Gedenken Haushamer Würfelspiel

Was das "Blutgericht" mit den Herausforderungen der Landwirtschaft zu tun hat

Ein Veranstaltung in Pfaffing (OÖ) erinnerte an das Blutgericht vor 400 Jahren und thematisierte die Herausforderungen der heutigen Landwirtschaft.

Lesezeit: 7 Minuten

Zwischen 200 und 300 Bäuerinnen und Bauern gedachten am Donnerstag abend in Pfaffing (OÖ) am Haushamer Denkmal dem sogenannten Blutgericht am Haushamerfeld vor 400 Jahren.

Damals hatte hier der Graf Herberstorff 36 Bauern um ihr Leben würfeln lassen, 17 von ihnen wurden gehängt. "Dem wollen wir heute gedenken. Wir wollen aber auch aufzeigen, dass es uns Bauern auch in der heutigen Zeit sehr schwierig ist", erklärte Moderatorin Petra Oberauer von der Agrargemeinschaft Österreich (AGÖ). Unser Leben ist geprägt von Schnittzeitpunkten, Gülle ausbringen, Verbotszeiträumen, Zwangsmitgliedschaften. Alle diese freiwilligen Zwänge machen uns das Leben schwierig. Das wollen wir heute aufzeigen."

Als Redner hatte die AGÖ Michael Neudorfer, Obmann des Vereins „Würfelspielgemeinde Frankenburg“, Peter Schmidlechner, FPÖ-Agrarsprecher im Natonalrat, Klaus Wimmesberger, Unabhängiger Bauernverband (UBV) und Leo Steinbichler, Obmann Verein "Echt Ehrlich", geladen.

Ländliches Leben geht zunehmend verloren

Zunächst betonte Hans Konrad, der Initiator der Veranstaltung, die historische Bedeutung des Blutgerichts von Pfaffing vor 400 Jahren und die Herausforderungen, denen sich die heutige Landwirtschaft gegenübersieht. Er ging auf die täglichen Belastungen der Landwirte durch Restriktionen, Verbote und den gesellschaftlichen Druck ein. Konrad kritisierte die Auswirkungen des EU-Beitritts und den zunehmenden Verlust des ländlichen Lebens.

Er forderte mehr Anerkennung für die kulturelle Bedeutung der Landwirtschaft und den Beitrag der Bauern zur Gesellschaft. Konrad hob aber auch die Bedeutung von Zusammenhalt und Solidarität unter den Landwirten hervor, speziell für die jüngeren Generationen, die ermutigt werden sollen, in der Landwirtschaft tätig zu bleiben, trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und bürokratischer Hürden.

Anschließend brachte Michael Neudorfer vom Verein „Würfelspielgemeinde Frankenburg“ den Anwesenden mit einem historischen Rückblick die politischen und sozialen Umstände näher, die zum Blutgericht von Pfaffing führten. Er erklärte, dass Oberösterreich zur damaligen Zeit an Bayern verpfändet war und unter der Herrschaft des katholischen Herzogs Maximilian stand. Die Bauern, vorwiegend evangelisch, litten unter der Zwangskatholisierung und der brutalen Unterdrückung durch die bayerische Obrigkeit. Neuderfer führte aus, dass das Würfelspiel – bei dem das Schicksal der Bauern durch einen Würfelwurf entschieden wurde – ein Symbol für die Ungerechtigkeiten und die Willkürherrschaft war, die die Menschen damals erdulden mussten.

Mahnmahl gegen Missachtung der Menschenrechte

Er hob hervor, dass die Bauern trotz der materiellen Not ihren Glauben nicht aufgeben wollten, welcher ihnen in schwierigen Zeiten Halt gab. Diese religiöse Unterdrückung und Missachtung der Rechte der Bauern führte zu einem tief verwurzelten Widerstandsgeist, der letztendlich im Blutgericht seinen grausamen Höhepunkt fand. Die gewaltsame Unterdrückung endete mit dem Tod von siebzehn Bauern, die als Mahnmal gegen die Missachtung grundlegender Menschenrechte gelten.

Neudorfer meinte: "Erinnerungsveranstaltungen wie das Würfelspiel sind notwendig, um die Bedeutung der errungenen demokratischen Freiheiten zu unterstreichen. Diese Veranstaltungen dienen nicht nur als historischer Rückblick, sondern auch als Mahnung für die Gegenwart und die Zukunft." Er betonte, dass die Würfelspielgemeinde es als ihre Aufgabe ansieht, diese Erinnerungskultur zu pflegen, um zu verhindern, dass solche Ungerechtigkeiten erneut geschehen.

Abschließend appellierte Neudorfer daran, dass Rechte und Freiheiten ständig verteidigt werden müssen und dass die Geschichte wichtige Lehren für die Gestaltung einer besseren Zukunft bietet. Die Vermittlung dieser historischen Ereignisse an die nächste Generation sieht er als entscheidenden Beitrag, damit die Menschen ihre Rechte schätzen und verteidigen. Sein Vortrag verwob Geschichte mit gegenwärtiger Verantwortung und ermutigte zur Wachsamkeit gegenüber aktuellen Bedrohungen von Grundrechten und Freiheiten.

