Bauernbund-Präsident Georg Strasser sieht viele seiner Forderungen im neuen Regierungsprogramm erfüllt. „Das ist die Voraussetzung dafür, dass auch in den kommenden Jahren Betriebe gut geführt werden und sich junge Menschen für Berufe in der Land- und Forstwirtschaft begeistern können. Die Volkspartei mit Bundeskanzler Dr. Christian Stocker wird sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen. Das Programm ist das Ergebnis konstruktiver und lösungsorientierter Gespräche und bringt dringend notwendige Stabilität und Planbarkeit für Österreichs Bauernfamilien und den ländlichen Raum“, erklärt Strasser gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig.
Bekenntnis zur GAP bleibt
Österreich bekennt sich weiterhin zur Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und setzt sich für deren Fortbestand ein. „Wichtig ist für uns, dass eine Weiterentwicklung der GAP stets als Evolution, nicht als Revolution erfolgen muss. Die GAP mit einem Zwei-Säulen-Modell und der Beibehaltung der Direktzahlungen zur Stärkung der Lebensmittelproduktion ist die Basis der Lebensmittelversorgung in Europa. Die Regierung setzt sich auf europäischer Ebene für Planungssicherheit für unsere bäuerlichen Familienbetriebe, die Sicherstellung der GAP-Mittel und eine ökosoziale Agrarpolitik ein“, betont Strasser. Sowohl im Bereich des Pflanzenschutzes, als auch in der Tierhaltung stehen die Themen der Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit im Fokus.
Keine Spur von Nein zu Mercosur
Kritik am Regierungsprogramm kommt von den Grünen: „211 Seiten Regierungsprogramm, etwa fünf davon zur Landwirtschaft mit sehr starkem Fokus auf die EU, aber kein einziges Mal wird Mercosur erwähnt“, stellt die Sprecherin für Land- und Forstwirtschaft der Grünen Olga Voglauer nach einer ersten Analyse des heute präsentierten Programms von ÖVP, SPÖ und Neos fest.
„Ich hätte mir schon eine klare Haltung der kommenden Bundesregierung gegenüber dem Freihandelsabkommen erwartet, aber es findet sich keine Spur von einem Nein zu Mercosur im Regierungsprogramm, obwohl dieses Abkommen weitreichende Auswirkungen auf die europäische und gerade auch auf unsere heimische Landwirtschaft, auf die kleinteiligen Familienbetriebe haben wird“, so Voglauer.
Bei Durchsicht des Programms lassen sich viele schöne Worte und doch wenig Konkretes finden: „Wenn die künftige Bundesregierung festhält, dass Handel ‚unter fairen Regeln stattfinden‘ muss – ja eh. Dass Qualitäts- und Produktstandards der Union bei Handelsabkommen Voraussetzung für eine Agrarmarktöffnung sein müssen, muss ebenso unbestritten klar sein, wie dass Handelsabkommen mit internationalen Partnern soziale und ökologische Standards einzuhalten haben. Mit solchen No-na-ned-Sätzen lässt man die Bäuerinnen und Bauern sowie die Konsumentinnen und Konsumenten gleichermaßen im Ungewissen. Mercosur öffnet Billigfleisch und Pestizid-verseuchten Pflanzen Tür und Tor nach Europa, damit die Autoindustrie zollfrei nach Südamerika exportieren kann. Das ist weit weg von fairen Regeln“, resümiert Voglauer.
Sie erwarte sich von der kommenden Bundesregierung mehr Engagement für die Landwirte als diese ambitionslosen Stehsätze im gemeinsamen Programm. Sie hätten sich jedenfalls mehr verdient als eine umgefallene SPÖ und einen derartigen Kniefall des Bauernbunds gegenüber dem Wirtschaftsbund und den Neos.
Die Umweltschutzorganisation WWF sieht Licht und Schatten im heute präsentierten Regierungsprogramm der Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos. "Das Arbeitsprogramm enthält einige positive Ansätze, aber auch viele Schwächen, Lücken und Widersprüche. Insgesamt wird es der Dringlichkeit der Klima- und Biodiversitätskrise nicht gerecht. Das geht deutlich besser, konkreter und verbindlicher”, analysiert WWF-Programmleiterin Hanna Simons im Zuge einer ersten Bewertung. Kritisch sei zudem das parteipolitisch motivierte Spalten des bewährten Klimaschutzministeriums in drei Ressorts. “Die neue Konstellation hilft potenziell jenen Kräften, die umweltpolitische Fortschritte schwächen oder abdrehen wollen”, befürchtet Hanna Simons.
Luft nach oben
Es gibt definitiv noch Luft nach oben, heißt es von Vier Pfoten. Wenngleich auch einige begrüßenswerte Vorhaben erwähnt werden, gibt es doch zahlreiche Kritikpunkte und offene Fragen. Am dringlichsten ist auf jeden Fall eine Entscheidung über die Vollspaltenböden. Das Abkommen hält lediglich fest, dass gemäß den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs eine neue Frist für ein Verbot spätestens Ende Mai 2025 beschlossen werden muss. Vier Pfoten fordert ein echtes Verbot von Vollspaltenböden; das würde aber bedeuten, dass Schweine künftig auf Stroh und nicht auf Beton - mit oder ohne Spalten - stehen müssen.
Die Umweltschutzorganisation Global 2000 bewertet das Regierungsprogramm als durchwachsen. „Wir brauchen eine Bundesregierung, die mutige Schritte beim Klima- und Umweltschutz setzt und die Energiewende vorantreibt. Im Regierungsprogramm sind einige sinnvolle Ansätze enthalten, aber auch Schwachstellen. Positiv ist, dass ein Klimaschutzgesetz erlassen werden soll und sich die Regierung zur Klimaneutralität 2040 bekennt. Damit dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden kann, braucht es sowohl in Österreich, als auch auf EU-Ebene vor allem konsistente Politik. Teure und unzeitgemäße Straßenbauprojekte sind eine große Schwachstelle. Hier zeigt sich noch zu viel altes Denken, das wir dringend überwinden müssen,“ so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher bei Global 2000.