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topplus Serie Gülleseparation

Güllefeststoffe als Einstreu: Liegen wie im Himmelbett

Viele Betriebe mit Gülleseparator nutzen die Feststoffe zum Einstreuen der Liegeboxen. Die Kühe nehmen das Material sehr gut an, es kann aber auch Hygiene-Probleme mit sich bringen.

Lesezeit: 7 Minuten

Locker und flaumig, nach Erde riechend – das sind Feststoffe aus der Gülleseparation, die viele zum Einstreuen der Liegeboxen nutzen. In den USA und Kanada wird das Material als „bio bedding“ oder „green bedding“ bezeichnet. Die Kühe nehmen Güllefeststoffe als Einstreumaterial sehr gut an. Es bildet eine weiche, verformbare, kompakte Matratze und ist sehr saugfähig. Beste Voraussetzungen für einen hohen Liegekomfort.

Studien bestätigen, dass die mit ­Güllefeststoffen eingestreuten Tiefboxen hinsichtlich Liegedauer und dem Auftreten von Gelenkschäden und Lahmheiten anderen organischen Matratzen in Tiefboxen (z. B. Stroh-Mist) ebenbürtig sind; im Vergleich zu Hochboxen mit Gummimatten oder Kuhmatratzen schneiden sie deutlich besser ab.

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Mindestens 30 % TM-Gehalt

Allerdings kann das Material auch Probleme bereiten. Entscheidend ist, dass die Feststoffe trocken genug separiert wurden.

Der Trockenmassegehalt sollte 30 bis 35 % betragen! Das wirkt sich positiv auf die Lagerfähigkeit und den Tierkomfort aus und reduziert das Bakterienwachstum und die Tierverschmutzung. Allerdings bringt solch ein hoher TM-Gehalt viele Separatoren an die Grenze ihrer Pressleistung.

Bei zu niedrigem Trockensubstanzgehalt (< 30 %) steigt zwar die Leistung bzw. sinkt der Verschleiß des Separators, aber gleichzeitig steigt die Tierverschmutzung und die Lagerfähigkeit des Materials nimmt ab. Außerdem ist zu feuchtes Material ein Nährboden für unerwünschtes Bakterienwachstum.

Bei zu hohem Trockenmassegehalt (> 35 %) kommt es zu vermehrter Staubbildung im Stall und es bildet sich keine kompakte Matratze.

Der Trockenmassegehalt sollte regelmäßig bestimmt werden, um die korrekte Funktion des Separators zu kontrollieren und die Einstellungen gegebenenfalls anzupassen (siehe Kasten S. 43). Durch hohe Luftwechselraten im Stall trocknen die Güllefeststoffe nach dem Einstreuen rasch auf über 60 % TM-Gehalt nach, was Tierverschmutzung und Keimwachstum reduziert.

So bestimmen Sie die Trockenmasse (siehe Bildergalerie)



Der Trockenmassegehalt der Güllefeststoffe kann mittels Faustprobe schnell abgeschätzt werden. Dazu nimmt man eine Handvoll des frisch separierten Güllefeststoffes und presst diesen in der geschlossenen Faust fest zusammen. Dabei sollte die Hand nur feucht werden und die Feststoffe danach wieder flockig auseinanderfallen. Drückt man ­jedoch Wasser aus der geschlossenen Faust, die Handfläche wird nass und das Ma­terial bildet einen Klumpen, liegt der ­Trockenmassegehalt unter 30 %.



Genauer lässt sich der TM-Gehalt über die Trocknung bestimmen. Hierbei wird eine bestimmte Menge Güllefeststoff (z. B. 300 g) einge­wogen, mit technischen Hilfsmitteln wie Dörrapparat, Heißluftfritteuse oder Mikrowelle ­getrocknet und danach zurückgewogen (z. B. 100 g). Durch Division des Rückwaage­gewichtes durch das Einwaagegewicht kann der Trockenmassegehalt berechnet werden.



