Es ist kurz nach 14 Uhr, als das Handy klingelt und der Kindergarten anruft. Das Kind ist noch nicht abgeholt worden. Der Vater ist alarmiert und fährt zum Kindergarten, um seinen Sohn abzuholen. Kurz darauf erfährt er, dass seine Frau einen schweren Autounfall hatte und auf der Intensivstation liegt. Bei all dem Schmerz und der Verzweiflung, die den Mann in diesem Moment ereilt, kommt eine weiteres Problem hinzu: Wo ist eigentlich die größere Tochter heute? Zweimal die Woche geht sie nach der Schule zu einer Freundin. Doch wo wohnt sie und wie ist der Kontakt zu deren Eltern?
„Das sind Angelegenheiten, um die sich im Alltag häufig die Frauen kümmern. Und dann auch die Daten und Kontakte bereit haben“, wissen Familienberater. Dass ein Testament oder eine Vorsorgevollmacht für solche Fälle wichtig sind, ist den meisten klar. Doch dass auch eine gute Planung des Alltags in Ausnahmesituationen helfen kann, ist vielen nicht bewusst.
Schnell gelesen
Schicksalsschläge kommen meist unvorhersehbar. Deshalb ist es gut, bestimmte Dinge vorsorglich zu klären.
Familienberater empfehlen, Vorsorgevollmachten und Testamente als grundlegende rechtliche Vorsorge.
Ein großer Familienplaner ist eine gute Möglichkeit, Abläufe darzustellen und eine Übersicht über Zuständigkeiten zu geben.
Sprechen Sie diese unbequemen Themen an, damit es nicht irgendwann zu spät ist, die Dinge zu regeln.
Wer für die eigene Beerdigung besondere Wünsche hat, muss diese zu Lebzeiten äußern oder festhalten.
Rechtlich und menschlich
Susanne Auer-Mitterer und Karin Deutschmann-Hietl sind Referentinnen bei „Lebensqualität Bauernhof“ (LQB) in Salzburg und beraten Bäuerinnen und Bauern in rechtlichen und psychosozialen Fragen, unter anderem rund um das Thema Vorsorge. „Verträge und Vollmachten sollten immer auf die Lebenssituation und die Konstellationen in Familie und Betrieb abgestimmt sein“, erklärt Susanne Auer-Mitterer.
Deshalb empfiehlt sie Familien, sich bei der Ausarbeitung von Vorsorgevollmachten und Testamenten beraten zu lassen. „Vereinbarungen hängen immer von den Lebensbedingungen ab. Ein Testament greift im Todesfall. Eine Vorsorgevollmacht bereits, wenn eine Person nicht mehr entscheidungsfähig ist, also z. B. unter Demenz leidet oder im Koma liegt.“ Vor allem, wenn Liegenschaften vorhanden sind, empfiehlt die Expertin, sich mit dem Thema Vorsorge auseinanderzusetzen. „Ein Testament ist dann sinnvoll, wenn von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden soll“, erklärt Susanne Auer-Mitterer. „Das ist vor allem bei Lebensgemeinschaften der Fall, denn in diesen sind die Partner nicht erbberechtigt.“
Ein Testament ist dann sinnvoll, wenn von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden soll.
Die Beraterin weist auch darauf hin, dass z. B. bei gemeinsamen Konten darauf geachtet werden soll, wer Kontoinhaber ist und wer nur zeichnungsberechtigt ist. Denn im Todesfall hängt davon ab, wer über den Tod hinaus auf ein Konto zugreifen kann.
Außerdem wichtig nach einem plötzlichen Todesfall von Betriebsleiter oder Betriebsleiterin: Die Frage nach der Zulassung von Fahrzeugen – und der Kfz-Haftpflichtversicherung. „Möglicherweise sind die Angehörigen nicht mehr befugt, die Fahrzeuge zu fahren, wenn der Halter verstorben ist. Eventuell greift die Versicherung nicht mehr.“ Susanne Auer-Mitterer empfiehlt deshalb eine Übersicht über alle Versicherungen, abgelegt in einem Ordner, der für die Familienmitglieder zugänglich ist. Sinnvoll ist hier auch eine Übersicht über Abos und Verträge, sodass Angehörige darüber im Bilde sind.
