Die Zahl der Tage mit mehr als 30 °C pro Jahr hat sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten verdoppelt bis verdreifacht. Die Daten von GeoSphere Austria (früher ZAMG) zeigen den Anstieg. Waren es früher nur die sogenannten Hundstage im Sommer, kommt es immer öfter zu länger anhaltenden Hitzeperioden. Dies bringt nicht nur eine Arbeitserschwernis für den Landwirt, auch die Tiere leiden unter der Hitze.
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Die Hitzetage in Österreich haben sich in den vergangenen Jahrzehnten verdoppelt bis verdreifacht.
Die Idealtemperaturen liegen unter 20 °C für Mast- und Zuchtsauen, ab 25 °C sinkt die Futteraufnahme, da-durch kommt es auch zu geringeren Zunahmen.
Kühlmaßnahmen wie Cool Pads, Hochdruckvernebelungsanlagen und selbst gebaute Kühltürme können die Stalltemperatur um 4 bis 10 °C senken.
Bei Neu- oder Umbauten ist eine gute Dämmung entscheidend. Die Farbe der Dachziegel kann bereits bis zu 25 °C Temperaturunterschied ausmachen, Holz als Baustoff bietet natürliche Speicherkapazität.
Stallsysteme stoßen an Grenzen
Welche gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen das hat und Tipps, wie die Temperatur auf ein angenehmes Niveau gebracht werden kann, erklären Irene Mösenbacher-Molterer und Eduard Zentner, von der Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein. Wird es über längere Tage heiß, kommen viele Stallsysteme an ihre Grenzen. Sauen, Ferkel und Mastschweine geraten in Stresssituationen. Die Idealtemperatur für Mast und Zuchtsauen liegt bei unter 20 °C, für Ferkel sind es 30 °C.
Ist es in der Abferkelbucht zu heiß, liegen die Ferkel vermehrt außerhalb des Ferkelnests. „So kommt es öfter zu Erdrückungsverlusten, das ist ein riesiges wirtschaftliches Potenzial, das nicht unterschätzt werden sollte“, sagt Zentner. Außerdem sinkt durch die Hitze die Milchleistung, es steigen die Abortraten und es kommt zu Umrauschen.
Hitze senkt Futteraufnahme
Ab zirka 25 °C sinkt die Futteraufnahme bei Sauen und Mastschweinen. Als Faustzahl nimmt die Landwirtschaftskammer Steiermark an, dass ein Temperaturanstieg um 1 °C die tägliche Futteraufnahme um 100 g reduziert. Damit wird die Wärmeerzeugung durch Stoffwechsel- und Verdauungsvorgänge im Körper reduziert. Bei Mastschweinen ist die Folge daraus geringere tägliche Zunahmen.
„Eine Kühlung wirkt sich in allen Stallungen multifaktorell positiv aus“, sagt Zentner. Nicht zu vernachlässigen seien die Ammoniakemissionen, die pro Grad Temperatur um gut 10 % zurückgehen.
Kühlmaßnahmen ohne Gartenschlauch
Wichtig sind Kühlmaßnahmen, die die Luftfeuchtigkeit nicht erhöhen. An akuten Hitzetagen kann der Gartenschlauch für Abkühlung sorgen, jedoch ist hier der Temperaturunterschied oft riesig und außerdem steigt die Luftfeuchtigkeit im Stall.
„Wird eine Kühlung im Neu- oder Umbau installiert, kann die Ventilationsleistung um bis zu 35 % reduziert werden. Dies verringert die Anschaffungskosten für Ventilatoren und Kamine und die laufenden Energiekosten sowie die Lärmemissionen werden reduziert“, sagt Zentner.
Cool Pads können etwa nachträglich in ein Stallsystem integriert werden. Bei diesen werden wabenförmige Zellulosewände mit kaltem Wasser berieselt. Die Zuluft strömt durch die Waben, wird gekühlt und kommt dann in den Stall. Die Kosten liegen laut Zentner bei rund 5.000 €. In einem Tierbereich mit 100 Mastschweinen kann ein Kühleffekt von 5 °C erreicht werden. Wer nicht auf eine Lösung von Firmen zurückgreifen will, für den gibt es Möglichkeiten zum Eigenbau.
Ein deutscher Betrieb hat einen Kühlturm gebaut, der im Norden oder Osten an einen Stall angeschlossen wurde. Rote Tonziegel wurden gestapelt, die Löcher werden mit kaltem Wasser berieselt. „In dem Turm befindet sich ein Ventilator, der durch Unterdruck die Luft in den Turm durch die benetzten Ziegel zieht“, sagt Zentner. Dadurch seien 8 bis 10 °C an Kühlleistung möglich. Je großzügiger die Austauschfläche für die warme Luft ist, desto größer ist der Nutzen für die Tiere. Ideal ist laut Experten eine von CoolPads mit einer Unteflurkühlung.
