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Mit Schlauchlüftungen mehr Frischluft in den Rinderstall

Schlauchlüftungen, so genannte „Tubes“, sind in Rinderställen auf dem Vormarsch. Sie bringen Frischluft in niedrige Altgebäude und Kälberställe und werden inzwischen auch in offenen Neubauten zur Kühlung installiert. Damit sie aber ihre volle Wirkung bringen können, gibt es einiges zu beachten.

Lesezeit: 9 Minuten

Unsere Autorin: Monika Gstöttinger, Beraterin für ­Rinderhaltung, LK OÖ

Aktuell leiden viele Rinder unter den sommerlichen, heißen Temperaturen. Das gilt nicht nur für Altgebäude, sondern auch bei Neubauten. Abhilfe kann hier eine Schlauch­belüftung schaffen. Deren Funktions­prinzip: Ein Ventilator fördert Frischluft von außen in einen Kunststoffschlauch; aus den Löchern des Schlauches bläst die Frischluft in den Stall.

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Zwei Einsatzmöglichkeiten der Schlauch­belüftung

Die „Tubes“ sind vielseitig einsetzbar. Prinzipiell werden zwei Einsatzgebiete unterschieden: Lüftung und Kühlung. Abhängig davon werden verschiedene Luftgeschwindigkeiten benötigt.

Die Schlauchlüftungen können Frischluft in Ställe bringen, die ansonsten lüftungstechnisch schwierig sind, z. B. in niedrigen Altgebäuden, in denen Ventilatoren aufgrund der geforderten Montagehöhe und ihrer Größe oft scheitern. Durch die Montage eines Tubes kann der Luftwechsel – zumindest im Winter und in der Übergangszeit – um ein Vielfaches verbessert werden.

Auch in geschlossenen Kälberstallen ist es eine große Herausforderung, ­einen 4-maligen Luftwechsel in der Stunde zu erreichen, ohne dass Zugluft entsteht. Für diesen Einsatzzweck sind die Tubes hervorragend geeignet. Durch den kontrollierten Eintrag der Frischluft wird die Konzentration an Schadgasen sowie die Keimbelastung deutlich verringert.

Werden die Tubes zur Lüftung eingesetzt, muss die Luftgeschwindigkeit relativ niedrig sein, um Zugluft zu vermeiden. Hier gilt: Maximal 0,2 m/s Luftgeschwindigkeit, im Kälberstall gemessen in 1,20 m Höhe.

Zudem darf die Temperaturdifferenz zwischen der Stallinnentemperatur und der Außentemperatur maximal 2 °C betragen! Hat es im Winter beispielweise -2 °C draußen und +5 °C im Kälberstall, würde der Tube unablässig Kaltluft auf die Kälber blasen, die Kälber würden krank. Eine gute Steuerung muss bei solchen Verhältnissen die Schlauchlüftung ausschalten! Alternativ kann die Frischluft auch vor dem Einblasen in den Stall erwärmt werden.

Tubes kühlen im Sommer

Während im Winter ein 4 bis 6-facher Luftwechsel pro Stunde im Stall ausreicht, braucht es bei wärmeren Temperaturen über 25 °C einen 60 bis 100-fachen Luftwechsel im Stall! Damit es bei Hitze zu einem Kühlungseffekt kommt, müssen die Tubes eine Luftgeschwindigkeit im Sommer von 2,5 bis 3 m/s erreichen! Dafür benötigt man Tubes mit einem größeren Durchmesser. Im Altgebäude stößt man hier allerdings auf Grenzen bei der Montagehöhe.

Eine Kühlung mit Tubes ist daher meist nur Neubauten mit hohen Traufenhöhen vorbehalten. Die großen Schläuche sind allerdings optisch sehr präsent und können den Gesamteindruck des Stalls verändern. Zudem gilt es, mögliche „Störfaktoren“ auf den Tube auszuschließen, z. B. müssen bei stark windigen Verhältnissen die Curtains geschlossen werden.

Eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für die Funktionssicherheit des Tubes ist, dass aus allen Löchern die Luft mit derselben Geschwindigkeit austritt. Dies funktioniert allerdings nur bei einer gewissen Drehzahl des Ventilators. Wird die Drehzahl des Ventilators und damit die Drucksumme im Schlauch verändert, wird die Luft im Schlauch nicht mehr gleichmäßig verteilt. In der Regel kann die Luftmenge schon rein physikalisch nicht an die Bedürfnisse der Tiere angepasst werden.