Der große Familienplaner
Wenn, wie im eingangs beschriebenen Fall, ein Elternteil plötzlich nicht mehr verfügbar ist, können ganz andere Schwierigkeiten auftreten – vor allem, wenn die familiären und betrieblichen Arbeitsbereiche strikt getrennt sind. „Wenn ein Familienmitglied plötzlich verunglückt oder gar stirbt, ist die Familie in einer Ausnahmesituation. Wenn dann noch die kleinsten und normalsten Abläufe recherchiert werden müssen, dann überfordert das die Betroffenen zusätzlich“, sagt LQB-Beraterin Karin Deutschmann-Hietl.
Deshalb empfiehlt sie, dass es in der Familie so viele „Wissensträger“ wie möglich gibt. „Dafür muss man sich die Frage stellen, wie das Wissen auch zum Partner, den Kindern, den Eltern oder Schwiegereltern kommt. Eine wöchentliche Teambesprechung mit einem großen Familienplaner ist dafür empfehlenswert.“ Dass die Eltern über die Kinder, deren Termine und Freunde, Angelegenheiten in Schule und Kindergarten sprechen, ist für Karin Deutschmann-Hietl die Grundvoraussetzung eines harmonischen Familienlebens.
Vertretung bei einem Ausfall
Wenn aber alle Familienmitglieder am Hof, also auch Eltern und Schwiegereltern, darüber Bescheid wissen, was in der nächsten Zeit ansteht, dann können bei einem Ausfall die Aufgaben besser verteilt oder übernommen werden. Wichtig dabei: Zu den Terminen auch immer die Kontaktdaten dazuschreiben. Eine solche Planung ist nicht nur für den Fall von Unfall, Krankheit oder Tod wichtig, sondern gibt allen Familienmitgliedern im Alltag eine Grundorientierung, gewährleistet Planbarkeit und zeigt die Zuständigkeiten auf.
Neben dem Plan über die Familienangelegenheiten ist eine Übersicht über die betrieblichen Abläufe sinnvoll. Bei einem krankheitsbedingten Ausfall können so die Aufgaben reibungsloser übernommen werden. Wie funktioniert die Fütterungsanlage? Welche Tiere brauchen besonderes Augenmerk? Die Mühe, einmal die Arbeitsschritte stichwortartig festzuhalten, lohnt sich, wenn diese gezwungenermaßen von jemand anderem übernommen werden müssen. „Wenn jeder Bescheid weiß, stärkt das die Familie und niemand steht hilflos da, wenn jemand anderes ausfällt!“, erklärt Karin Deutschmann-Hietl.
Das heikle Thema angehen
Niemand beschäftigt sich gerne mit Schicksalsschlägen oder gar dem eigenen Tod. Doch, so formuliert es auch die LQB-Beraterin, wir sind alle vergängliche Wesen. Und wer einmal einen Tag oder auch nur mehrere Stunden „unbequem“ ist und sich mit dem Thema Vorsorge beschäftigt, ist im schlimmsten Fall entlastet. Dazu gehören zum Beispiel auch Gedanken zur eigenen Bestattung oder Beisetzung. Hat man Wünsche, so müssen diese zu Lebzeiten geäußert werden.
Niemand beschäftigt sich gerne mit Schicksalsschlägen oder gar dem eigenen Tod.
Das sind wahrlich keine Themen, die zwischen Tür und Angel besprochen werden sollten. Vielleicht sind es Themen, die auch hemmen und nicht gerne aufgegriffen werden. Sollten Sie das Bedürfnis haben, sich mit Ihrer Familie darüber auszutauschen, wissen aber nicht, wie Sie es angehen sollen, dann hat Karin Deutschmann-Hietl Tipps für Sie: „Nehmen Sie einen aktuellen Anlass. Zeigen Sie, dass Sie nicht wollen, dass es bei Ihnen genauso läuft.“
Dabei sollten die Vorteile der rechtlichen Vorsorge, eines Familienplans, eines Vermächtnisses usw. für jedes Familienmitglied herausgearbeitet werden. „Ein entscheidendes Argument ist häufig, dass man die Angelegenheiten für die Nachkommen regelt“, sagt die Familienberaterin. „Und wenn man mal ins Gespräch kommt, dann ist es wichtig, direkt einen Plan zu machen und Termine festzulegen.“
Die Landwirtschaftskammern der Bundesländer unterstützen Familien bei der Vorsorge, zeigen auf, was möglich ist und helfen in rechtlichen wie auch in psychosozialen Fragen.