Mit Hochdruck vernebeln
Mit Hochdruckvernebelungsanlangen kann die Temperatur im Sommer ebenfalls reguliert werden. Die Anlagen werden über einen Kompressor und Rohrsysteme betrieben. Die Wassertropfen werden durch Düsen sehr fein zerstäubt. „Es können rund 4 °C Kühleffekt erreicht werden“, meint Zentner. Ein Nachteil sei der Lärm von manchen Anlagen, dies sollte vor dem Kauf abgeklärt werden. Die Luftfeuchtigkeit muss ebenfalls geprüft werden. „Wenn durch das Wasser künstlich tropische Bedingungen geschaffen werden, erreicht man das Gegenteil für die Tiere“, sagt Zentner.
Achten auf getrennte Bereiche
Egal, ob in konventionellen oder besonders tierfreundlichen Haltungssystemen, die Trennung von Ruhe-, Fress- sowie Kot-/Harnbereich ist wichtig. „Dem Ruhebereich gilt in allen Systemen ein besonderes Augenmerk, um durch deutlich kühlere Bedingungen im Sommer ein Kippen des Systems und Verschmutzen der Liegezone zu vermeiden“, erklärt Zentner.
Eine optimierte Be- und Entlüftung durch zusätzliche Technik sei empfehlenswert. Außenklimasysteme mit Liegekisten sind im Liegebereich schwerer zu kühlen und müssen vor allem durch kluge Materialwahl und gute Dämmeigenschaften punkten.
Wärmegedämmte Innenbereiche können durch Wasservernebelung (Hochdruckvernebelung oder Zweistoffdüsentechnik, Rotationsverteiler) klimatisch optimiert werden und neben einer Absenkung der Temperatur bis zu 7 °C auch Staub binden. Optimal ist eine feinste Zerstäubung der Wasserpartikel kleiner 15 µm unter Beobachtung der relativen Feuchte mit einer Obergrenze von 80 %, um tropische Bedingungen und eine übermäßige Belastung des Tierbestandes zu vermeiden.
Auch Niederdruckanlagen können gute Dienste erweisen und gleichzeitig als Einweich- und Desinfektionsanlage fungieren. Durch die richtige Einstellung der Technik lässt sich eine Benässung des Bodens und der Aufstallung verhindern.
Fußbodenkühlungen, die mit wasserführender Technik befestigte Liegeflächen temperieren, können als Kombimaßnahme ebenfalls zielführend sein. Hier kann im Winter auch mit warmem Wasser gearbeitet werden, um den Tieren eine höher temperierte Liegefläche zu bieten.
Dämmung bei Um- oder Neubau
Als oberstes Credo gilt es, den Wärmeeintrag durch Sonneneinstrahlung während der heißen Jahreszeit zu reduzieren. Egal, ob vollklimatisiert und geschlossen oder ein mit offener Front versehenes Gebäude – eine Dämmung der Dachkonstruktion oder Hinterlüftung kann immens helfen, die Hitzebelastung zu senken. „Es wird oft unterschätzt, aber alleine die Farbe der Dachziegel macht bis zu 25 °C an Temperaturunterschied aus“, sagt Zentner. An Spitzentagen haben die Wissenschaftler auch 85 °C und mehr am Dach gemessen. „Es ist eine riesige Zusatzbelastung für die Tiere, wenn die Dachfläche nicht isoliert ist“, erklärt Zentner.
Neben gedämmten Paneelen (Sandwichelemente) ist vor allem Holz mit seiner natürlichen Speicherkapazität allen anderen Materialien vorzuziehen, wobei neben glatten Untersichten vor allem im Außenklimabereich auf eine ungehinderte Strömungsrichtung von der Traufe zum First zu achten ist. Eine Photovoltaik-Anlage heizt sich oft auf 75 °C und mehr auf, auf der Ober- und Unterseite.
Ist allerdings darunter ein Ziegeldach, kann unter dem Dach die Temperatur um 45 °C gekühlt werden. Eine natürliche Beschattung des Stallgebäudes senkt die Temperatur im Stallinneren zusätzlich. Bäume/Büsche sowie Überdachungen oder Überlattung von Außenbereichen und Ausläufen bieten zudem Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung und sind neben niedrigeren Temperaturwerten indirekt für abgesenkte Emissionen verantwortlich.
„Wichtig ist, sich die verschiedenen Maßnahmen genau anzusehen und zu überprüfen, was sie wirklich im eigenen Stall bringen können“, sagt Zentner. Die Tage, an denen die Kühlung für die Schweine nötig ist, werden jedenfalls mehr.