Der Schlauch kann nicht gleichzeitig für eine Sommer- und Winterluftwechselrate verwendet werden! Auch manuelle Steuerungen machen daher wenig Sinn. Bei den gängigen Anbietern erfolgt diese vollautomatisch klimageregelt (siehe Übersicht).

Selbstbau oder Fertiglösung?

Hinter dem Prinzip der Schlauchlüftung steht ein komplexes physikalisches System. Es reicht nicht, irgendein Rohr mit Löchern vor einen Ventilator zu hängen! Das wurde einigen Landwirten bewusst, als sie versuchten, die Technik aus den USA nachzubauen. Die ersten Lösungen im Kälberstall – meist im Selbstbau – waren nicht immer erfolgreich, die Kälber wurden krank, die Schläuche wieder demontiert. Auch Kondenswasserbildung führte vielfach zu Problemen. Mittlerweile haben die Hersteller darauf reagiert und bieten z.B. Gewebe mit Mikroperforierung an, um Kondenswasser zu vermeiden.

Wenn man große Ställe kühlen will, kommt man um einen professionellen Tube nicht herum. Die Schlauchlüftung wird stallindividuell berechnet und angefertigt. Das ist aufwendig, daher sind Tubes im Verhältnis zum reinen Materialwert relativ teuer.

Das gibts zu beachten

  • Halten Sie die vorgegebene Montagehöhe ein, damit die gewünschte Luftgeschwindigkeit erreicht wird.
  • Bringen Sie eine Wind- und Wetterschutzvorrichtung beim Ventilator an, um Luftverwirbelungen zu vermeiden. Eine Stufenregelung des Ventilators ist nicht zu empfehlen. Nur bei einer bestimmten Ventilatorendrehzahl tritt bei allen Löchern dieselbe Luftmenge aus.
  • Eine Handysteuerung ist eine zusätzliche „Spielerei“ und eigentlich unnötig, da die meisten Tubes vollautomatisch und klimaabhängig geregelt sind.
  • Prüfen Sie nach der Installation, ob der Schlauch die gewünschten Luftgeschwindigkeiten erreicht. Dabei unterstützen z. B. die Landwirtschaftskammern bei einer Stallklima-Beratung.
  • Reinigen Sie den Schlauch einmal im Jahr. Einige Firmen bieten einen Waschservice an.

Reportage

Vier Tubes im neuen Offenstall

Daniel Dorfner investierte trotz Neubau, offener Bauweise und Beregnungsanlage in Tubes.

Erst vor 3,5 Jahren baute Familie Dorfner aus Öpping (Bezirk Rohrbach, OÖ) ihren neuen, dreireihigen Milchviehstall. Dieser bietet den 115 Kühen viel Komfort und Luftwechsel. Trotzdem kamen die Tiere bei hohen Temperaturen an ihre Grenzen. Zellzahl und Fruchtbarkeit waren in den Sommermonaten für den Betriebsleiter nicht zufriedenstellend.

Um den Hitzestress im Stall zu mindern, entschied sich Daniel Dorfner zunächst für eine Beregnungsanlage. Diese bewährte sich allerdings erst bei höheren Temperaturen jenseits der 30 °C. Doch die Kühe zeigten schon bei Tempera­turen knapp über 20 °C und hoher Luftfeuchtigkeit Symptome von Hitzestress. Herkömmliche Ventilatoren schieden für Dorfner aufgrund der enormen Lärmbelastung aus.

Stattdessen investierte er in eine Schlauchlüftung. Wichtig war Dorfner, dass die Luftgeschwindigkeit aus den Schläuchen bei 3 m/s liegt, damit auch wirklich ein Kühleffekt eintritt. Vier Schläuche der Fa. Vetsmart hängen seit dem Frühjahr 2020 im Stall. Drei der Schläuche mit je einem Durchmesser von 1,05 m und einer Länge von 50 m wurden über den Liegeboxenreihen, ein Schlauch mit 76 m Länge am Fressgang montiert. Dieser hatte zunächst einen Durchmesser von 1,3 m. Allerdings hat er sich auf den ersten 10 Metern nicht richtig aufgeblasen. Daher wurde noch einmal nachgebessert und er wurde durch einen dünneren Schlauch mit ebenfalls 1,05 m Durchmesser ersetzt. Die Montagehöhe beträgt 2,50 m. Insgesamt kosteten Dorfner die Schläuche ca. 35.000 €.

