerst abgelehnt. Wir werden es jedoch in der nächsten Legislaturperiode wieder auf die Tagesordnung bringen.
Elisabeth Feichtinger von der SPÖ: Die österreichische Landwirtschaft kann unter der Berücksichtigung der Flächenkonkurrenz und der Ernährungssicherheit einen Beitrag für die Energieversorgung leisten, etwa durch die Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen für die Sonnenstromerzeugung.
Olga Voglauer von den Grünen: Die Produktion Erneuerbarer Energien ist eine Chance für die Landwirtschaft, zusätzliche Einkommensquellen zu generieren. Besonders zu befürworten ist etwa die Mehrfachnutzung vorhandener Ressourcen, wie dies bei Agri-Photovoltaik oder der Erzeugung von Erneuerbarem Gas aus landwirtschaftlichen Reststoffen der Fall ist. Zusätzlich kann die lokale Produktion Erneuerbarer Energie am Bauernhof die Unabhängigkeit von globalen Energiemärkten stärken und damit die Lebensmittelproduktion und Einkommenssituation widerstandsfähiger im Krisenfall machen.
Peter Schmiedlechner von der FPÖ: Die Nutzung erneuerbarer Energieträger ist zu fördern. Der Ausbau der erneuerbaren Energien im landwirtschaftlichen Bereich ist dabei so zu gestalten, dass die heimischen Bauern davon profitieren und nicht nur die großen Energiekonzerne. Einen Investitionszwang für heimische Bauern, insbesondere zum Ausgleich von Emissionen, lehnen wir jedoch ab.
Karin Doppelbauer von den NEOS: Die Erneuerbare Energiepolitik bietet enorme Chancen für die Landwirtschaft. Durch den Ausbau von Agrarphotovoltaik, Windenergie und Bioenergie können Landwirte zusätzliche Einkommensquellen erschließen und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. NEOS unterstützen die Diversifizierung der Energiequellen und die Förderung von Projekten, die sowohl die Umwelt schonen als auch die wirtschaftliche Stabilität der landwirtschaftlichen Betriebe erhöhen.