Berechnungsbeispiel: (Rückwaage 100 g/Einwaage 300 g) x 100 = 33 % Trockenmasse

Hygiene-Probleme durch die Einstreu

Die hygienischen Auswirkungen von Güllefeststoffen als Einstreu wurden bereits in mehreren Studien untersucht. Insbesondere der Ausgangs­gehalt an Fäkalkeimen war in Güllefeststoffen höher als in anderen Einstreumaterialien. Nach nur wenigen Tagen in den Liegeboxen stellte sich der Keimgehalt unabhängig vom Einstreumaterial auf einem etwas höheren sowie mit allen Einstreumaterialien vergleichbaren Niveau ein.

In keiner der Arbeiten konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Verwendung von Güllefeststoffen als Einstreu und der Eutergesundheit und der Milchqualität (Zellzahl) festgestellt werden. Allerdings wird auf ein Restrisiko hinsichtlich Euterhygiene hingewiesen. Nur in Einzelfällen war davon auch die Rohmilchqualität betroffen. Deshalb ist eine ordent­liche Liegeboxenpflege sowie Euter- und Melkhygiene, besonders die Zitzenreinigung, sehr wichtig.

Pur oder im Gemisch?

Bei ausreichendem Trockenmasse­gehalt bzw. sachgemäßer Lagerung kann man die Güllefeststoffe ohne zusätzliche Beigaben einstreuen. Die Mischung mit Kalk oder Urgesteinsmehl hebt in erster Linie den Trockenmassegehalt der Einstreu. Studien zeigen aber, dass die hygienisierende Wirkung von Kalk nach zwei Tagen in der Liegebox bereits nicht mehr nachzuweisen ist.

Von der Mischung von Güllefeststoffen mit Stroh oder Sägemehl wird abgeraten, weil diese organischen Einstreumaterialien selbst sehr hohe Gehalte an Umwelterregern (z. B. Klebsiella spp.) aufweisen können. Will man es dennoch mischen, müssen Stroh und Sägespäne hygienisch einwandfrei und trocken sein.

Richtig lagern

Betriebe mit eigenem Separator separieren je nach betrieblichem Einstreuintervall und streuen die Feststoffe in der Regel direkt nach dem Separieren ein. Kommt ein überbetrieblicher Separator zum Einsatz wird meist auf Vorrat separiert. Die Lagerung der Güllefeststoffe muss auf einer befestigten Bodenplatte erfolgen, dann sollte man das Material verdichten und unter Luftabschluss silieren.

Alternativ können die Feststoffe auch kompostiert werden. Dabei muss der Haufen durch Umsetzen belüftet und entweder unter Dach gelagert oder mit einem Kompostvlies abgedeckt werden.

Sowohl wissenschaftliche Studien als auch Praxiserfahrungen zeigen, dass das Liegeboxenmanagement einen viel größeren Einfluss auf Liegekomfort und Hygiene hat als die Wahl des Einstreumaterials. Ein großer Vorteil der Güllefeststoffe ist, dass sie sehr einfach maschinell, z. B. mittels einer Einstreuschaufel, eingestreut werden können. Es kommt zu einer merklichen Arbeitsentlastung und Zeitersparnis.

Dünne Schichten auftragen

Damit das Material in den Liegeboxen ausreichend nachtrocknen kann, sollten 5 bis 10 cm dünne Schichten in Einstreuintervallen von 7 bis 14 Tagen eingestreut werden. Das betriebsindividuell optimale Einstreuintervall muss sich nach der Höhe der Matratze und der Verschmutzung der Tiere richten.

Damit sich in einer Tiefbox eine kompakte Matratze bildet, sollte diese mindestens 20 cm tief sein. Sie kann entweder rein aus Güllefeststoffen oder auch mit einem Unterbau aus Stroh-Mist-Matratze aufgebaut werden. Bei der Liegeboxenpflege müssen zweimal täglich konsequent verschmutzte Stellen entfernt und bei Bedarf die Liege­fläche eingeebnet werden.

Nur eigene Gülle verwenden

Aus Gründen der Bio-Sicherheit, d. h. dem Schutz vor Verschleppung von Krankheitserregern zwischen Betrieben, dürfen nur Güllefeststoffe aus dem eigenen Betrieb eingestreut werden.