Die Tubes sind ab 17 °C im Einsatz

Die Tubes im Milchviehstall von Daniel Dorfner sind ab einer Temperatur von 17 °C im Einsatz. Ab 25 °C läuft zusätzlich die Beregnungsanlage. Mit einem Windmesser konnten Berater der LK OÖ bestätigen, dass bei 80 % Ventilatorenleistung die gewünschten 3 m/s aus den Luftstutzen austreten. Das Resümee von Daniel Dorfner ist positiv: „Die Kühe vertragen das schwül warme Wetter jetzt viel besser“, berichtet der Milchbauer. „Es gab seither keinen Anstieg in der Zellzahl und Einbrüche in der Fruchtbarkeit.“

Die Montage war allerdings eine Herausforderung, Dorfner war froh auf die Hilfe eines Monteurs zurückgreifen zu können. Die Steuerung der Luftschläuche erfolgt vollautomatisch. Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit, diese mittels Smartphone-App zu steuern. Gereinigt wurden die Tubes bisher noch nicht.

Reportage

„Die Kühe liegen wieder mehr“

Bei Alexander Eder kühlen zwei Tubes die liegenden und fressenden Kühe.

In Nussdorf am Haunsberg im Salzburger Flachgau kommen am Betrieb von Alexander und Verena Eder drei Tubes der Fa. Knopf & Oswald zum Einsatz. Zwei Schläuche hängen bei den Milchkühen, ein Schlauch über den Kälbergruppenboxen.

Während der Kälber-Tube rein zur Lüftung dient, installierte Alexander Eder die zwei Tubes bei den Milchkühen gegen den Hitzestress. Denn im annähernd quadratischen Stall (4-Reiher, zwei Futtertische, Jungvieh und Kälber) stand im innenliegenden Milchviehbereich die Luft. Die Wärmepolster zwischen den liegenden Kühen machten diesen zu schaffen.

Betriebsleiter Eder wollte den Kampf gegen den Hitzestress zuerst mit einer Beregnungsanlage aufnehmen. Als diese Maßnahme sich als zu schwach erwies, investierte er zusätzlich ca. 16 000 € in Schlauchlüftungen. Den ersten Tube mit einem Durchmesser von 1,0 m und einer Länge von 38 m installierte Eder im März 2020 über der Doppel-Liegeboxenreihe. Nachdem der Betriebsleiter gesehen hatte, dass dieser funktioniert, zog ein paar Wochen später bereits der zweite Tube (0,8 m Durchmesser und 18 m Länge) über der zweiten Doppel-Liegeboxenreihe auf 2,5 m Montagehöhe ein. Beide Schläuche kühlen auch die fressenden Kühe am Futtertisch mit. Das ist möglich, weil sie mit flexibel beweglichen Öffnungen ausgestattet sind, und so der Luftstrom genau ausgerichtet werden kann.

Das einzige Problem nach der Montage: Die Kühe gingen nicht mehr in den Roboter. Die Luft war zu stickig und zu warm im Roboterbereich. Die Lösung: Das Ende des kürzeren Schlauches wurde mit Düsen bestückt, um kühle Luft in den Roboter zu blasen. Jetzt gehen die Kühe wieder zufrieden melken.

Im Vollbetrieb ab 24 °C

Die Schlauchlüftung läuft am Betrieb Eder nahezu das ganze Jahr. Bereits bei 10 °C starten sie auf 10 % Ventilatorenleistung. Auch wenn hier die Luftverhältnisse im Schlauch nicht überall konstant sind, überwiegt der Vorteil des Luftwechsels im Stall. Ab 24 °C läuft die Lüftung in Vollbetrieb. Die Steuerung erfolgt vollautomatisch, klimagesteuert.

Beim zweiten Schlauch musste nach der Prüfung der Windgeschwindigkeit der Lüfter ­gewechselt werden, weil anfangs die 2,5 bis 3 m/s Luftgeschwindigkeit in der Liegebox nicht erreicht wurden. Mit dem neuen Ventilator ist dies nun der Fall. Beide Schläuche haben einen Höhenversatz, um die Luft an der passenden Stelle der Außenwand anzusaugen. Ein Gleichrichter am Ventilator sorgt dafür, dass der Luftstrom trotzdem gleichmäßig geführt wird.

„Seit die Schläuche in Betrieb sind liegen die Kühe im Sommer bei Hitze wieder viel lieber in den Liegeboxen“, berichtet Eder. „Sie sind ruhig und zeigen keine erhöhte Atemfrequenz mehr. Wir haben auch keine Stoffwechselstörungen mehr im Sommer aufgrund der Hitze.“ Einmal im Jahr wird der Schlauch mit Hilfe von Reißverschlüssen demontiert und in einer großen Waschmaschine gewaschen.

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