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Weniger Methan beim Rülpsen – aber wie?

Wenn es um den Klimawandel geht, wird den Wiederkäuern häufig der schwarze Peter zugespielt. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten bei der Fütterung, wie Landwirte den Methanausstoß ihrer Kühe reduzieren können.

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor:Dr. Georg Terler, HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Methan gilt als der böse Zwillingsbruder von CO2, da es noch mehr Wärme aufnimmt und als Treibhausgas stärker wirkt. Bei jedem Rülpser der Kuh wird Methan ausgestoßen. Das Gas wird im Pansen bei der Verdauung gebildet und dient als natürlicher Puffer, d. h., es verhindert eine Pansenübersäuerung. Was für die Kuh also durchaus positiv ist, wirkt sich – einmal in die Atmosphäre gelangt – negativ auf die Umwelt aus. Um die Methanemissionen von Wiederkäuern zu reduzieren, gibt es verschiedene Ansätze, die Fütterung ist einer davon. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten:

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1. Kraftfutteranteil ­optimieren

Zwischen der Verdauung von faserreichen Pflanzen und Methanemissionen besteht ein hoher Zusammenhang. Wenn Faser verdaut wird, entsteht als Nebenprodukt Methan. Der einfachste Weg, den Fasergehalt zu reduzieren ist es, die Grundfutterqua­lität zu steigern. Der Fasergehalt in Grassilage und Belüftungsheu sollte 43 bis 49 % nicht übersteigen.

Der Fasergehalt der Ration kann auch durch den Einsatz von Kraftfutter beeinflusst werden. In einem Forschungsprojekt der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wurde untersucht, welchen Einfluss das Kraftfutterniveau auf die Methanproduktion von Milchkühen hat. Die Tiere wurden mit unterschiedlich hohen Kraftfutteranteilen von 5 bis 30 % in der Ration gefüttert, ihre Methanausscheidungen in Respirationskammern (siehe Info Methan) gemessen.

Die Ergebnisse der Messungen zeigten eine deutliche Abhängigkeit der Methanproduktion vom Kraftfutteranteil in der Ration. Je mehr Kraftfutter gefüttert wurde, desto größer war die Futteraufnahme der Kühe und desto höher stiegen ihre Methanemissionen pro Tag (siehe Übersicht).

Mit höheren Kraftfuttergaben wurde aber auch die Milchleistung der Kühe gesteigert. Damit verteilten sich die Emissionen auf mehr Liter und die ­Methanproduktion pro kg Energie-korrigierter Milchleistung (ECM) nahm mit steigendem Kraftfuttereinsatz ab. Die niedrigsten Emissionen pro kg ECM wurden bei 20 bis 25 % Kraftfutteranteil erreicht.

Damit die Optimierung des Kraftfuttereinsatzes jedoch einen positiven Effekt auf das Erdklima hat, müsste die in Österreich produzierte Milchmenge mit weniger Tieren erzeugt werden. Solange die Kuhanzahl gleich bleibt, steigen die Gesamtmethanemissionen hierzulande. In die Studie wurden die Produktionsbedingungen des Kraftfutters bislang nicht miteinbezogen. Zum Teil werden dabei Wälder abgeholzt, hohe Handelsdüngermengen eingesetzt und die Futtermittel über weite Strecken transportiert. Auch so entstehen Treibhausgase, die bei einer Beurteilung des Effekts der Kraftfutterfütterung auf den Klimawandel mitbeachtet werden müssten.

2. Futterfette einsetzen

Eine weitere Möglichkeit, Methan zu reduzieren, ist das Einmischen von Futterfetten in die Ration. Futterfette hemmen einerseits die Vermehrung von methanbildenden Bakterien, andererseits wird bei der Verdauung von Fetten Wasserstoff gebunden, der dann bei der Methanbildung fehlt.

Allerdings ist das Verdauungssystem von Wiederkäuern nicht auf die Verdauung von Fetten ausgelegt, daher sind die Einsatzmengen begrenzt. Damit es nicht zu Stoffwechselstörungen kommt, sollte der Fettgehalt in der Ration max. 4 bis 5 % betragen.

3. Chemische Zusätze

Aktuell wird sehr viel Forschung zu verschiedenen Futterzusätzen betrieben. Diese hemmen die Vermehrung

  • von methanbildenden Bakterien oder
  • von Mikroorganismen, die in Gemeinschaft mit den Bakterien leben
  • oder von Enzymen, die in die Methanbildung involviert sind.

Futterzusätze benötigen eine Zulassung durch die Europäische Behörde für Ernährungssicherheit EFSA. Ein vielversprechender chemischer Futterzusatz ist 3-Nitrooxypropanol (3-NOP), das im Februar die Zulassung erhalten hat. 3-NOP ist ein chemischer Inhibitor, d. h., er hemmt ein Enzym, das an der Methanbildung beteiligt ist. Pro kg TM-Aufnahme reduziert 3-NOP laut Studien die Emissionen um 20 bis 60 %. Die Einsatzmenge liegt bei nur 1 bis 2 g pro Kuh und Tag. Allerdings ist die gesellschaftliche Akzeptanz des chemischen Produktes noch fraglich.

