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topplus Landwirtschaft im Dialog

Pflanzenschutz: Zwischen Reduktion und Versorgungssicherheit

Drohen Landwirte abhängig von Importen zu werden? Praktiker, Wissenschaftler und Industrie diskutierten über den Spagat zwischen Ertragssicherung und dem Wunsch nach weniger Pflanzenschutzmitteln.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Frage, wie viel Pflanzenschutz künftig notwendig und vertretbar ist, bewegte am Dienstagabend Landwirte, Wissenschaftler und Branchenvertreter an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Eingeladen hatten top agrar Österreich und BASF – und das Interesse war groß: Im Hörsaal und per Livestream wurde mitdiskutiert.

(Quelle: topagrar.com)

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, erklärte bei der Eröffnung der Veranstaltung, dass "Pflanzenschutz die Voraussetzung einer effizienten und nachhaltigen Pflanzenproduktion"  ist. Die Zahl der verfügbaren Wirkstoffe sei dramatisch gesunken. Waren es 1993 in der EU noch 703 Wirkstoffe, standen 2019 nur mehr 293 Wirkstoffe zur Verfügung. "2030 werden es 150 Wirkstoffe sein, dass sind 80 % weniger als 1993", sagt Totschnig. Dies habe dramatische Folgen: Weniger Einkommen für die Bauernfamilien, höhere Abhängigkeit von Importen und "das kann nicht unser Ziel sein", meint Totschnig. 

Zwischen Ertragssicherung und Reduktion

Im Mittelpunkt der Diskussion stand der Spagat zwischen Versorgungssicherheit und dem gesellschaftlichen Wunsch nach weniger Pflanzenschutzmitteln. "Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, die sowohl die Versorgungssicherheit als auch den Umwelt- und Gesundheitsschutz gewährleisten", erklärte Johannes Fankhauser vom Landwirtschaftsministerium. Dazu dürfe nicht emotional, sondern faktenbasiert diskutiert werden.

Wissenschaft und Praxis im Dialog

Siegrid Steinkellner, Departementleiterin Agrarwissenschaften an der BOKU Wien betonte, wie wichtig Innovation und Forschung für die Entwicklung alternativer Methoden sind. Gleichzeitig warnte sie vor Zielkonflikten: "Der integrierte Pflanzenschutz muss ökonomische, ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigen.“ Ebenfalls aus der Forschung war Markus Gansberger von der Innovation Farm Wieselburg am Podium. "Digitale Tools ermöglichen präziseren Einsatz und helfen, den Verbrauch von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu senken, hier wird von uns viel geforscht", sagt Gansberger.

Pflanzenschutz braucht Innovation

Markus Röser (BASF) forderte eine faktenbasierte Bewertung statt pauschaler Verbote. „Neue Technologien und Präzision in der Anwendung sind der Schlüssel, um den Einsatz zu reduzieren und gleichzeitig Erträge zu sichern“, meint Röser. Egal ob biologischer oder konventioneller Pflanzenschutz es brauche mehr Innovationen. "Es muss nun auch gelingen, die Produkte zügig in den Markt zu bringen", meint Röser. Denn derzeit würden kaum neue Mittel in der EU zugelassen.

"Pflanzenschutz muss ganzheitlich gesehen werden, wir streben integrierten Pflanzenschutz an", sagt Helmut Burtscher-Schaden von Global 2000. Es müsse auch über Anbaumaßnahmen und resistente Sorten gesprochen werden. Landwirt hätten in der Vergangenheit mehr bekommen für ihre Produkte und das ist immer weniger geworden. "Damit ist die Wertschätzung verloren gegangen, die Ertragssteigerungen sind durch die Chemie möglich geworden", meint Burtscher-Schaden. Er sieht die Landwirtschaft in der Falle von chemischen Mitteln, die strenge Gesetzgebung lässt nicht mehr viele Mittel zu.

Landwirte zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Die Landwirte im Podium machten deutlich, wie groß der Druck im Alltag ist. Viktoria Hutter aus dem Waldviertel brachte es auf den Punkt: "Wir brauchen Lösungen, die im Alltag funktionieren und wirtschaftlich tragbar sind.“ Maximilian Wohlfarth hat für seinen Betrieb die Lösung mit Direktsaat und punktgenauen Nährstoffmanagement gefunden. Doch in letzter Instanz nutzt er auch den chemischen Pflanzenschutz, um Erträge zu sichern.

Manfred Weinhappel, Pflanzenbaudirektor der LK Niederösterreich, effiziente Mittel müssen wir zur Verfügung haben. "In der öffentlichen Diskussion wird oft diskutiert, wie wenn man den integrierten Pflanzenschutz erfinden müsste, der ist seit Jahrzehnten in der Praxis angekommen, mit permanenter Entwicklung", sagt Weinhappel. Es gebe Punkte, wo wir anstehen, wie beim Raps, wo zwei Drittel der Flächen verloren gegangen sind.

"Wenn wir die Mittel zu sehr reduzieren, riskieren wir massive Ertragseinbußen und Abhängigkeit von Importen", sagt Martin Michael Lorenz von der Industriegruppe Pflanzenschutz. Er sieht auch die politischen Rahmenbedingungen als Problem, weil eine Gefahrenbewertung statt einer Risikobewertung bei neuen Wirkstoffen gemacht wird. "Würde eine Gefahren basierte Bewertung bei den Produkten im Kühlschrank gemacht, wäre dieser leer", meint Lorenz.

Herausforderungen und Ausblick

Einigkeit herrschte darüber, dass die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln nicht zum Nulltarif zu haben ist. Insbesondere für Sonderkulturen und bei neuen Schaderregern stoßen Landwirte oft an Grenzen. Gleichzeitig könnten Digitalisierung und Innovation – etwa durch KI-gestützte Schadbilderkennung – künftig helfen, den Einsatz weiter zu optimieren.

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