Die Schweinehalter haben nun Gewissheit. Jubel über die Lösung der Regierung werde in der Branche keiner ausbrechen. "In einigen Punkten können wir mit der Lösung leben, andere müssen wir schmerzlich zur Kenntnis nehmen. Es sind zwei blaue Augen für uns", sagt Johann Schlederer, Geschäftsführer des VLV und der Österreichischen Schweinebörse.
Ein Kritikpunkt des Branchenvertreters ist die verlängerte Übergangsfrist für Härtefälle. "Wir wollten eine längere Übergangsfrist für Betriebe die ab 2013 neu gebaut haben, jetzt ist es ab 2018, mit 16-jähriger Frist", sagt Schlederer.
Grundsätzlich werde sich die Branche mit der Lösung abfinden müssen. "Bis 2034 sind noch einige Jahre Zeit, wo sich die Betriebe darauf einstellen können", sagt Schlederer. Eine weitere unerfüllte Forderung ist der langfristige Investitionsschutz für künftige Stallbauten. "Der ist uns noch nicht gelungen", meint Schlederer. Trotzdem konnten viele Forderungen, die drastische Einschnitte in die Produktion bedeutet hätten, in den Verhandlungen abgewendet werden.
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig unterstreicht die Bedeutung der Einigung für die Betriebe: „Die Neuregelung ist ein tragfähiger und verfassungskonformer Kompromiss. Damit ermöglichen wir eine praxistaugliche Weiterentwicklung in der Schweinehaltung, garantieren Versorgung mit regionalem Schweinefleisch.
Schmerzhaft für kürzlich gebaute Stallungen
"Schmerzhaft ist der Kompromiss vor allem für bestehende Betriebe, die in den letzten Jahren meist mehrere Hunderttausend Euro in Ställe nach bisherigem Standard investiert haben und diese Ausgaben unmöglich innerhalb von maximal 16 Jahren wieder hereinbekommen werden", erklärt LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger. "Jene Landeshauptleute, die leichtfertig Gesetzesaufhebungen und immer noch höhere Standards provozieren, sollten auch Farbe bekennen und den Bäuerinnen und Bauern die dadurch entstehenden Kosten besser abgelten", fordert der LKÖ-Präsident.
Neben Klarheit am Markt benötigen die Landwirte mehr Sicherheit für Investitionen. "Wir brauchen für Bauern, die ihre Ställe umrüsten oder neu bauen wollen, dringend eine Investitionsoffensive und rechtliche Sicherheit und Klarheit im Hinblick auf eine gesicherte Nutzungsdauer. Wir benötigen ein klares Signal, dass Österreich weiter an seine Nutztierhaltung und die regionale Versorgung glaubt und dazu steht", sagt Moosbrugger.
Kritik von den Grünen und NGOs
"Nun legt man kurz bevor die vom VfGH festgesetzten Fristen schlagend werden einen Murks vor, der durch viel zu lange Übergangsfristen erst recht wieder angreifbar sein wird und von einem neuen gesetzlichen Mindeststandard ab 2027 ist keine Rede mehr“, kritisiert Olga Voglauer, Landwirtschaftssprecherin der Grünen. Der Grüne Gesetzesantrag hätte Stroheinstreu und Auslauf für alle Schweine vorgesehen, mit einer Übergangsfrist bis 2030 – bzw. 2035 für Betriebe, die kürzlich umgebaut haben. "Wir wollten Planungssicherheit für die Bäuerinnen und Bauern. Sie müssen wissen, wohin die Reise geht und in welche Haltungsformen sie ohne Sorge investieren können“, teilt Voglauer mit.
Kritik kommt auch von den Tierrechtsaktivisten des VGT: "Da entscheidet der Verfassungsgerichtshof, dass die Bestimmung im Tierschutzgesetz aufzuheben ist, weil sie das Interesse des Tierschutzes zu wenig berücksichtigt, und die Regierung ersetzt diese Bestimmung durch eine, die das Interesse des Tierschutzes noch sehr viel weniger berücksichtigt." Die letzte Hoffnung, der Aktivisten, sei der Burgenländische Landeshauptmann Doskozil, "der mit einer Verfassungsklage diesem Spuk ein Ende machen könnte. Eine Verschlechterung einer Tierschutzbestimmung ist nach übereinstimmender Meinung von Verfassungsrechtlern mit der Staatszielbestimmung Tierschutz nicht vereinbar. Der VfGH muss dieses ungeheuerliche Gesetz so rasch wie möglich wieder aufheben.“