Auch Nitrat kann Methanemissionen um bis zu 22 % reduzieren. Es ­bindet Wasserstoff im Pansen und ist giftig für methanbildende Bakterien. Allerdings hat es einige schwerwiegende Nebenwirkungen. So ist es z. B. bei falscher Dosierung toxisch für die Tiere, kann höhere N-Ausscheidungen und Lachgasemissionen verursachen und ist in vielen Ländern daher nicht als Futterzusatz zugelassen.

4. Natürliche Zusatzstoffe

Natürliche Futterzusätze haben evtl. eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz. Hier gibt es z. B. pflanzliche Produkte mit hohem Tanningehalt wie z. B. Extrakte aus Akazien oder Kastanienbäumen oder Zitronengras. Tannine binden Proteine und hemmen die Vermehrung von methanbildenden Bakterien. Allerdings gibt es sehr unterschiedliche Ergebnisse zu ihrer Wirksamkeit und sie können die Futteraufnahme und Verdaulichkeit negativ beeinflussen.

In einem Versuch der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wurde festgestellt, dass die Beifütterung von 100 g Zitronengras pro Tag die Methanproduktion von Maststieren um rund 15 % reduzieren kann.

Essenzielle Öle aus Knoblauch, Thymian, Eukalyptus, Oregano oder Koriander hemmen methanbildende Bakterien und sog. Protozoen, die in Symbiose mit methanbildenden Bakterien leben. Sie erzielen in Laborversuchen meist eine gute Wirkung, aber in Versuchen mit Tieren häufig nur schwache Ergebnisse. Aktuell befindet sich ein Produkt, ein Mix aus essenziellen Ölen, im Zulassungsprozess. In einem Langzeitversuch mit Tieren erzielte es rund 13 % weniger Methan pro kg TM-Aufnahme bzw. 10 % weniger Methan pro kg ECM.

Auch Algen hemmen ein Enzym, das für die Methanbildung benötigt wird und können so die Methanproduktion um bis zu 80 % senken. Damit wären sie quasi ein Wundermittel. Aber: Besonders vielversprechende Algen enthalten Bromoform. Das kann die Gesundheit von Tier und Mensch beeinträchtigen, auch Rückstände in tierischen Produkten sind möglich. Genauso unerwünscht ist, dass Bromoform am Ozonabbau in der Atmosphäre beteiligt ist. Bevor diese Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen sind, können Algen nicht breitflächig in der Fütterung eingesetzt werden.

Aktuell forscht die HBLFA Raumberg-Gumpenstein, ob auch die Zufütterung von 200 g Biokohle pro Tag bei Milchkühen die Methanproduktion reduzieren kann. Erste Ergebnisse werden im Sommer 2022 erwartet.

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Info

So entsteht Methan

Kühe können faserreiche Pflanzen in hochwertige Nahrungsmittel für den Menschen umwandeln. Sie fressen Futter, das hauptsächlich aus Kohlen-

hydraten (Stärke, Zucker und Fasern) und ­einem Rest (Fette, Eiweiße, Mineralstoffe) besteht.

Bei der Verdauung im Pansen entstehen Abbauprodukte: Stärke und Zucker werden zu Propion- bzw. Milchsäure und Faser vorwiegend zu Essigsäure abgebaut. Als Nebenprodukte entstehen CO2 und Wasserstoff. Je mehr Wasserstoff gebildet wird, desto tiefer sinkt der pH-Wert im Pansen, die Kuh übersäuert. Damit das nicht passiert, bilden sog. Archaebakterien aus Essigsäure, CO2 und Wasserstoff ein neues Produkt: Methan. Methan wirkt quasi als natürlicher Puffer im Pansen und verhindert, dass der pH-Wert im Pansen zu stark absinkt. Es wird beim Wiederkauen heraufgerülpst.

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Das Geheimnis der Luftkammer

Eine sogenannte Respirationskammer ist luftdicht und verfügt über eine geregelte Luftführung. Aus dem Innenraum der Anlage wird ständig Luft abgesaugt, durch den entstehenden Unterdruck strömt Frischluft nach.

In der abgesaugten Luft wird laufend die Methan- und Kohlendioxid-Konzentration gemessen.

In Raumberg-Gumpenstein bleiben die Versuchskühe pro Jahr maximal vier Tage in einer der beiden Respirationskammern. Während dieser Zeit werden die Tiere zweimal pro Tag gefüttert und gemolken. So wird neben dem täglichen gesamten Methanausstoß auch die Methanproduktion pro kg Futter-aufnahme und pro kg Milchleistung

erfasst.

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