FPÖ-Agrarsprecher Peter Schmidlechner setzte sich mit der aktuellen Agrarpolitik auseinander und kritisierte die mangelnde Fachkenntnis der Politik. Er schilderte die Herausforderungen, denen Landwirte heute gegenüberstehen, durch Vorschriften und politische Entscheidungen, die oft von den realen Bedingungen der Landwirtschaft entfremdet sind.

Schmidlechner forderte die Bauern auf, ihre gemeinsame Kraft zu bündeln und für ihre Interessen in politischen Gremien einzustehen. Er betonte die Wichtigkeit, dass Landwirte wieder mehr Verantwortung für ihr Tun übernehmen, ohne durch unnötige Regularien eingeschränkt zu werden. Er lobte die Rolle der Landwirte in der Erhaltung der Kulturlandschaft und ermutigte sie, sich gegen ungerechte politische Maßnahmen zur Wehr zu setzen.

Überbordende Bürokratie

Klaus Wimmesberger vom UBV sprach über die Situation der Bauern in Österreich und die Dringlichkeit, ihre Anliegen selbst in die Hand zu nehmen. Er betonte, dass die politischen Parteien nicht in der Lage seien, den Landwirten zu helfen, und es daher entscheidend sei, dass die Standesvertretung der Bauern stark und einig ist, um ihre Interessen wirkungsvoll zu vertreten.

Er reflektierte über die historische Bedeutung des Bauernstandes und verwies auf den symbolischen Kampf um die Rechte der Bauern, wie beispielsweise durch Hans Kudlich, der für die Abschaffung der Leibeigenschaft kämpfte. Weitere kritisierte Wimmesberger die überbordende Bürokratie. Und er hob hervor, dass praxisnahe Rahmenbedingungen und Respekt für die Bauern lebenswichtig sind, um die alten Formen nachhaltiger Landwirtschaft zu bewahren. Er forderte eine bessere Ausbildungsunterstützung und weniger bürokratische Hürden, die derzeit die Arbeit der Landwirte belasten. Wimmesberger schloss mit einem Appell an die Bauern, sich nicht entmutigen zu lassen und für ihre Rechte zu kämpfen, um eine nachhaltige Zukunft für die Landwirtschaft und kommende Generationen zu sichern.

Leo Steinbichler kritisierte die Umstrukturierungen und politischen Entscheidungen, die die "kleinere Landwirtschaft" benachteiligt haben, sowie die mangelnde Anpassung an Inflation und Marktanforderungen. Er forderte eine Stärkung der Partnerschaft zwischen Landwirten und Konsumenten, um gegen die dominanten Handelskonzerne und ineffiziente Agrarpolitik vorzugehen.

Er betonte die Rolle der Landwirtschaft in der Erhaltung von Kulturlandschaften und warnte vor der "Verbetonierung" von wertvollen Nutzflächen auf Kosten der landwirtschaftlichen Böden. Steinbichler appellierte an die landwirtschaftliche Gemeinschaft, ihre Interessen zu stärken, um eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft zu gewährleisten.

"Freudentag für die Landwirtschaft"

Schließlich drückte Steinbichler noch seine Zuversicht und Freude über Fortschritte bei der Lebensmittelherkunftskennzeichnung aus. "Weder die Regierung noch die Gastronomie und Lebensmittelindustrie haben bisher diesbezüglich gehandelt, aber das Möbelhaus XXXLutz hat es geschafft", jubelte Steinbichler. "Ab heute wird beim Lutz gekennzeichnet, das sehe ich als großen Erfolg an. Die Speisekarte rahme ich mir ein". Der Obmann von "Echt Ehrlich" hofft, dass österreichische Agrarprodukte nicht durch internationale Freihandelsabkommen gefährdet werden und dass ihre Qualität durch angemessene Preise anerkannt wird. Er ist überzeugt, dass die Landwirtschaft eine Zukunft hat und freut sich, daran mitzuwirken.

Abschließend sprach Martina Mittermaier von der AGÖ über die Erfolge und Herausforderungen der Landwirte im Laufe der letzten Jahrzehnte. Sie hob hervor, dass Meinungsfreiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeiten sind und erinnerte an die historische Ungerechtigkeit, die Landwirte ertragen mussten. Mittermaier betonte die Errungenschaften der modernen Landwirtschaft, wie technischen Fortschritt und Betriebsvielfalt, und ermutigte Landwirte, die positiven Aspekte zu betonen und sich bewusst für ihre Interessen einzusetzen.

Sie thematisierte den Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe und die damit verbundenen Schwierigkeiten in der politischen Repräsentation. Und sie hob die Bedeutung starker landwirtschaftlicher Organisationen hervor, die sich für die Rechte und Interessen der Bauern in Österreich einsetzten, um eine lebensfähige Zukunft für die Landwirtschaft zu gestalten.

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