Bei Gülleseparatoren im überbetrieblichen Einsatz muss ein entsprechendes Hygienekonzept erstellt und schriftlich dokumentiert werden. Dadurch wird das Risiko einer Krankheitsübertragung zwischen Betrieben minimiert. Der überbetrieblich eingesetzte Separator muss stets gründlich gereinigt werden und die ersten Kubikmeter separierte Feststoffe dürfen nicht als Einstreu verwendet werden.

Dann lieber nicht

Zellzahlmilch, Hemmstoffmilch und Nachgeburten dürfen generell nicht in die Gülle gelangen! Unter diesen Voraussetzungen sollten Sie auf das Einstreuen von Feststoffen verzichten:

In Zellzahl-Problembetrieben:  Betriebe, die mit Eutergesundheitsproblemen, hoher Zellzahl und mangelnder Milchqualität kämpfen, sollten aufgrund des höheren Keimdrucks im Ausgangsmaterial nicht mit Güllefeststoffen einstreuen.

Auf freien Liegeflächen:  In Abkalbebucht, Krankenbucht, Kälberbereich oder anderen freien Liegeflächen sollte wegen des höheren Infektionsrisikos auf den Einsatz von Güllefeststoffen als Einstreu verzichtet werden.

Kein Substrataustausch zwischen Betrieben:  Auf keinen Fall dürfen Güllefeststoffe zu Einstreuzwecken von Betrieb zu Betrieb transportiert oder zwischen Betrieben ausgetauscht werden.

Kein Einsatz auf Heumilch-Betrieben:  Die Verwendung von Güllefeststoffen als Einstreumaterial ist für Betriebe, die Milch für die Hartkäse­erzeugung produzieren, nicht zulässig und aufgrund des bestehenden Rest­risikos auch nicht sinnvoll. Mittlerweile hat die ARGE Heumilch die Verwendung von Güllefeststoffen als Einstreu für ihre Mitglieder untersagt.

Weitere Inforamtionen finden Sie in der ÖAG Broschüre Gülleseparation 2021.

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REPORTAGE

Große Zeit- und Arbeitsersparnis

Seit mehr als vier Jahren nutzt die Perschlingtal Milch Güllefeststoffe zum Einstreuen der Liegeboxen. Das Material hat sich bewährt: Der Tierkomfort wurde erhöht, die Eutergesundheit blieb stabil.

Bereits im Jahr 2017 investierte die Perschlingtal Milch GesnbR, ein Kooperationsbetrieb von drei Land­wirten mit 350 Milchkühen, in einen Gülleseparator. Der 5,5 kW Pressschneckenseparator der Firma Stallkamp kostete inkl. Pumpentechnik und Häcksler damals 35.000 € inkl. MwSt. Seither wird die komplette Gülle der Milchkühe, ca. 11.000 m³, separiert.

„Alle sieben bis zehn Tage läuft der ­Separator drei Tage durch“, berichtet Gesellschafter und Landwirt Leopold Fischer. Die Gülle wird direkt aus den vier unterirdischen Güllekellern separiert, die Dünngülle fließt in einen der Keller zurück. „Die Feststoffe werden mit einem Einstreugerät sofort in die Liegeboxen eingestreut, nach vorne hin ansteigend.“

Die Mechanisierbarkeit des Einstreuens und die einfache Liegeboxenpflege sind für den Betriebsleiter entscheidende Vorteile der Separation. „Die Kühe sind sehr sauber, die Euterge­sundheit ist gut“, so Fischer. Seit 2017 schwankt die Zellzahl laut LKV zwischen 120.000 und 160.000 Zellen/ml. Das ließe sich aber nur mit einem aus­reichend hohen Trockenmassegehalt des Substrats erreichen. „Wir achten be­sonders auf einen TM-Gehalt von über 30 %. Allerdings steigt damit der Verschleiß. Wir zahlen zwischen 4.000 und 11.000 € Reparaturkosten pro Jahr. Die Stromkosten belaufen sich auf jährlich ca. 3.700 €“, so Fischer.

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